Bundesministerium für Verteidigung Gedenken an Mord auf der Hardthöhe

Brüser Berg · Auf dem heutigen Gelände des Bundesministeriums der Verteidigung wurde 1945 der Geistliche Konstantin Orfgen erschossen. Die Umstände sind bis heute nicht geklärt.

 Auf diesem alten Bild ist die Inschrift noch gut zu erkennen. Inzwischen ist das Kreuz ziemlich verwittert.

Auf diesem alten Bild ist die Inschrift noch gut zu erkennen. Inzwischen ist das Kreuz ziemlich verwittert.

Foto: Stadtarchiv

Ein Ministerium ist kein Friedhof. Und doch: Auf dem Gelände des Bundesministeriums der Verteidigung gibt es eine Grabstätte. Dort ist ein Mann der Kirche beerdigt worden, der unter ungeklärten Umständen im Alter von 59 Jahren starb.

Das Grab mit dem Kreuz steht im hinteren Teil des BMVg an der Kreuzung Frankfurter und Berliner Straße, gegenüber der neuen Kantine. Die Inschrift ist längst verwittert und man kann nur noch mit Mühe entziffern: „Gedenket des Pater Konstantin Orfgen aus der Abtei Siegburg. Er starb am 4.8.45 hier bei einem Überfall den Opfertod.“

Das Grab ist schmucklos, von etwas Grün und zwei Steinen eingefasst, hat aber eine Grablampe, in der die BMVg-Seelsorger immer wieder Kerzen entzünden, um das Gedenken wach zu halten. Als der Pater damals hier beerdigt wurde, war seine Grabstelle von einigen gepflanzten Bäumen eingefasst, von denen einer – riesig geworden – noch steht.

Was ist hier passiert? Die Todesanzeige, die das Bonner Stadtarchiv besitzt, gibt näheren Aufschluss. Der 1885 im Westerwald geborene Konstantin Orfgen trat 1901 in der Benediktinerabtei Meckelbeek (Holland) in den Orden ein, wurde 1909 zum Priester geweiht und wirkte seit 1919 in der Abtei Siegburg, bis zu deren gewaltsamer Aufhebung 1941. „Als Heimatloser fand er ein Unterkommen im St. Franziskusstift zu Duisdorf bei Bonn“, heißt es weiter in der Todesanzeige. „Bevor er in sein geliebtes Kloster, das durch Bomben und Artilleriebeschuss schwer heimgesucht wurde, wieder zurückkehren konnte, musste er am 4. August 1945 nachmittags gegen 4 Uhr durch ruchlose Mörderhand auf dem Wege von Duisdorf nach Witterschlick den Tod erleiden.“

Durch wessen Hand Pater Orfgen starb und was sich dabei zugetragen hat, wurde nie geklärt. Manche vermuteten, es seien frühere Kriegsgefangene oder Heimatlose gewesen, sogenannte „displaced persons“ (engl. für „Personen, die nicht an diesem Ort beheimatet sind“; ein Ausdruck, der im Zweiten Weltkrieg vom Hauptquartier der alliierten Streitkräfte geprägt wurde, um Personen zu benennen, die durch das Kriegsende kurz zuvor wieder auf freiem Fuß waren).

Keine genauen Untersuchungen

Aber genauere Untersuchungen zu dem gewaltsamen Tod des Paters scheint es nicht gegeben zu haben. „Der Tod des Paters ist meines Wissens nach nicht näher untersucht worden“, sagt Norbert Schlossmacher, Leiter des Bonner Stadtarchivs. Seiner Kenntnis nach ist Pater Orfgen bei einem Spaziergang niedergeschlagen und dann erschossen worden.

Nur der Ort der Tragödie ist klar. Pater Orfgens Leiche wurde genau da gefunden, wo sie später bestattet wurde. Das Grab lag damals übrigens außerhalb der heutigen Ministeriumsmauern. Hinter den damaligen Lagern auf der Hardthöhe befand sich seinerzeit ein Truppenübungsplatz.

Das BMVg wurde erst 1955, also zehn Jahre nach dem Mord an Pater Orfgen gegründet und zog auf die Hardthöhe. Ab den 1960er Jahren wurden auf dem 80 Hektar großen Areal zusätzliche Gebäude und Bürohäuser errichtet, um die steigende Zahl an Mitarbeitern unterzubringen. Allein der große Zentralbereich bemisst eine Fläche von rund 50 000 Quadratmetern, so das Verteidigungsministerium in seiner Chronik.

Bis in die 1990er Jahre wuchs das Gebäude-Ensemble immer weiter an. Heute besteht der Ministeriumskomplex auf der Hardthöhe aus mehr als 100 Gebäuden, viele davon stehen unter Denkmalschutz. Und das Grab des Ermordeten liegt längst innerhalb der Ministeriumsmauern.

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