Weihnachtsgeschichten-Open-Air Krippenspiel unter freiem Himmel in Duisdorf

Duisdorf · Ein Krippenspiel unter freiem Himmel: Die Darsteller und das Publikum der Weihnachtsgeschichte trotzten am Wochenende den Minusgraden auf dem Duisdorfer Schickshof.

 Die Himmlischen Heerscharen begleiten Maria und Josef: Eine Tanzgruppe des Helmholtz-Gymnasiums.

Die Himmlischen Heerscharen begleiten Maria und Josef: Eine Tanzgruppe des Helmholtz-Gymnasiums.

Foto: Stefan Knopp

So ein Krippenspiel hat man in Duisdorf wohl noch nicht gesehen: Auf mehreren Bühnen, mit einem Engel in luftiger Höhe, begleitet von Chören und Tanzgruppen, versetzt mit Gesellschaftskritik – und vor allem alles Open Air. Das sei ein interessantes Experiment gewesen, sagte die Pfarrerin der Johanniskirchengemeinde, Dagmar Gruß, hinterher. Ob das Spektakel im nächsten Jahr wiederholt wird? Vielleicht, wenn sich die Beteiligten dann nicht mehr daran erinnern, wie bitterkalt es am Samstagabend auf dem Schickshof war.

Dort war eine mobile Bühne der Liveliner GmbH aufgebaut, die auch die Licht- und Soundtechnik lieferte. Eine zweite Bühne war für Chöre und Tanzgruppen aufgebaut. Der Bereich vor diesen Bühnen war großzügig abgezäunt, dahinter sammelte sich nachmittags nach und nach das Publikum. Und ein Leiterwagen mit Hebebühne stand an der Seite, die kurz vor 17 Uhr Daniel Klein bestieg – mit Engelsflügeln auf dem Rücken. Er hatte bei Minusgraden und eisigem Wind den vielleicht härtesten Job der ganzen Inszenierung: Für zwei Auftritte als Engel der Verkündigung mit Megafon harrte er in mehr als zehn Metern Höhe gut eine Stunde lang aus, ohne sich großartig bewegen zu können.

Von mehr als 50 Personen organisiert

Ein Krippenspiel in irgendeiner Form veranstaltet die Johanniskirchengemeinde jedes Jahr. „Wir haben das Angebot bekommen, die Licht- und Tontechnik spendiert zu bekommen“, erklärte Gruß. Damit ging die Planung los. „Wir sind ja gerne kreativ.“ Es kam immer mehr dazu, eigens für diese Aufführung gründete sich ein Projektchor, Feuerwehr, Kindergärten und Schulen wurden einbezogen, außerdem die Lessenicher „Dragon Rock Cloggers“, die mit einem kurzen Auftritt ihre Stepptanz-Variante vorstellten.

Mittendrin führten Hannah Kunz und Giansalvo Pizzo als Maria und Josef die Zuschauer durch die Weihnachtsgeschichte: Sie trafen auf Wirtsleute, die angesichts der von Kaiser Augustus angeordneten Volkszählung einerseits das große Geschäft und andererseits Fremdenkriminalität witterten, sahen Schäfchen und Himmlische Heerscharen und bekamen Besuch von den drei Weisen aus dem Morgenland mit Kamel und Esel aus Stoff und Pappe.

Weit mehr als 50 Personen waren an diesem Krippenspiel mit dem Titel „Ein Stall für alle“ beteiligt. Das Publikum war angesichts dieses Aufwandes doch recht überschaubar. Zwischendurch gab es dumpfen Szenenapplaus. „Das klingt nicht so gut, weil viele Handschuhe anhaben“, stellte ein Junge in der vordersten Reihe fest. Er wunderte sich auch, dass bei einem Krippenspiel auf der Leinwand über der Bühne neben Liedtexten auch Bilder und Videos etwa von der Volkszählung 1939 in Nazi-Deutschland und von Demos im Hambacher Forst gezeigt wurden. “Das interessiert doch keinen Menschen.“

Nettes und aufwendiges Experiment

Es war aber eben nicht nur ein Krippenspiel für Kinder, sondern auch für Erwachsene, und da wollte man Gesellschaftskritik einfließen lassen. Parallelen zwischen Gegenwart und Weihnachtsgeschichte gibt es ja: Vorurteile, Fremdenhass, rücksichtslose Herrscher, Kapitalismus, am Ende Vertreibung und Flucht. Die Aufführung war auch ein Plädoyer für mehr Nächstenliebe und Willkommenskultur.

Es war ein nettes, aufwendiges Experiment, das sich ein wenig in die Länge zog. Lara Heitz von der Clogging-Gruppe war davon angetan, dass die Koordination der vielen beteiligten Gruppen so gut funktioniert hatte. „Es ist schön, dass so viele mitmachen.“ Was bleibt, sind aber auch die Eindrücke von Himmlische-Heerscharen-Tänzerinnen vom Helmholtz-Gymnasium, die unter ihren dünnen weißen Engelsflügeln wenig Kleidung trugen und bibbernd den Bühnenbereich verließen, von der Saxofonspielerin, der die Finger einzufrieren drohten, und davon, wie schnell sich nach der Aufführung Publikum und Darsteller ins Warme flüchteten.

Die Veranstalter konnten froh sein, dass es bei der Kälte blieb. Bei Extremwetterlagen hätte das Ganze abgesagt werden müssen, und das wäre angesichts der Vorbereitungen sehr schade gewesen.

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