1. FC Hardtberg Großer Name, verblasster Ruhm

DUISDORF/MEDINGHOVEN · "Was ist bloß aus dem 1. FC Hardtberg geworden?" Diesen Satz hört Bernd Schmidt (50), der Vorsitzende des Traditionsvereins, ziemlich oft. Und nicht nur, weil die "Erste" bloß in der Kreisliga B kickt und die sportlichen Erfolge inzwischen spärlich sind.

 Drainage kaputt: Schon bei leichtem Regen sieht der Platz so aus. Bei Starkregen steht nach kurzer Zeit das ganze Spielfeld unter Wasser. Bei Trockenheit dagegen wehen ständig Staubwolken umher.

Drainage kaputt: Schon bei leichtem Regen sieht der Platz so aus. Bei Starkregen steht nach kurzer Zeit das ganze Spielfeld unter Wasser. Bei Trockenheit dagegen wehen ständig Staubwolken umher.

Foto: GA

Dass Beobachter den Niedergang beklagen, liegt nicht unbedingt am reinen Fußball-Können. Der Verein hat sich vom Sport- zum Sozialverein entwickelt (siehe unten). Und der Sportplatz ist eine Katastrophe. Bei einem Ortstermin hat der GA sich hier näher umgeschaut.

  • Staub: Das Spielfeld ist uneben, knochenhart und bei Trockenheit so extrem, dass bei jedem Schritt Aschewolken empor steigen. Eine Beregnungsanlage gibt es nicht.
  • Unkraut: An den Außenbereichen lugen kleine Pflänzchen hervor. Im Sommer wuchern Gras und Löwenzahn so stark, dass der Platz mitunter grünlich schimmert.
  • Pfützen: Schon bei leichtem Niederschlag bleibt Wasser stehen, weil die Drainage kaputt ist. Das geht bei starkem Niederschlag so weit, dass der Aschebelag die Straße hinabgeschwemmt wird.
  • Diebstahl: Früher war der Platz immer unter Kontrolle, aber seit gut zwei Jahren steht die Hausmeisterwohnung leer. Seitdem wurde zweimal eingebrochen.
  • Vandalismus: Kurz nach Auszug des Hausmeisters zündeten Unbekannte die vereinseigene Grillhütte an, mit deren Vermietung ein bisschen Geld erlöst wurde. Für die Instandsetzung ist kein Etat vorhanden. Schmidt: "Seitdem liegt die Anlage brach."
  • Flutlicht: Es ist hell genug, fällt aber immer wieder mal aus. Warum? Laut Verein stecken in den Masten noch uralte Sicherungen.
  • Duschen: Hier läuft das Wasser nicht richtig ab. Die Kanalisation funktioniert nicht, weil sich die Wurzeln der Pappeln hinter dem Haus in die Rohre gebohrt haben.
  • Warmwasser: Das gibt es nicht immer. Kürzlich mussten die Kicker nach dem Spiel kalt duschen, weil der Öltank plötzlich leer war. Schmidt: "Das ist im letzten Winter schon mal vier Wochen lang so gewesen." Der Tank ist inzwischen wieder nachgefüllt.
  • Jugendheim: Die Hausmeisterwohnung würde der Verein gerne übernehmen und als Jugendheim und Clubhaus herrichten. Doch die Stadt will dafür 480 Euro Miete pro Monat. "Das Geld haben wir nicht", so Schmidt. "Mietfrei würde ich das gerne übernehmen."
  • Kunstrasen: Das wäre ein Traum, an den man nicht glauben mag. Als großer Verein von damals wäre da etwas drin gewesen. "Aber als kleiner Club mit nur noch 200 Sportlern hat man keine Lobby", sagt er.

Ein Verein im Wandel, das ist der 1. FC Hardtberg inzwischen. In den 80er Jahren hatte er eine der besten Jugendabteilungen im Fußballkreis Bonn, lebte auch ein wenig vom Ruhm des späteren Fußball-Weltmeisters Bodo Illgner, der hier seine ersten Bälle hielt. Aus und vorbei. Auch die 13.000 Euro Ausbildungsentschädigung, die der 1. FC Köln 1983 für ihn bezahlte, sind längst weg.

Inzwischen ist die Entwicklung hin zu einem Sozialverein längst vollzogen. Das liegt vor allem am Umbruch in der Bevölkerung. Früher kickten die Jungs aus gut situierten Beamtenfamilien hier am Wesselheideweg, und sie wohnten nur ein Stück weiter in Medinghoven. Söhne von Soldaten, Ministerialen und alten Duisdorfern wie dem Ex-Clubchef Adolf F. Becker. Doch dann - nach dem Berlin-Beschluss und dem Verlust der Hauptstadtfunktion - zogen die Beamten peu à peu aus Medinghoven weg.

Es kamen Familien aus aller Herren Länder, die oft genug auf Sozialgeld angewiesen sind. Die Eltern engagieren sich oft nicht mehr. Für Spenden zur Unterstützung des Vereins haben viele Familien keinen Etat.

"Der Anteil der Deutschen liegt hier bei zwei bis drei Spielern pro Mannschaft", erzählt Schmidt, der seit 31 Jahren im Vorstand ist. Warum er sich den gefühlten Niedergang antut, nachdem er die guten Zeiten mitgemacht hat, weiß er genau: "Ich bin zu lange hier, man hängt dann an dem Verein."

Klar, er macht den Job auch für die Kinder, die hier kicken wollen. "Die können ja nichts dafür, dass ihre Eltern sie häufig nicht unterstützen", sagt er. Wie er mit den Jungs klar kommt? "Gut. Sie brauchen eine klare Ansage und eine Hand, die sie führt, dann geht das."

Allerdings gehört auch die soziale Betreuung außerhalb des Platzes dazu. Vereinsvertreter sitzen bei Runden Tischen und pflegen Kontakte zum Jugendamt und zur Polizei. Unter diesen Umständen wollen nicht alle Trainer arbeiten. Schmidt: "Man findet kaum noch Ehrenamtliche, die eine Jugend übernehmen wollen."

Das ist der 1. FC Hardtberg:
Der 1920 gegründete Verein gehörte in den 80er und 90er Jahren zu den großen Bonner Fußballclubs, dessen Jugendabteilung einen ausgezeichneten Ruf genoss. Damals kickten hier mehr als 500 Spieler, heute sind es noch rund 200. Aushängeschild des Clubs sind die Kicker, die es ganz nach oben geschafft haben - allen voran Bodo Illgner und Hannes Bongartz, aber auch Stephan Glaser gehört dazu. Der Club stellt inzwischen nur noch eine Handvoll Jugendteams sowie drei Herrenmannschaften für den Spielbetrieb. Zuletzt wurden die A-Jugend und die Damenmannschaft zurückgezogen. Die Erste Mannschaft spielt in der Kreisliga B.

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