Hardtberg Impressionen aus dem Regierungsviertel

HARDTHÖHE · Sie sind, wenn schon nicht die Größten, so auf jeden Fall die Höchsten: Die Verteidiger der Bundesrepublik Deutschland, die auf der Hardthöhe ihren Stammplatz gefunden haben. Als sie dort vor mehr als 50 Jahren einzogen, fanden sie nur eine kleine Kaserne vor.

 Bundesverteidigungsministerium: Der Haupteingang auf der Hardthöhe.

Bundesverteidigungsministerium: Der Haupteingang auf der Hardthöhe.

Foto: Roland Kohls

Heute residieren sie in einem eigenen Stadtteil, mit eigenen Straßennamen, unzähligen Gebäuden, Kantinen, mit Gärtnern und Pförtnern, Köchen und Küchenhilfen. Die Hardthöhe ist längst Synonym für das Verteidigungsministerium - und es ist und bleibt das höchst gelegene Bundesministerium Deutschlands. Sogar mit erstem Dienstsitz, auch wenn sich der Minister nur selten sehen lässt. Sprache ist da verräterisch: Kann man dem eignen Haus einen Antrittsbesuch machen? Man kann...

Die Hardthöhe, deren höchste Höhe, der Hardtberg, mit 155,7 Metern längst nicht so bekannt ist wie etwa der Venusberg und der knapp außerhalb des Zaunes der Verteidiger liegt: ein Konglomerat aus Reihen- und Hochhäusern, aus uralten Kantinen und hochmoderner Kasinoarchitektur. Auch einen Schießstand nennt man sein Eigen, aber es knallt dort nur noch, wenn die Poststelle verdächtige Pakete zur Explosion bringt.

Die mehr als 50-jährige Geschichte der Hardthöhe ist eine Geschichte der permanenten Veränderung. Gut 5000 Beschäftigte gehen hier ein und aus, längst nicht mehr nur im Ministerium, sondern in vielen nachgeordneten Behörden, zum Beispiel im neuesten Ungetüm, dem BAIUDBW, dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr. Trotz aller Befürchtungen: Die Hardthöhe ist voller denn je.

Es ist ein Kommen und Gehen - doch das Beständigste ist der Bestand. Denn ohne die Hardthöhe wäre Bonns kleinster Stadtteil Hardtberg nicht das, was er ist, genau genommen gäbe es ihn wahrscheinlich nicht. Heute muss man den Hardtberg eigentlich Regierungsviertel nennen. Findet jedenfalls der langjährige Bezirksvorsteher, "Mister Hardtberg" Gerhard Lorth. Im ehemaligen Neubaugebiet Medinghoven wohnten zu 90 Prozent Mitarbeiter aus dem Verteidigungsministerium, die Hotels von Duisdorf lebten von den Lobbyisten und den Kurzbesuchern aus Berlin und, sagt Lorth: "Duisdorfs Landwirte sind heute alle Millionäre. Durch die vierte Fruchtfolge gewissermaßen." Und getreu dem Motto "Ein Gleisanschluss gehört dazu" hat der Fortbestand der Bahnlinie in die Voreifel auch viel mit der Hardthöhe zu tun.

Der Hardtberg beherbergt weit mehr als das Verteidigungsministerium, das für viele unsichtbar bleibt. Ganz anders als die Ministerien an der Rochusstraße, die nicht zu übersehen sind. Fährt man auf Duisdorf von Bonn kommend zu, ragt rechts das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ins Meßdorfer Feld, längst nicht so sperrig wie sein Name und ziemlich modern. Gegenüber eine Mischung aus Alt und Neu, ganz Neu.

Die Ministerien für Gesundheit, Ernährung und Arbeit. Weit über 2000 Arbeitsplätze. Ein Bürohochhaus direkt an der Straße ist gerade frisch kernsaniert worden. Der Ministerbau des Gesundheitsministeriums ist ohnehin ein Neubau - hier fand im vergangenen Jahr sogar eine Amtsübergabe statt (von Philipp Rösler zu Daniel Bahr). Ein Areal von großer Größe und geringer Schönheit. Aber gepflegt und zweckmäßig. Von dem der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm heute noch schwärmt: "Das hat nichts Pompöses, nicht wie in Berlin." Und: "Das ist die selbstbewusste Bescheidenheit von Bonn."

Bonn, deine Kasernen, Hardtberg deine Kasernen. Hätte es sie nicht gegeben, es hätte die Bundeshauptstadt so nicht geben können. Die Ministerien an der Rochusstraße haben ihre Büros zumeist in solch alten Kasernengebäuden gefunden, benannt nach dem preußischen Oberstleutnant Hans von Troilo.

Am bekanntesten ist aber wohl - Ministeriumsstandort Nummer vier am Hardtberg - die Gallwitz-Kaserne an der heutigen Villemombler Straße. Hans von Gallwitz war General der Artillerie. Brav aufgereiht stehen sie da, und drinnen sitzen die Arbeitsbienen des Wirtschaftsministeriums. Das Ganze im gepflegtem Rahmen, man leistet sich noch einen eigenen Gärtner. Der aber darf nur bis zum Zaun wirken.

Dahinter eine Offenbarung: ein Stück DDR auf westdeutschem Boden. Ruinen schaffen ohne Waffen lautet hier das Motto. Birken wachsen aus Fensterrahmen, Häuser verfallen, eine einst neue Turnhalle vergammelt, und in einem der Räume ziert noch der Weihnachtsschmuck von 2002 die Fenster. Das ehemalige Gelände des Bundesgrenzschutzes direkt hinter dem Wirtschaftsministerium - ein Bonner Filetstück, das Politik und Verwaltung verfallen lassen. Selbst die Feuerwehr kommt nicht mehr zum Üben hin. Die reiche Bundesrepublik hat?s ja....

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