Europatag an Bonner Berufskollegs Einen Kontinent mit Grenzen wollen sie nicht

Duisdorf/Graurheindorf · Am Europatag am Mittwoch haben sich in Bonn Schulen zum Thema Europa gemacht. Sowohl am Berufskolleg Duisdorf als auch am Heinrich-Hertz-Europakolleg ging es dabei um Flucht und Migration.

 Am Berufskolleg Duisdorf befassen sich die Schüler mit europäischen Gesetzesprozessen.

Am Berufskolleg Duisdorf befassen sich die Schüler mit europäischen Gesetzesprozessen.

Foto: Hans Peter Brodüffel

„Jetzt wissen wir, wie viel Mühe, Arbeit und Geduld für Europa erforderlich ist, wie schwierig es ist, einen Kompromiss zu finden.“ Christine Hörnig und Dominik Schäfer brachten die Erfahrungen eines zweitägigen Planspiels über den gesetzlichen Prozess zur Lösung der komplexen Flüchtlingsfrage wie die nach Kontingenten in der Friedrich-Ebert-Stiftung auf den Punkt – mit viel Zustimmung ihrer Mitschüler aus der Einführungsphase der Oberstufe des Wirtschaftsgymnasiums.

Beim alljährlichen Europatag des Berufskollegs Duisdorf präsentierten sie ihre Erfahrungen als „Parlamentarier“ und „Mitglieder des Ministerrats“ mit Gruppenreferaten, Postern und einem Video. „Wir stellen alles auf Englisch vor, weil das die Verkehrssprache der Europäischen Union ist“, erklärte Dominik. Ein Europa in den alten Grenzen möchten die Schüler nicht mehr erleben. Eng verbunden mit der aktuellen Migrationsthematik sind Vorurteile. Frederike Lötters und Jill Locke verteilten einen englischsprachigen Fragebogen zu Vorurteilen. „Wir haben festgestellt, dass einige durch den Fragebogen erstmals angeregt wurden, sich Gedanken über den Ursprung von Stereotypen zu machen.“

In einer der beiden Internationalen Förderklassen des Berufskollegs stellten ausländische Schüler ihre inzwischen beeindruckenden Deutschkenntnisse unter Beweis. Im Raum nebenan befassten sich angehende Bürokaufleute unter anderem mit dem drohenden „No“ der Briten beim Referendum am 23. Juni. Die zukünftigen Gärtner des Kollegs veranstalteten ein Quiz über Nationalpflanzen und stellten die Unterschiede in europäischen Klostergärten und zwischen der englischen und französischen Gartenarchitektur dar. „Wir wollen als international ausgerichtetes Kolleg den Europagedanken nicht nur heute, sondern jeden Tag leben“, betonte Lehrerin Claudia Franzen.

Schüleraustausch am Heinrich-Hertz-Europakolleg

Ein überraschender Erfolg war der diesjährige Europaprojekttag zum Thema „Flucht, Ankunft und für immer bleiben?“, den das Heinrich-Hertz-Europakolleg gemeinsam mit dem Robert-Wetzlar-Berufskolleg am Mittwoch veranstaltete.

Im Fokus des Projekttags standen die Schüler der Internationalen Förderklassen der beiden Berufskollegs. Sie sind junge Flüchtlinge und wurden einem Berufskolleg und damit einem beruflichen Schwerpunkt zugeordnet. Um mit der richtigen beruflichen Wahl die Integration zu fördern und den Flüchtlingen Einblicke in andere Berufsbereiche zu ermöglichen, sind die beiden Berufskollegs erstmalig zusammengekommen.

Dazu fand ein kleiner Austausch statt: Die etwa 65 Schüler aus den Förderklassen des Robert-Wetzlar-Berufskollegs konnten im Heinrich-Hertz-Berufskolleg einen von sechs Workshops im technischen Bereich besuchen, während die 32 Schüler des Heinrich-Hertz-Berufskollegs im anderen Berufskolleg in den hauswirtschaftlichen Bereich hineinschauten. Unterstützt wurden sie dabei von den deutschsprachigen Schülern aus den jeweiligen Bereichen.

Für alle Beteiligten war das eine ungewohnte Situation, besonders für die Schüler aus den Förderklassen. „Unsere Schüler hatten wirklich Angst herzukommen, aber sie sind umso stolzer, dass sie sich getraut haben“, sagte Birgit Hufnagel, Leiterin des Robert-Wetzlar-Berufskollegs. Neben der beruflichen Integration verbindet das Experiment die Schüler aus den beiden Schulen nun auch auf einer zwischenmenschlichen Ebene.

In jedem der sechs Bereiche wurde etwas produziert, so ein Film in Gestalten, ein Würfel in Elektro oder ein Handyladehalter in der Metallwerkstatt. Und Spaß macht das Werken auch, befand Ahmad, der am Robert-Wetzlar-Kolleg Friseur lernt.

Wie die Lehrer und Schulleiter können sich auch die Jugendlichen aus den Förderklassen am Robert-Wetzlar-Berufskolleg eine Wiederholung des Austauschs gut vorstellen. Dann wollen sie aber andere Workshops besuchen, um alles einmal gesehen zu haben.

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