Rheinisches Landesmuseum in Bonn Glasfassade wird ausgetauscht

Bonn · Chefmonteur Serge Regula tropfte das Wasser von der Nase. Seine nassen Haare klebten in Strähnen an der Stirn. Auch seine schwarze Jacke war klatschnass. Um 15 Uhr gestern Nachmittag musste der 45-Jährige einsehen, dass es keinen Sinn mehr macht, bei dem Dauerregen weiterhin die Scheiben an der Fassade des Landesmuseums auszutauschen.

 Chefmonteur Serge Regula prüft die Halterungen der alten Glasscheiben.

Chefmonteur Serge Regula prüft die Halterungen der alten Glasscheiben.

Foto: Barbara Frommann

"Das ist jetzt zu gefährlich", erklärte Regula. Falls ein Windstoß komme, könnten die Saugnäpfe die Scheibe nicht mehr halten. Und dann sei auch nicht gesagt, dass das Stück Glas einfach nur hinabstürzt. "Es könnte auch auf den Bürgersteig fliegen und dort jemanden treffen", mutmaßte er. Also lieber Arbeitsstopp. Zwölf Scheiben hatten er und seine zwei Kollegen bis dahin geschafft. Insgesamt müssen sie 268 von insgesamt mehr als 500 Scheiben an der Fassade des Landesmuseums an der Colmantstraße austauschen.

In den vergangenen Jahren hatten sich einige der etwa 170 Kilogramm schweren Fassadenelemente aus der Stahlkonstruktion gelöst und waren auf das Pflaster geknallt. Im September 2006 passierte das zum ersten Mal. Über mehrere Jahre suchte der Hausherr des Museums, der Landschaftsverband Rheinland (LVR), nach dem Fehler.

Auch ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren strengten die Verantwortlichen an. Dabei kam heraus, dass die Scheiben zum einen zu dünn und zum anderen nicht dem so genannten Heißlagerungstest unterzogen worden waren. Dieser hätte gezeigt, ob die Scheiben für die Fassade geeignet gewesen wären. Zudem kam heraus, dass die Glasbaufirma andere Scheiben eingebaut hatte als ursprünglich abgesprochen. Die Schuld für diesen Fehler sprach ein Beweissicherungsverfahren der Architektenfirma zu.

Obwohl nun die Verantwortlichen für die Misere gefunden waren, kamen neue Probleme zum Vorschein. Die Dicke der Scheiben wurde zur Herausforderung. "Bei einer entsprechenden Dicke hätten wir auch die Stahlkonstruktion, in der die Scheiben aufgehangen wurden, anders bauen müssen", erklärte Herbert Brach vom Liegenschaftsamt des LVR.

Also mussten anderen Scheiben her. So werden nun die ehemaligen Fassadenelemente aus Einscheibensicherheitsglas (ESG) gegen Elemente aus teilvorgespanntem Glas (TVG) ausgetauscht. Der Clou: Zwischen zwei Scheiben klebt eine Art Folie. Dadurch würden etwa starke Windböen oder andere Schwingungen kompensiert, mithin ein Bruch der Scheiben laut Brach nahezu unmöglich sei. Wie hoch die Gesamtkosten sind, vermag Brach nicht zu beziffern.

Schließlich trage den Löwenanteil die Haftpflichtversicherung der damals beauftragten Architektengruppe Stuttgart. Klar ist, dass der LVR 180.000 Euro der Gesamtkosten übernimmt. Davon sind 100.000 Euro aus Bürgschaften - also Geld, das der LVR sowieso für den Bau des Museums einkalkuliert hatte, und 80.000 Euro, die noch mal oben drauf kommen. Der LVR übernimmt diesen Teil der Kosten, da sie auch angefallen wären, wenn sofort richtig geplant worden wäre.

Für den Schwaben Regula bedeutet die marode Fassade in Bonn einen mindestens achtwöchigen Aufenthalt am Rhein. Täglich fährt er nun mit einem Kran an der Fassaden entlang gute zehn Meter in die Luft. Mit einem Saugnapf sichert er das Glasstück. Anschließend schraubt er die Fassungen auf und nimmt das Element vorsichtig aus der Fassade, um es dann in einem Container zum Bersten zu bringen.

Normalerweise würden er und sein Team bis zu 15 Scheiben pro Tag austauschen. Nur, wenn die Scheiben nass sind, dann halten eben auch die Saugnäpfe nicht. Was dann gestern darin endete, dass die Handwerker einen recht frühen Feierabend hatten. Regula würde lieber mit einem größeren Kran arbeiten, dann würde alles schneller gehen. "Aber das geht hier nicht", weiß der 45-Jährige. "Unter dem Pflaster ist ein Hohlraum. Der Boden hätte eine größere Maschine nicht ausgehalten."

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