Rochusstraße In der Duisdorfer Einkaufsmeile ist wieder Leben

Duisdorf · An der Rochusstraße in Duisdorf haben alle Geschäfte wieder ihre Türen für Kunden geöffnet. Nun freuen sich die Geschäftsleute und Kunden auf den Sommer.

 Mahabir Singh hat auch seinem Esel-Maskottchen eine Atemschutzmaske verpasst. Der Wirt des gleichnamigen Gasthauses freut sich auf den Sommer.

Mahabir Singh hat auch seinem Esel-Maskottchen eine Atemschutzmaske verpasst. Der Wirt des gleichnamigen Gasthauses freut sich auf den Sommer.

Foto: Stefan Hermes

„Man sieht sich endlich wieder“, sagt Lotta Fehring, die soeben einige Töpfe mit Lavendel am Blumenstand auf dem Schickshof erstanden hat. „Ich habe den Eindruck, dass alle wieder auf den Beinen sind und das schöne Wetter zum Shoppen und Flanieren nutzen.“ Und was macht sie? Fehring lacht. Das würde sich nun seltsam anhören, sagt sie. Sie werde jetzt aus den Resten der alten Betttücher, aus denen sie bereits genügend Atemschutzmasken herstellen konnte, kleine Säckchen nähen und mit Lavendel füllen. In den Kleiderschrank gelegt, werden sie dort dann die Motten fernhalten.

Auf der Rochusstraße, so wirkt es, ist das Schlimmste der Corona-Pandemie schon überstanden. Alle Geschäfte auf der Duisdorfer Einkaufsmeile haben ihre Türen wieder weit für die Kunden geöffnet. Seitdem nun auch die Restaurants und Straßencafés wieder einladen, sieht alles aus wie vor dem Lockdown. Fast. Denn die meisten Menschen sind mit Mundschutz unterwegs und halten sich daran, die Läden nur mit Atemschutz zu betreten und den Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten.

„Genau das macht aber unser Geschäft immer noch kaputt“, ärgert sich Alexander Mitrović. „Wie soll man eine Außengastronomie betreiben, wenn immer nur zwei Personen an einem Tisch sitzen dürfen!“ Reservierungsanfragen von Familienfeiern und Gesellschaften platzen, wenn die Anrufer hören, wie man sie auf Abstand an verschiedenen Tischen verteilen muss.

Es sei „doch nicht normal“, dass seine Mitarbeiter Masken tragen müssten und die Gäste nicht, regt der Wirt sich darüber auf, dass man anscheinend davon ausginge, dass die Gefahr von den Servicekräften käme. Mit Kurzarbeit und staatlichem Soforthilfeprogramm konnte er seine 17 Mitarbeiter über die Krise retten. „Man bekommt so schwer gute Leute. Da wollte ich keinen verlieren“, sagt Mitrović. Während seine Gäste guter Laune vor dem Restaurant Alexander sitzen, dirigiert er sein Geschäft von der Theke aus. Glücklich sieht er dabei nicht aus.

Ganz im Gegenteil zu seinem Nachbarn Mahabir Singh. Der Inhaber des Eselchen hat am Tag der Schließung auf die Abholung der Speisen umgebaut. „Die Solidarität meiner Stammgäste war großartig“, erzählt er. Alle seien fast täglich gekommen und hätten ihren Mittagstisch abgeholt. Auch habe er durch die Soforthilfe seine Verbindlichkeiten bedienen können. Doch verdient habe er in den Wochen nichts.

Erst am vergangenen Wochenende sei das Geschäft wieder richtig losgegangen. „Wir waren bei dem schönen Wetter wieder bis auf den letzten Platz besetzt.“ Auch wenn inzwischen etwa die Hälfte der Tische fehlen, um den Abstandsregeln gerecht zu werden: Es würde wieder Freude machen, die Gäste zu bedienen. Nur, dass die Zeitungen anfangs mit „Alle Hotels geschlossen“ getitelt hätten, sei auch für ihn eine verlustreiche Fehlinformation gewesen.

