Kultur in Bonn Euro Theater zieht an die Budapester Straße

BONN · An diesem Mittwoch erhält das Euro Theaters Central die Schlüssel für das neue Heim des Theaters an der Budapester Straße. Im März will es dort Eröffnung feiern. Der Kaufvertrag ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

Wie soll es schon aussehen bei der Schlüsselübergabe im neuen Haus? Kahl natürlich. Ulrike Fischer sieht es allerdings schon, das neue Euro Theater Central in den Räumen an der Budapester Straße. Sie sieht den Zuschauerraum im ersten Stock, den Bühnenaufbau im noch abgetrennten Nebenraum zur Straße hin, für den noch eine Wand eingerissen werden muss.

Sie sieht das Bistro im Erdgeschoss, das auch tagsüber geöffnet sein soll, und die Clubräume in der zweiten Etage, in der auch wieder geheiratet werden darf. „Das Haus hat auf uns gewartet“, sagt Fischer. Wenn sie sich eine neue Bleibe hätte malen können: So hätte sie ausgesehen. Und man kann der Intendantin ansehen, wie gut es ihr tut, dass Ensemblemitglied Richard Hucke, der zum ersten Mal die künftige Spielstätte betritt, sagt: „Ich seh' mich hier schon spielen.“

Fünf Jahre stand die städtische Immobilie leer, zuletzt waren dort Büros untergebracht. Am Mittwoch hat eine Mitarbeiterin der Stadt Fischer einen ganzen Haufen Schlüsselsätze in die Hand gedrückt. Mit ihnen lässt sich die Tür zur Zukunft des tot gesagten Theaters öffnen.

50 Jahre Geschichte

„Erinnerung ist Kopfsache“, sagt ein Mitglied des Fördervereins, das zwischen Umzugskartons steht, pragmatisch. Aber so einfach ist es natürlich nicht. Am 29. Mai, während der Theaternacht, fiel der letzte Vorhang für das Euro Theater an alter Wirkungsstätte am Mauspfad. „Danach kam es mir so vor, als würde dieses Haus seine Seele verlieren“, sagt Nadine Du Sartz, die seit mehr als einem Jahrzehnt das künstlerische Betriebsbüro leitet. Die festen Mitarbeiter, Ensemblemitglieder und Ehrenamtlichen aus Träger- und Förderverein mussten wohl oder übel in fast 50 Jahren Geschichte herumwühlen. Alte Fotos kamen zutage, Poster, Requisiten.

Am Mittwochvormittag kann man all das am Mauspfad hinter dem Kaufhof noch in chaotischer Ordnung in den herrlich verwobenen Fluren und Räumen begutachten: den kunstledernen Ohrensessel, in dem der verstorbene Schauspieler Viktor Weiss über Jahrzehnte Patrick Süskinds Kontrabass spielte, oder ein Plakat, das den französischen Literaturnobelpreisträger Albert Camus zeigt. Für ein verträumtes Bild, das die Kölner Sängerin und Schauspielerin Eva Eschenbach zeigt, hat Fischer extra einen Schauspieler angefragt, der es per Hand bis in die Budapester Straße trägt. Ein Umzugsunternehmen hat das Theater nicht beauftragt, das wäre doch nicht das richtige gewesen. „Theater bedeutet auch Schmerz, Leid und Tragik“, findet Fischer. Bis Freitag müssen sie raus sein am Mauspfad. Dann will man sich mit voller Energie den Umbauten widmen. Bis März 2020 soll an neuer Wirkungsstätte alles fertig sein.

Formal ist der Verkauf des Hauses, das Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, noch nicht über die Bühne gegangen, so Fischer. Das geschehe erst nach Abschluss letzter Prüfungen, die beispielsweise den Brandschutz beträfen. „Aber wir sind auf einem guten Weg, und die Stadt kommt uns in jeder Hinsicht entgegen.“

Den Kaufpreis nennt die Intendantin nicht, aber das Theater werde inklusive notwendiger Umbauten rund 500.000 Euro investieren. „Ein Risiko ja, aber ein kalkulierbares“, sagt Fischer. Der Beschluss der Politik, den Verkauf der städtischen Immobilie einzuleiten, sei „das Bekenntnis, das wir brauchten“. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Damals hatte der Rat die Streichung des Zuschusses von 144.000 Euro jährlich beschlossen. Das Theater hätte die Miete nicht mehr zahlen können.

Schon 2000 Retter haben 50 Euro gespendet

Die eigene Immobilie ist die Rettung oder doch zumindest ein Teil davon. Um das mehrsprachige Haus weiterhin führen zu können, sucht es nach Spendern für die Aktion „10.000 mal 50“, also nach Bürgern, die bereit sind, für den Erhalt 50 Euro zu geben. Laut Fischer hätten sich mittlerweile knapp 2000 Spender gefunden. Auch einige Exemplare der gerahmten alten Tapete (10 mal 10 Zentimeter) seien verkauft. „Wir können aber weiterhin jede Unterstützung gebrauchen.“

Der städtische Zuschuss läuft Ende des Jahres aus, die Landeszuschüsse von 130.000 Euro bleiben aber erhalten. Das Euro Theater wird mindestens bis Dezember die Räume des Jungen Theaters im Kuppelsaal von Thalia am Marktplatz als Ersatzbühne übernehmen. Vorhang zu, Vorhang wieder auf.

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