Erfrischend anders Green Juice Festival in Beuel feiert am Wochenende Jubiläum

Beuel · Das Green Juice Festival im rechtsrheinischen Neu-Vilich feiert Jubiläum. Zur zehnten Ausgabe läuft das Konzertprogramm erstmals an zwei Tagen. Stargäste sind die deutschen Bands Madsen und Itchy.

Morgens, halb zehn in Bonn-Beuel. Genauer gesagt, in der gemütlichen Küche eines Einfamilienhauses in der Maria-Montessori-Allee, im Ortsteil Neu-Vilich. Am Kiefernholztisch sitzt Julian Reininger, relativ entspannt. Und greift sofort zum Smartphone, als dieses wieder brummt. Was keineswegs unhöflich ist. Denn der 23-jährige, sozusagen ein Drittel des Geschäftsführer-Trios vom Green Juice Festival, hat eine ganz aktuelle Herausforderung zu meistern. Knapp zwei Wochen vor Beginn der zehnten Ausgabe des einzigartigen Rockfestivals mitten im Wohngebiet, hat sich der Gitarrist der Band Captain Planet einen Arm gebrochen. Also fällt Captain Planet aus. Es muss eine Ersatzband her. Deshalb muss Julian Reininger gerade jetzt besonders viel telefonieren und Mails schreiben.

Am Vorabend kam eine Whatsapp-Nachricht mit der Absage, und fünf Minuten später traf sich das sechsköpfige Veranstalterteam virtuell zu einer Skype-Konferenz. Man notierte 15 mögliche Ersatzbands in drei Blöcken, berichtet Reininger. In drei Blöcken? „Jeder Block hat fünf Bands, und das sortiert sich wie eine Wunschliste. Block eins schreibe ich dann zuerst an.“

Wieder brummt Reiningers Handy. Die anvisierte Reservecombo ist bereits für ein Festival in Hessen gebucht. Nun wird mit den dortigen Veranstaltern verhandelt, ob die Band zwei Stunden früher spielen kann, um danach sofort nach Bonn zu düsen.

Allerdings gibt es auch positive Überraschungen: Die Stadt Bonn hat die offizielle Genehmigung für das Festival bereits zugestellt. „So früh wie noch nie“, sagt der 23-Jährige zufrieden, der ein Green-Juice-Armbändchen am rechten Handgelenk trägt. „Auch dieser Umstand zeigt, dass die Zusammenarbeit perfekt läuft. Früher hatten wir die Genehmigung auch schon mal erst zwei Stunden vor Einlass bekommen.“

Im Jahr 2008 feierte das erfrischend andere Rockfestival seine Premiere. Die Veranstalter waren im Teenager-Alter, die Bühne befand sich auf einem Sattelschlepper, 200 Besucher wurden gezählt. 2016 schließlich wurde allein die Hauptbühne mit zehn Sattelschleppern angeliefert, der Aufbau dauerte drei Tage. Besucherzahl nunmehr: 7200.

„Das Feeling und das Flair sind immer noch gleich“, antwortet Julian Reininger auf die Frage, wie sich Green Juice für ihn mittlerweile anfühlt. „Es ist immer noch das kleine, feine Rockfestival auf der Wiese hinter unseren Elternhäusern.“ Natürlich seien er und seine Mitstreiter, darunter sein Bruder Simon, „deutlich professioneller“ geworden. „Für das erste Festival habe ich insgesamt 100 Mails geschrieben“, erinnert er sich. „Heute sind es 1000 Mails – pro Monat.“ Inzwischen wird übrigens bereits an Green Juice 2018 geschraubt.

Der 23-jährige Konzertveranstalter, der seit einem Jahr Eventmanagement an der Kölner Fachhochschule des Mittelstands studiert, freut sich in diesem Jahr besonders über den Auftritt von Madsen, neben den Donots die Festivalband Deutschlands schlechthin. „Seit ich Musik höre, höre ich Madsen“, sagt Julian. Vier Jahre lang hatte er das norddeutsche Quartett angefragt, jetzt ist ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen: „Dieses Jahr hat’s finanziell und auch wegen der großen Bühne gepasst.“

Ebenfalls ein großer Coup sind die schwedischen Alternative-Rocker von Royal Republic: „Die habe ich 2011 auf der letzten Rheinkultur gesehen und hätte mir nie träumen lassen, dass die sechs Jahre später bei mir hinterm Gartenzaun spielen.“

Einen besonderen Fall stellt die Bonner Gruppe Lygo dar, wie Julian erklärt. „Die starten gerade in der Punkrock-Szene richtig durch – und sie sind quasi Nachbarjungs aus meiner Kindheit. Als Besucher waren sie schon beim ersten Green Juice dabei.“

Neun Jahre später eröffnet Lygo am 18. August das Jubiläumsfestival. Und dann wäre da noch die Formation Itchy, vormals Itchy Poopzkid, in der Programmvorschau als „gallige schwäbische Punkrockterrier“ geadelt. Das Trio war 2014 Headliner beim Green Juice und spielt jetzt zum zweiten Mal in Beuel.

Die Kapazität auf der Wiese mitten im Wohngebiet liegt bei 7500 Besuchern pro Festivaltag. Gibt es Pläne, das Green Juice Festival zu vergrößern und damit an einen anderen Ort zu verlagern? „Darüber denke ich jeden Tag nach“, gesteht Julian Reininger. „Aber bevor wir nicht ein einziges Mal ausverkauft waren, stellt sich diese Frage auch nicht.“ Und so wird Green Juice wohl noch eine Weile das kleine Festival von nebenan bleiben.

Und der gute Geist weht trotz beeindruckender Sponsorenliste weiterhin durch das idyllische Wohngebiet: Rund 200 Helfer zählt die Veranstaltung, viele davon sind ehrenamtlich tätig. „Einige nehmen sich extra zwei Wochen Urlaub, um uns von frühmorgens bis spätabends zu unterstützen.“

Letzte Meldung: Für Captain Planet findet Impresario Julian Reininger doch noch einen adäquaten Ersatz. Die achtköpfige Band Le Fly spielt Rap, Rock, Rumba, Reggae – und „Tanzmusik“ aus ihrer Heimat St. Pauli.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony Hopkins Held ohne Heldenpose
Aus dem Ressort