Entspannung am Kannheideweg Bürgerprotest gegen Erich-Kästner-Haus hat sich aufgelöst

MEDINGHOVEN · Drei Jahre ist es her, dass am Kannheideweg die Wogen hoch schlugen und sich eine Bürgerinitiative gegen das "Kinderhaus" gründete, das dort in einen 400 Quadratmeter großen Bungalow einziehen wollte. Die Ablehnung ging seinerzeit so weit, dass das Haus mit Exkrementen beschmiert wurde. Seit zweieinhalb Jahren wohnen die Kinder und das Betreuerteam nun in dem Haus. Und längst hat sich die Situation beruhigt.

"Es ist ein entspanntes, normales Verhältnis", sagt Teamleiter Gunnar Böhringer. "Wir fühlen uns hier fair behandelt." Man plausche mit den Nachbarn, die festgestellt haben, dass rund um die Betreuung der Kinder nichts daneben geht. "Die Anwohner", so Böhringer, "haben wohl gemerkt, dass ihre Befürchtungen nicht eingetreten sind."

Und deshalb hätten sie die Betreuer und Kinder auch nicht spüren lassen, dass es "diese heftige Sache" gegeben hat. Allerdings würde man hier auch die nachbarlichen Pflichten wie Grünpflege, Schnee schippen und Streuen erfüllen, was wohlwollend zur Kenntnis genommen werde. Überhaupt läuft das Leben der Kinder hier so familiennah wie möglich ab.

"Die Sache" hatte damals hohe Wellen geschlagen. Kinderfeindlichkeit war den Nachbarn unterstellt worden, weil sie bezweifelt hatten, dass der Nachwuchs aus sozial schwierigem Milieu in die Umgebung dieser "Luxusimmobilie" passen würde. 27 Anlieger schlossen sich einer Bürgerinitiative an und wollten sogar per Klage die Betriebserlaubnis für das "Kinderhaus" verhindern. Viele Stellen, darunter Politik und Kirche, hatten sich seinerzeit eingeschaltet, um zur Beruhigung und Akzeptanz beizutragen.

"Wir haben uns arrangiert, das ist kein Streitthema mehr", bestätigt Anwohner Eberhard Meller, einer der Beschwerdeführer von damals. Es gebe jetzt zwar mehr Verkehr, dementsprechend auch mehr Lärm und weniger Parkplätze. Aber nichts, was man nicht ertragen könne. Nachdem die Bürgerinitiative geklagt hatte und das Verwaltungsgericht ein Mediationsverfahren vorgeschlagen hatte, in dessen Verlauf Punkte zum friedlichen Zusammenleben vereinbart wurden, klappte das. Die Bürgerinitiative hat sich in der Folge aufgelöst. "Ein Teil unserer Befürchtungen hat sich nicht bewahrheitet", räumt Meller ein. Die Bürger hätten damals nichts gegen Kinder oder das Kinderheim gehabt, jedoch die Sorge, dass im reinen Wohngebiet hier Tür und Tor für andere Nutzungen geöffnet würden.

In dem Erich-Kästner-Haus, das von außen nicht als Betreuungseinrichtung oder Heim erkennbar ist und auch kein Klingelschild trägt, leben zehn Kinder aus schwierigen Verhältnissen und mit Entwicklungsdefiziten, alle im Alter von vier bis elf Jahren. Sie werden von fünf Mitarbeitern der Jugendhilfe Godesheim betreut, sind auch nachts unter Aufsicht.

In dieser stationären Einrichtung wird versucht, die Erziehungsmängel aus den häufig bildungsfernen Familien - beginnend bei Tischmanieren bis hin zu Lern- und Leistungsschwierigkeiten - zu verringern. Den Kindern wird dabei eine Struktur vermittelt, die ähnlich der in einer Familie ist, was zum Beispiel Aufstehen, Pünktlichkeit, Hausaufgaben, Mahlzeiten und Bettruhe angeht.

In dem verwinkelten Haus mit acht Schlafzimmern, wo sich die Kinder auch im großen Wohnzimmer, in der Computerecke, dem Toberaum, der Bücherecke und der Spielecke aufhalten können, fühlen sich alle Beteiligten sehr wohl. "Es ist hier eine tolle Lage", sagt Böhringer. "In 300 Meter Entfernung ist das Spielehaus, nicht viel weiter das Jugendcentrum Sankt Martin, dazu das Derletal und das Hardtbergbad. Und auch vom Haus her haben wir so einen Standard noch nicht gehabt."

Dass jedes Kind dort sein eigenes "Reich" in seinem Zimmer habe, würden viele aus ihren eigenen Familien nicht kennen. Für Regionalleiterin Susanne Heyd hat auch zur Entspannung mit der Nachbarschaft beigetragen, "dass nichts Gravierendes passiert ist". Ihr Fazit: "Bei der Vorgeschichte können wir mit dem Status Quo sehr zufrieden sein."

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