Taktverkehr statt Stilllegung Der Aufschwung einer Bahnlinie

DUISDORF · Der Aufschwung kam mit der Schiene, aus einem armen Bauerndorf vor den Toren von Bonn wurde das Zentrum des späteren Stadtbezirks Hardtberg: Die heutige Bedeutung von Duisdorf hängt eng mit der Erschließung durch die Bahnlinie zusammen, die inzwischen zur S 23 umbenannte Regionalbahn. Oder im Volksmund: der Voreifel-Express.

 Das alte Bahnhofsgebäude in Duisdorf. Erbaut wurde es 1880, abgerissen 1978. Damals glaubte niemand an die Zukunft der Bahnlinie. Doch die Fahrgäste stimmten mit den Füßen ab.

Das alte Bahnhofsgebäude in Duisdorf. Erbaut wurde es 1880, abgerissen 1978. Damals glaubte niemand an die Zukunft der Bahnlinie. Doch die Fahrgäste stimmten mit den Füßen ab.

Foto: GA

Das Bahnhofsgebäude in Duisdorf werden die älteren Bürger noch kennen: Erbaut wurde es 1880, abgerissen 1978. Zu diesem Zeitpunkt wurde aber nicht viel Ehrgeiz in die Strecke investiert.

Denn in den 70er Jahren wurde von der damaligen Deutschen Bundesbahn ernsthaft überlegt, den Personenverkehr auf dieser Strecke nach Euskirchen einzustellen und sie stillzulegen. Für die Fahrgäste, die heutzutage in Hauptverkehrszeiten in den vollen Zügen dicht an dicht stehen, einfach unvorstellbar, findet Grünen-Ratsherr Rolf Beu.

Er sagt deshalb: "Die Geschichte der Strecke Bonn - Euskirchen - Bad Münstereifel, der Voreifelbahn, ist eine verkehrspolitische Erfolgsgeschichte." Vor ihm kämpfte auch der frühere Bezirksvorsteher Gerhard Lorth lange für die Bahn, weil er deren Bedeutung für die Zukunft erkannt hatte.

Taktverkehr statt Stilllegung

Jedenfalls entschied sich die Bahn, statt der Stilllegung das Angebot ab 1979 versuchsweise auszuweiten. Als wichtigster Schritt wurde ein Taktverkehr eingeführt. Nun mussten die Fahrgäste keine komplizierten Fahrpläne mehr beachten. Sie wussten, bis auf den Bahnhof Kottenforst halten alle Züge an allen Haltepunkten und fahren jede Stunde zur gleichen Zeit. Tagsüber wurde werktags ab 1979 zwischen Bonn und Euskirchen ein 30-Minuten-, abends und am Wochenende ein 60-Minuten-Takt eingeführt.

Die Fahrgastzahlen stiegen für die DB unerwartet deutlich an. Die Stadt Bonn nutzte 1994 die durch die Bahnreform entstandene Möglichkeit, Verkehrsleistungen zu bestellen und tat dies auf eigene Kosten mit einer weiteren Leistungsausweitung. Ab 1994 wurde auf dem meist nachgefragten Streckenabschnitt zwischen Bonn-Hauptbahnhof und Witterschlick ein 15-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit eingeführt. 1995 wurde dieses Angebot von Witterschlick bis Rheinbach ausgedehnt. 1996 wurde der Haltepunkt Meckenheim-Industriepark in Betrieb genommen. Über ihn wurde neben dem großen Meckenheimer Industrie- und Gewerbegebiet auch der Stadtteil Merl an die Bahn angeschlossen.

Auf Grund einer Ausschreibung des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) für die Jahre 1998 bis 2013 wurden ab 1998 die mit Diesellokomotiven bespannten Wagenzüge durch modernere Diesel-Triebzüge VT 644, Typ "Talent", des kanadischen Herstellers Bombardier, ersetzt. An etlichen Stationen wurden fahrgastfreundliche Hochbahnsteige errichtet. Nachdem das historische Bahnhofsgebäude abgerissen wurde, baute man den nur noch eingleisigen Bahnhof Duisdorf 2003/2004 zu einem Haltepunkt mit zwei Bahnsteigen um. Im September 2011 erfolgte die Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks in Euskirchen.

Erweiterung des Angebots

Da die Fahrgastzahlen weiter stiegen, wurden zusätzliche Ausbaumaßnahmen geplant und beschlossen. Der Bau neuer Haltepunkte in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis erforderte weitere Optimierungen, wie die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit zwischen Duisdorf und Witterschlick.