„Man hätte deutlich machen müssen“, so Singh, „dass dienstliche Übernachtungen jederzeit möglich waren.“ Das hätte ihm viele Absagen erspart. So waren wochenlang nur zwei seiner 15 Zimmer – und das auch nur für drei Tage in der Woche – belegt. Zum Christi-Himmelfahrt-Wochenende liefen die Buchungen jedoch wieder sehr erfreulich an. „Ich sehe jetzt wieder einem schönen Sommer entgegen“, so der Esel-Wirt und Hotelier.

Diese positive Sichtweise scheinen die beiden Freundinnen Margrit und Käthe aus Lessenich bereits in die Tat umgesetzt zu haben. Sie sitzen vor Singhs Lokal in der Sonne und lassen sich ein Glas kühlen Rivaner schmecken. Dass die Menschen jedoch so tun, als sei nichts gewesen, irritiert sie. Die beiden Pensionärinnen konnten die restriktiven Schutzmaßnahmen durch eigene Gärten und lange Spaziergänge gut durchstehen. Nur, dass die Kinder und Enkel auf Distanz bleiben mussten, sei ihnen schwer gefallen, obwohl sie das Social Distancing auch für sinnvoll erachteten.

 Pause bei der Wohnungssuche in Duisdorf: Marie (5), Kirsten Müller und Alhassane Baldé. Bisher sind sie nicht erfolgreich gewesen.

Pause bei der Wohnungssuche in Duisdorf: Marie (5), Kirsten Müller und Alhassane Baldé. Bisher sind sie nicht erfolgreich gewesen.

Foto: Stefan Hermes

Nah beieinander sitzen auch Kirsten Müller, Alhassane Baldé und die fünfjährige Marie. Müller ist aus Gießen gekommen, um mit Baldé, dem Bonner Sportler des Jahres 2014, eine Wohnung in Duisdorf zu finden. Seit drei Monaten suchen sie. Es sei nicht einfach, sagt Baldé, obwohl die Wohnung für den seit der Geburt querschnittsgelähmten Rennrollstuhlsportler nicht einmal in allen Punkten barrierefrei sein müsse. Trotz der wieder einmal vergeblichen Wohnungsbesichtigung sitzen die drei glücklich in der Sonne und schlecken ein Eis.

Dass sie zu den Gewinnern der Corona-Krise gehören könnte, weist Engel-Apothekerin Uta Freieck weit von sich. Natürlich sei anfangs die Hölle los gewesen. „Alle wollten Masken und Desinfektionsmittel“, so Freieck, „aber viele Arzneimittel waren auch nicht mehr lieferbar und ohne Not sind die Leute auch nicht mehr zum Arzt gegangen.“ Von daher sei die bisherige Krise auch nicht spurlos an den Apotheken vorübergegangen.

Auch Schuhmachermeister Uwe Mühlinger klagt über Geschäftseinbußen. „Die Leute wussten ja gar nicht, dass wir die ganze Zeit geöffnet hatten.“ Als Handwerksbetrieb musste er sein Geschäft auf der Rochusstraße keinen Tag lang schließen. „Reparieren durfte ich, aber keine neuen Schuhe verkaufen“, was dagegen die Discounter gedurft hätten. Das sei doch paradox, so Mühlinger.

 Anja Diehl begrüßt die Kunden mit korrekten Abstandsregeln.

Anja Diehl begrüßt die Kunden mit korrekten Abstandsregeln.

Foto: Stefan Hermes

Der Innungs-Obermeister ist davon überzeugt, dass die Pandemie alle überfordert habe. Auch die Medien haben ihn enttäuscht. „Da dudelt mir das Radio den ganzen Tag vor, wie toll Homeoffice wäre und bringt Sätze wie, ‚Jetzt fahren wir nach Balkonien‘.“ Mühlinger schüttelt den Kopf. „Die behandeln uns alle wie Kleinkinder.“

Auf die Frage, wie er die Zukunft sehe, wird der Schuster philosophisch. „Es wird kein nach Corona geben. Wir werden nur von der Zeit vor Corona sprechen können.“ Trotzdem ist er überzeugt davon, dass es keinen Shutdown mehr geben wird. „Dann würden wir ja alles vor die Wand fahren“, so Mühlinger. Und das wolle doch keiner.

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