Ein Stück Heimat am Rhein Ein Italiener baut in Bonn eine neapolitanische Krippe

Venusberg · Der Neapolitaner Biagio D‘Addio hat eine typische Krippe seiner Heimat im Gemeindehaus der Auferstehungskirche gebaut. Jetzt weilt er wieder in seiner italienischen Heimat und die Bonner können sich von seiner Arbeit überzeugen.

 Letzter Handgriff: Biagio D’Addio kontrolliert noch einmal seine neapolitanische Krippe.

Letzter Handgriff: Biagio D’Addio kontrolliert noch einmal seine neapolitanische Krippe.

Foto: Stefan Hermes

Es hat sechs Jahre gebraucht, bis Biagio D‘Addio es geschafft hatte, sich mit dem Bau einer neapolitanischen Krippe ein Stück Italien in seine neue Bonner Heimat zu holen. Jetzt strahlen seine Augen vor Glück, als er im Gemeindehaus der evangelischen Auferstehungsgemeinde am Haager Weg dem neuen Pfarrer Steffen Tiemann seine Krippe vorführt, die er schon als Kind zu bauen begonnen hatte.

Mannshoch türmt sich nun im Eingangsbereich des Gemeindehauses Szenerie auf Szenerie. An eine Steilwand geheftet, reihen sich Hütten an Häuser und Figuren unterschiedlichster Art sind über die gesamte Anlage verteilt. Im Mittelpunkt steht der Stall zu Bethlehem, in dem das Christuskind noch von Stroh verdeckt ist, das erst an Heiligabend entfernt wird. Dann wird der Krippenbauer schon zu Hause in Neapel vor der Familienkrippe sitzen, die noch prächtiger als seine Bonner Version ist.

Ein Katholik als Hausmeister der evangelischen Gemeinde

Seit wenigen Tagen ist der Neapolitaner, der sich darüber freut, als Katholik eine Hausmeisterstelle in der evangelischen Gemeinde gefunden zu haben, wieder in Neapel, um dort mit seiner Familie das Weihnachtsfest zu feiern, wo kunstvoll ausgeschmückte Weihnachtskrippen eine lange Tradition haben. Eine ganze Altstadtstraße besteht nur aus Krippengeschäften, die das ganze Jahr über besucht werden können.

In der Via San Gregorio Armeno gibt es detailgetreue Nachbildungen von Gemüseständen, exotischen Tieren und Krippenfiguren in jeder Größe. Kleine Pumpen sorgen in der Kunstlandschaft dafür, dass Wasser die Klippen herabfällt und Brunnen plätschern. Die Krippen Neapels zeigen vornehmlich das Alltagsleben seiner Bewohner im 18. Jahrhundert, die religiösen Szenen treten dabei eher in den Hintergrund.

So auch bei D‘Addio: Eine Wäscherin scheint einen Plausch zu halten, während ein Pizzaiolo eine Pizza aus einem flackernden Holzofen holt. „In Neapel geht nichts ohne eine Pizza“, erklärt D‘Addio seine neue Lieblingsfigur. Und es scheint auch nichts ohne die Schinken, die in einer Trattoria von der Decke hängen oder den Wein zu gehen, der dort in Fässern lagert. Ein sizilianischer Adonis bietet reife Orangen an und überall werden in Schüsseln und Körben Früchte, Teigwaren, Wein oder auch Hühner und Gänse transportiert. Die Festtagsvorbereitungen scheinen in vollem Gange zu sein. „Die Kinder stehen staunend davor und wollen alle in den kleinen Häuschen ganz oben in der Krippenlandschaft wohnen“, erzählt Lena Steib von der benachbarten Kindertagesstätte.

Als Erwachsener kam die Sammelleidenschaft

D‘Addio freut sich über die Begeisterung der Kinder, die ihn an seine eigene Kindheit erinnert. Inzwischen hat er seine Figuren in der Via San Gregorio Armeno selber gekauft. Als Erwachsenen hat ihn die Sammelleidenschaft gepackt. In jedem Jahr kommen neue hinzu. „Es ist kein Problem“, sagt D‘Addio, „dass man sich dort mit einem 3-D-Drucker ein Abbild von sich selbst anfertigen lassen kann.“ So bleiben die neapolitanischen Krippen immer auf dem neuesten Stand des gesellschaftlichen Lebens. Neben den klassischen Figuren des Heilsgeschehens kommen jährlich neue hinzu.

Ganze Armadas von Angela Merkels oder Silvio Berlusconis sind in der Krippenstraße Neapels in allen Größen und Ausformungen im Angebot. Sie sind dort mit Politikern aller Coleur, Fußballspielern oder bekannten Stars und Sternchen genauso zu haben, wie die klassischen Figuren, die von einer längst vergangenen und verklärten „guten alten Zeit“ erzählen. Während die heutigen Figuren größtenteils aus Plastik bestehen, sind die historischen Figuren der neapolitanischen Krippen noch mit Köpfen aus Ton und die Hände und Füße aus Holz geschnitzt.

Die Körper, Arme und Beine bestanden aus umwickeltem Drahtgeflecht, durch das die Figuren in immer neue Stellungen gebracht werden konnten. Was früher noch in Handarbeit hergestellt wurde und sich erst in vielen Jahren vervollständigte, kann heute – je nach Geldbeutel – in kurzer Zeit erstanden werden. Der Sammlerfreude tut dies keinen Abbruch. Im Gegenteil: D‘Addio weiß schon ganz genau, was er auch in diesem Jahr noch in der Via San Gregorio Armeno kaufen möchte.

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