Integrationsprojekt über drei Monate Flüchtlinge staunen über die Natur im Kottenforst

Dransdorf · Die Teilnehmer eines Aufforstungsprojekts haben ihre Arbeit vorgestellt. Dabei staunten sie über die Vielfalt im Kottenforst, was sie von zu Hause nicht kennen. Eine geplante Pflanzaktion musste allerdings wegen Sturms verschoben werden.

 Vom Walde verwöhnt: Der Kottenforst ist dicht bewachsen. Die Flüchtlinge werden dort in den nächsten Tagen noch 300 Eichen pflanzen.

Vom Walde verwöhnt: Der Kottenforst ist dicht bewachsen. Die Flüchtlinge werden dort in den nächsten Tagen noch 300 Eichen pflanzen.

Foto: Volker Lannert

Wie waldverwöhnt Deutschland doch ist, das zeigt ein Blick auf eins der Plakate, die am Samstag in einem der Räume beim Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe vorgestellt wurden. „Wir haben keinen Wald!“, steht darauf, dazu die unter Ortsmarke „Syrien“. Erstellt wurden diese Plakate von Flüchtlingen, die an einem ganz besonderen Projekt des Vereins teilnehmen. Es ist interessant, ihre Sicht quasi von außen auf das Thema deutscher Wald kennenzulernen.

Eigentlich wollten die rund 30 Teilnehmer am Samstag im Kottenforst nahe der Waldau 300 kleine Eichen pflanzen, aber aufgrund der Sturmsituation hatte das Forstamt dieses Unterfangen kurzfristig unterbunden. Dieser Höhepunkt des Projektes, das den Titel „Flüchtlinge forsten auf“ trägt, wird nachgeholt, immerhin sind die Bäumchen schon gekauft. Die Aktion soll nicht nur der Aufforstung dienen, sondern die Flüchtlinge auch an das deutsche Konzept des ehrenamtlichen Engagements heranführen und symbolisch dafür stehen, in ihrer neuen Heimat Wurzeln zu schlagen.

Stattdessen präsentierten die Beteiligten am Samstag in der Vereinszentrale an der Fraunhoferstraße, was sie innerhalb des Projektes schon zum Thema Wald erfahren und aufgeschrieben haben. Er sei Lebensraum für Tiere, sagte eine Teilnehmerin, stehe für ein besseres Leben, für mehr frische Luft und für eine bessere Zukunft für die Kinder. Darüber hinaus könne man das Holz nutzen, um daraus viele Dinge zu bauen, „aber immer mit Respekt vor der Natur“.

Projekt von Bonner Spendenparlament gefördert

Über drei Monate erstreckt sich das vom Bonner Spendenparlament geförderte Projekt, bei dem Flüchtlinge aus anderen Projekten und Kursen mitmachen, die der Verein anbietet. Man wolle nicht nur sprachliche und berufsfachliche Kenntnisse vermitteln, „sondern auch die gesellschaftliche Integration unterstützen“, sagte Birgit Schierbaum, Leiterin des Bereichs Integration und Sprache. Neben der Pflanzaktion gehören auch vier je vierstündige Unterrichtseinheiten sowie ein Ausflug zum Haus der Natur dazu.

 Die Teilnehmer stellen ihr Projekt „Flüchtlinge forsten auf“ vor. Es steht symbolisch dafür, dass sie in ihrer neuen Heimat Wurzeln schlagen.

Die Teilnehmer stellen ihr Projekt „Flüchtlinge forsten auf“ vor. Es steht symbolisch dafür, dass sie in ihrer neuen Heimat Wurzeln schlagen.

Foto: Stefan Knopp

Diese Exkursion hat schon stattgefunden, und die Führung durch die Ausstellung sowie der Spaziergang durch den angrenzenden Wald und zu den Tiergehegen waren für einige der Flüchtlinge der erste wirkliche Kontakt mit Wald, zum Beispiel für zwei junge Frauen aus Eritrea.

Ein Iraker erzählte, in seiner Heimat an der Grenze zu Syrien könne man nur die Oliven- und Feigenbaumplantagen sowie Weintrauben als Wälder bezeichnen. Bäume, erzählte ein anderer Afrikaner, seien in seiner Heimat rein funktional. Der Baobab-Baum etwa werde vielseitig verwendet, man esse die Früchte, nutze ihn als Wasserspeicher und entnehme ihm Wirkstoffe für Medikamente. Andere Erfahrungen hat eine Frau aus Nigeria gemacht: In ihrem Land gebe es viele Pflanzen, deren Früchte in Deutschland begehrt seien, etwa Avocados, Ananas und Mangos oder Cashew-Nüsse. Oder die Kartoffel, die dort überall wachse und nicht geerntet werde. „Niemand bei uns isst das.“ Erst in Deutschland habe sie erfahren, dass man damit Geld verdienen könne.

Deutsche im Einklang mit der Natur?

So lernen die Flüchtlinge, was für Deutsche oftmals selbstverständlich ist. Interessant und etwas verwunderlich war die Ansicht einer anderen Frau: Die Deutschen, meinte sie, lebten viel mehr in Einklang mit der Natur als die Menschen in ihrem Land. Der Wald bietet viele Vorteile. Das lernen sie in dem Projekt, das der Verein zum ersten Mal durchführt.

Und mit dem Pflanzen neuer Bäume schaffe man etwas für kommende Generationen, sagte der Afrikaner. Denn Eichen brauchen Jahrzehnte, um Schatten zu spenden und Früchte zu tragen. Ihm gefalle die Vorstellung, später durch den Wald zu gehen und zu sagen: „Diesen Baum habe ich gepflanzt.“

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