60 Jahre BMVg auf der Hardthöhe Bauern begrüßten Soldaten unfreundlich

BONN · Auf der Hardthöhe ist die Bundeswehr zu Hause, dort hat das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) seinen Sitz. Der Baubeginn im Frühjahr 1956 startet unter der höchsten Sicherheitsstufe „Streng geheim“.

Dass die Arbeiten nicht unbemerkt bleiben würde, lag auf der Hand. Schließlich hatte die Bundesbaudirektion in ihrer Ausschreibung viel „bestellt“. So sollten 36.000 Kubikmeter Erde ausgehoben werden, und für die Neubauten waren 10.000 Kubikmeter Mauerwerk, 11.000 Kubikmeter Stahlbeton und 500 Kubikmeter Stampfbeton vorgesehen.

Nur ein Relikt der Vorkriegszeit wurde in die neue Kaserne integriert: ein weißes Wohnhaus. Während des Zweiten Weltkriegs war es das Zentrum des Gefangenenlagers Stalag IV G auf der Hardthöhe gewesen. „Dort waren die Küche und das Lager untergebracht“, erinnert sich später der Duisdorfer Heimatforscher Ewald Geilen, ein Zeitzeuge, der 2014 im Alter von 86 Jahren starb.

In dem Haus habe auch die Familie des Aufsehers gewohnt. Als das Lager später mit Brandbomben beschossen wurde, blieb nur das weiße Haus verschont. Später hatten dort der evangelische und der katholische Seelsorger des Ministeriums ihr Domizil. Dieses geistliche Forum ist das einzige Haus aus der Zeit vor dem Krieg, das im neuen BMVg überlebt hat.

Die Pläne der Militärs waren umstritten. Die Duisdorfer Bauern machten beispielsweise Front gegen die Wiederbenutzung des Exerzierplatzes auf dem Hardtberg. Sie hatten schon im Januar 1956 heftig gegen die „Wegnahme des Landes“ protestiert.

Bauern am Rande des Ruins

Die Flächen des Exerzierplatzes hatten sie schon 1938 unter dem Druck des Dritten Reiches abgeben müssen, was viele Bauern an den Rand des Ruins gebracht hätte, wie es damals hieß. Nach dem Krieg wurde das „Rheinische Heim“ Gesamtpächter und verpachtete die Flächen mit Vorkaufsrecht an die Bauern weiter.

Diese bangten nun erneut wegen des BMVg-Baus um ihre Existenz, zumal ihnen nicht einmal mehr das Nutzungsrecht bleiben sollte. Sogar von „ernsten Kampfmaßnahmen“ sprachen die erbosten Landwirte damals.

Sorgen machte den Duisdorfern auch das zu erwartende Wachstum durch das Ministerium. Der Ort habe kaum das erste plötzliche Wachsen und die damit verbundenen Kosten verdaut, war in der Presse zu lesen. Das Amt Duisdorf sei keineswegs erfreut über den Zuwachs auf dem Hardtberg, weil zu viele Fragen ungeklärt seien.

Doch die Bauarbeiten wurden durch diese Auseinandersetzungen nicht behindert. Zuerst wurde der Block für ein Bataillon fertiggestellt, das in Bonn stationiert werden sollte. Zufahrtsstraßen zu dem Komplex waren zunächst nur zwei geplant.

Anfang 1957 war der erste Bauabschnitt fertig

Die Kanalisierung wurde über den damals 13,80 Meter breiten Feldweg, den Fontainengraben, zum Hauptsammler in Endenich geführt. Bald schon füllte sich der Standort Hardtberg weiter mit Leben: Anfang Februar 1957 war der erste Bauabschnitt fertig.

In diese 15 Gebäude zogen binnen eines Monats vier Abteilungen des Verteidigungsministeriums mit rund 1000 Mann. Im zweiten Bauabschnitt entstanden dann drei Kompanie- und ein Zuggebäude. Debatten gab es um die provisorische Busverbindung: Denn die Busse hätten bis zur Fertigstellung des Fontainengrabens über den schmalen Hohlweg geführt werden müssen, was trotz streckenweisem Ausbau verkehrstechnisch nahezu unmöglich gewesen wäre.

Das Problem erübrigte sich schließlich im April 1958: Nach rund einem halben Jahr Bauzeit wurde der Fontainengraben eingeweiht. Die 1,2 Kilometer lange und 15,50 Meter breite Straße sollte den Duisdorfer Ortskern vom Verkehr zur Hardthöhe entlasten.

"Ministerium baut Wolkenkratzer"

Das war auch nötig, denn das Ministerium wollte noch höher hinaus: „Ministerium baut Wolkenkratzer auf der Hardthöhe“, war am 6. April 1958 im General-Anzeiger zu lesen. Geplant waren in der sogenannten „zweiten Endunterbringungsphase“ ein Hochhaus von zehn Geschossen sowie drei sechsgeschossige und drei zweigeschossige Bauten.

Sie wurden bis 1964 in der südöstlichen Ecke des Komplexes gebaut. „Ich habe mich während meiner Amtszeit dafür eingesetzt, dass das Ministerium nicht zu sehr wuchs“, erinnerte sich Heinz Knoche, von 1964 bis 1969 Duisdorfer Bürgermeister. Vor allem die Grenze zum Erholungsgebiet Derletal habe ihm am Herzen gelegen. „Den Verlauf des Zaunes zum Derletal habe ich damals mit Verteidigungsminister Kai Uwe von Hassel gestrickt“, so Knoche seinerzeit zum GA.

Doch hinter dieser festgelegten Grenze dehnte sich das Ministerium immer weiter aus. Nachdem 1969 das dritte Bauvorhaben ähnlich wie 1958 die umfassenden „Pentabonn-Pläne“ aufgegeben worden war, erarbeitete ein Team von 1969 bis 1972 die Planung für die „Süderweiterung“, die ab 1979 realisiert wurde. Die Arbeiten für den „Zentralbereich“ begannen 1983.

Innerhalb von rund vier Jahren schossen die acht kreuzförmigen Hauptgebäude aus dem Boden. Obwohl dieser Bauabschnitt aus finanziellen Gründen etwa um die Hälfte seines Bau- und Kostenumfangs reduziert worden war, maßen die höchsten Gebäude immer noch 22 Meter. Bis 1990 kamen noch Sonderbauten wie das Kasino, ein Konferenzraum und das Fernmeldezentrum hinzu.

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