Gefahrenstelle oder nicht?

Die Stadt stellt ihre Radarmessgeräte auch an strittigen Stellen auf, wie an der Robert-Koch-Straße auf halber Höhe zum Venusberg, sozusagen mitten im Wald. Der ADAC sagt dazu: Das ist kritikwürdig, aber legal.

 Gefahrenstelle Robert-Koch-Straße? Die Stadt meint ja und "blitzt" hin und wieder auch im Wald - "um Unfällen vorzubeugen".

Gefahrenstelle Robert-Koch-Straße? Die Stadt meint ja und "blitzt" hin und wieder auch im Wald - "um Unfällen vorzubeugen".

Foto: Barbara Frommann

Bonn. Wer in die Radarfalle tappt, ärgert sich. Eigentlich zu Unrecht. Denn Geschwindigkeitskontrollen dienen der Verkehrssicherheit. Zumal an Gefahrenstellen, für deren Überwachung die Stadt in Rücksprache mit der Polizei zuständig ist, wie sie selbst sagt. Und zwar nur an Gefahrenstellen.

Doch was ist mit folgendem Beispiel? Robert-Koch-Straße, auf halber Höhe zum Venusberg, sozusagen mitten im Wald, weit und breit kein Haus und somit auch keine Schule, Altenheim oder andere gefahrensensible Orte. Dennoch stand dort am 29. Juli eine mobile Kamera, leidlich versteckt am Straßenrand. Gemessen wurde von 7.09 bis 10.25 Uhr, geblitzt wurden 52 Autos, erteilt Monika Frömbgen vom Presseamt Auskunft. Spitzenreiter sei ein Fahrzeug mit 74 Stundenkilometer gewesen. Es gilt Tempo 50.

Von einer Gefahrenstelle will der gesunde Menschenverstand an dieser Stelle nicht sprechen. Und die Polizei stuft sie nicht als Unfallschwerpunkt ein: "2007 verzeichneten wir dort einen, 2008 zwei, ebenso 2009 und 2010 bislang auch nur einen Unfall", so ein Sprecher. Vom GA zuvor darauf angesprochen, erklärte das Presseamt zuerst: "Gemessen wurde im Kurvenbereich. Es handelt sich um eine Unfallhäufungsstelle."

Der GA hakte nach und stellte die Bezeichnung Kurvenbereich infrage. Antwort: Die Stelle sei 2006 von der Polizei als unfallbelasteter Kurvenbereich benannt worden. "Die Polizei hatte daher die Stadt darum gebeten, unterstützend Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen", so Frömbgen.

"Die Zahl der Unfälle konnte dadurch auch tatsächlich reduziert werden." Messungen seien aber weiter notwendig, "weil die Erfahrung gezeigt hat, dass wieder schneller gefahren wird, wenn an einer Stelle nicht mehr gemessen wird". Außerdem dürfe in unmittelbarer Umgebung des Kurvenbereichs, also auch noch auf gerader Strecke vor oder hinter der Kurve gemessen werden.

Die Stadt Bonn misst an 250 Stellen. Gerne hätte der GA überprüft, wie diese Gefahrenstellen beschaffen sind. Doch eine Liste mit solchen Stellen veröffentlicht die Stadt nicht. Ebensowenig wie die Kölner: "Es gibt im Stadtgebiet mehr als 600 Standorte.

Eine Liste immer auf den neuesten Stand zu bringen, würde einen ständigen Pflegeaufwand benötigen, den das Ordnungsamt nicht leisten kann", so ein Sprecher der Stadt Köln. Die Stadt Koblenz kommt den Autofahrern eher entgegen: Sie veröffentlicht im Internet immerhin die Stadtteile, in denen sich die Messfahrzeuge gerade befinden.

Auch wenn es den "geblitzten" Autofahrer ärgert, wenn offensichtlich nicht die Verkehrssicherheit gewährleistet, sondern das Stadtsäckel gefüllt werden soll: Rechtlich sei den Kommunen in so einem Fall nichts anzuhaben, erklärt Markus Schäpe, Jurist beim ADAC. Zöge ein Autofahrer vor Gericht, sei diesem egal, ob der Geblitzte die Messung als sinnlos oder gar als Abzocke ansehen würde.

"Das Gericht wird der Verstoß gegen die Straßenverkehrsregeln interessieren."

Doch auch der ADAC kritisiert, dass Kommunen immer wieder an Stellen messen würden, die keine Gefahrenstellen seien: "Einige Gemeinden richten ihre Messstellen dort ein, wo sie sicher sind, dass durch eine Vielzahl geringfügiger Verfehlungen die Gemeindekasse aufgebessert werden kann", heißt es auf der ADAC-Homepage.

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