In einem weiteren VRS-Ausschreibungsverfahren erhielt die DB die Betriebsführung für weitere 20 Jahre bis 2033. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2013 wurden die beiden neuen Stationen "Helmholtzstraße" und "Rheinbach-Römerkanal" in Betrieb genommen. Erster dient insbesondere der Erschließung der Arbeitsplätze und der Schulen im Duisdorfer Osten und des neuen Wohngebietes zwischen Duisdorf und Lessenich.

Gleichzeitig wurde das Fahrplan-Angebot um weitere Spätfahrten bis nach Mitternacht erweitert, so dass auch Nutzer der Bonner Kultur- und Gastronomieangebote die Voreifelbahn für ihre Heimfahrt nutzen können. Ebenfalls gibt es seit Ende 2013 an Sonn- und Feiertagen neue Frühfahrten; ein Angebot für Tagestouristen in die Eifel.

Wie sehen die nächsten Schritte aus. Beu prognostiziert, dass vermutlich bis Sommer 2014 die "Talente" vollständig durch die neuen Diesel-Triebzüge vom Typ Coradia LINT des französischen Herstellers Alstom ersetzt. Obwohl die ersten davon bereits 1999 gebaut wurden, hatten sie durch das Eisenbahnbundesamt die Zulassung für die Voreifelbahn erst im Herbst 2013 erhalten, so dass die ursprünglich vertraglich vereinbarte Betriebsaufnahme im Dezember 2013 nicht möglich war.

Was fehlt noch, nachdem der Schienenausbau im Bereich Bonn-Güterbahnhof und die Zweigleisigkeit von Bonn bis Witterschlick den bis Ende 2014 fertiggestellt sind? Die Bahnsteige an den Stationen "Bonn-Duisdorf" und "Bonn Helmholtzstraße" erhalten eine Überdachung wie in Witterschlick, berichtet Beu. Auf den nagelneuen Bahnsteigen von "Endenich-Nord" sollen zusätzliche Wetterschutz-Unterstände errichtet werden, die Finanzierung steht aber noch in den Sternen.

Wendeanlage geplant

Die weitere Zukunft soll dann so aussehen, dass vermutlich ab Dezember 2015 in einem ersten Schritt an Sonn- und Feiertagen die beiden Linien RB 23 (Bad Münstereifel - Euskirchen - Bonn) und RB 30 (Bonn - Remagen - Ahrbrück) miteinander verbunden werden. Außerdem müsse eine Wendeanlage in Duisdorf gebaut werden, um eine Verlängerung der zurzeit in Bonn Hauptbahnhof endenden und im Bereich Bonn-Güterbahnhof wartenden Züge der Regionalbahn-Linie 30 über "Endenich Nord" bis Duisdorf zu ermöglichen.

Das Ziel bleibt, so Beu, an allen Tagen der Woche die umsteigefreie Verbindung der beiden Bahnstrecken 23 und 30 zu erreichen. "Damit könnte erstmals in der Geschichte auch eine innerstädtische Verknüpfung aller dann sieben linksrheinischen Bahnhöfe und eine konkurrenzlos schnelle und damit bedeutende ÖPNV-Verbindung in Bonn geschaffen werden." Und ganz am Ende des Zielkorridors stehe die Elektrifizierung der Strecke zwischen Bonn und Euskirchen. Dann müssten auch keine Dieselloks mehr durch die Wohngebiete fahren.

Teilausfall der S 23

Für viel Unmut sorgte am Donnerstag der Teilausfall der Regionalbahn S 23 nach Bad Münstereifel. Rund 150 Passagiere warteten am Nachmittag am Bonner Hauptbahnhof vergeblich auf ihren Zug. Laut DB-Pressesprecherin Annika Neumann lag bei der Bahn eine technische Störung vor. Der Zug war in Höhe Euskirchen liegen geblieben. Die Störung habe der Fahrer aber selbst lösen können. Danach sei der Zug von Euskirchen zurück nach Bad Münstereifel gefahren. "Es kommt durchaus öfter vor, dass kleinere Störungen vorliegen. Das ist nicht besorgniserregend", sagte Neumann dem GA.

Unterdessen sieht Werner Esser, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, bei der Bahn dringenden Handlungsbedarf. Zugausfälle, Verspätungen, mangelnde Information seien für die Fahrgäste nicht mehr zumutbar. Esser fordert neben den vertraglichen Regelungen Vorschläge, wie sich die Situation kurzfristig und nachhaltig verbessert.

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