Projekt im Bonner Malteser-Krankenhaus Bilder, über die man spricht

MEDINGHOVEN · Weißt du noch, damals...? Historische Fotos aus dem „Wirtschaftswunder-Bonn“ sollen im Malteser-Krankenhaus Patienten mit Hirnleistungsstörungen miteinander ins Gespräch bringen.

 Der Chefarzt des Zentrums für Altersmedizin Albert Lukas zeigt das Bild von Konrad Adenauer aus den 1950er Jahren, das GA-Fotograf Heinz Engels schoss.

Der Chefarzt des Zentrums für Altersmedizin Albert Lukas zeigt das Bild von Konrad Adenauer aus den 1950er Jahren, das GA-Fotograf Heinz Engels schoss.

Foto: Roland Kohls

Queen Elizabeth II. winkt mit royaler Geste Tausenden Bonnern von der Treppe des Alten Rathauses zu. Ein Bild, das sich in das kollektive Gedächtnis der Bonner eingegraben hat. Es scheint, als wäre halb Bonn 1965 auf dem Marktplatz gewesen, als der damalige General-Anzeiger-Fotograf Heinz Engels die britische Königin auf der Freitreppe vor der Schar jubelnder Bürger fotografierte.

Die kleine, damals auf Fotopapier belichtete Schwarz-Weiß-Aufnahme im Format von 9 mal 13 Zentimetern, ist nun in brillanter Qualität auf eine Größe von etwa 60 mal 80 Zentimeter vergrößert und auf hochwertigem Kunstglas gedruckt auf der geriatrischen Station des Malteser-Krankenhauses zu sehen.

Das Bild gehört zu einem der vielen großformatigen Fotos aus der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, das die Senioren in der altersmedizinischen Fachabteilung des Krankenhauses anregen soll, über die eigenen Erinnerungen miteinander ins Gespräch zu kommen.

„Biografie im Vorbeigehen“ hat Chefarzt Albert Lukas seine Idee überschrieben, die er mit Unterstützung der Fotoarchive von Frank Darchinger und des General-Anzeigers umsetzen konnte. Darchingers Vater Josef Heinrich hat ebenso wie Heinz Engels Bilder geschaffen, die sowohl durch die journalistische Aussagekraft wie auch durch ihre künstlerische Qualität zu dem gehören, was Lukas dem kollektiven Gedächtnis zuschreibt, den Bildern, die generationsweise miteinander geteilt werden: „Bilder, über die wir gemeinsam sprechen können.“

Patientin erinnerte sich an Besuch der Queen

Erfreut, dass sein Konzept funktioniert, berichtet der Chefarzt von einer Patientin, die bereits kurz nach dem Aufhängen des Bilds von Königin Elisabeth II. im Flur stehen blieb und sich glücklich an den Moment erinnerte, den sie selbst vor 51 Jahren auf dem Bonner Marktplatz erlebt hatte. Über das Bild begann sie in schwärmerischer Erinnerung von ihrer Jugend zu erzählen.

„Genau das haben wir mit den Fotos beabsichtigt“, sagt Lukas. „Viele unserer Patienten haben eine Hirnleistungsstörung, für die in der psychosozialen Medizin Biografiearbeit eingesetzt wird, die bei längeren Heimaufenthalten auch relativ einfach mit privaten Fotobüchern umzusetzen ist. Das können wir hier nicht machen, weil wir alle zwei Wochen neue Patienten haben. Von daher stellte ich mir die Frage, ob es so etwas wie ein “kollektives Gedächtnis„ gibt“.

Da Bonn als Hauptstadt im „Wirtschaftswunder-Deutschland“ mit vielen großen Ereignissen verbunden ist, gibt es auch viele Fotografien, die den Zeitgenossen bekannt sind. Aufnahmen von John F. Kennedy, der 1963 in Bonn war, sind nun im Flur der Geriatrie genauso zu finden, wie Konrad Adenauer oder Bilder vom winterlichen Eislaufen vor dem Poppelsdorfer Schloss.

Fragt jetzt jemand nach dem Weg zu Dr. Lukas, bekommt man möglicherweise zur Antwort: „Am Adenauer rechts.“

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