Es leuchtet rot zwischen Bonn und Köln

Projekt "Standortmitte" des Künstlers Lutz Fritsch verbindet jetzt beide Städte: An Verteilerkreisen am Ende der Autobahn 555 ragt jeweils 50 Meter hohe Stahl-Stele in den Himmel

Es leuchtet rot zwischen Bonn und Köln
Foto: Volker Lannert

Bonn. Eine Mischung aus Vorfreude, Aufregung und Ehrfurcht vor dem Objekt liegt in der Luft. Um halb acht Uhr morgens stehen die ersten Schaulustigen auf dem Verteilerkreis, dem Beginn der Autobahn 555 im Bonner Norden. Auch einige Bauarbeiter sind bereits da, und natürlich das Wichtigste: eine 50 Meter hohe, 48 Tonnen schwere und rot lackierte Stahl-Stele mit einem Durchmesser von 90 Zentimetern.

Im Rahmen der Regionale 2010 ist sie Teil des Projekts "Standortmitte" des Kölner Künstlers Lutz Fritsch. Symbolisch soll sie aufrecht auf dem Bonner Verteilerkreis stehend zusammen mit einem baugleichen Objekt, das tags zuvor am Freitag auf dem Kölner Verteilerkreis am anderen Ende der Autobahn errichtet worden ist, die beiden Städte verbinden.

Um halb acht ruht sie aber noch auf einem LKW eines Transportunternehmens. Daneben stehen zwei große Kräne, die ebenfalls der Firma gehören. Mit ihnen soll die Stele in das 2,60 Meter tiefe Fundament versenkt werden. Darauf müssen die Anwesenden aber noch warten. Auch wenn gegen viertel nach acht die Stele mit den Kränen verbunden wird, passiert weiter nichts.

Inzwischen hat sich gut ein Dutzend interessierter Menschen eingefunden. Viele haben Fotokameras mitgebracht, um das Ereignis festzuhalten. Eine Umfrage unter ihnen über die Aktion lässt sich mit zwei Worten zusammenfassen: wahnsinnig beeindruckend. Mitunter kommt aber auch die Frage nach den Kosten auf.

Nach Angaben der Regionale-2010-Agentur wird das Projekt finanziell durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Sparkasse KölnBonn gefördert. An den Kosten von 750 000 Euro müsse sich die Stadt Bonn nach eigenen Angaben nicht beteiligen.

Unter den Wartenden ist auch Lutz Fritsch. Wie er erklärt, sei das Besondere an der Autobahn 555, dass es "einen klaren Anfang und ein klares Ende" gebe. Mit den Stelen sollten, so der Künstler weiter, "Köln und Bonn eine neue Ebene der Verbindung durch die Kunst erhalten".

Gegen Viertel vor neun kommt Christoph Zimmermann auf der Baustelle an. Der Bauingenieur der Krefelder Firma, welche die Stelen angefertigt hat, kommt gerade vom Kölner Verteilerkreis. Dort würden in diesem Moment die letzten Sicherungen der dortigen Stele entfernt. Diese könne aus Sicherheitsgründen erst ab heute alleine stehen.

Auch in Bonn werde man die Sicherungen und einen der beiden Kräne erst einen Tag später entfernen, so der Ingenieur weiter. Sobald die Monteure da seien, könne es losgehen. Allerdings ist von ihnen noch nichts zu sehen. Während Arbeiter an den Justiereisen, die später dafür sorgen, dass die Stele gerade steht, letzte Handgriffe tätigen, beginnt so mancher, sich zu langweilen.

Plötzlich kommt Leben in die Menge. Christoph Zimmermann fordert alle Zuschauer auf, sich zu entfernen. Und dann geht es los. Punkt 9.47 Uhr ziehen die Kräne an, die Stele bewegt sich langsam nach oben. Genau neun Minuten später schwebt sie senkrecht über der Erde. Langsam nähert sie sich dem Fundament. Gebannt starren alle in die Höhe.

Auf der Fahrbahn des Verteilerkreises wird der Verkehr langsamer. Jeder will einen Blick auf das Spektakel werfen. Gegen fünf nach zehn senkt sich die Stele ins Fundament herab. Erleichterung macht sich breit. Es habe "super und passgenau geklappt", freut sich Lutz Fritsch. Ein Urteil, dem sich auch Vermessungstechniker Michael Jochheim anschließen kann. Mit einem Kollegen ist der Mitarbeiter eines Gelsenkirchener Vermessungsbüros dafür zuständig, dass der stählerne Riese gerade steht.

Als Bauarbeiter beginnen, das Fundament mit Verschlussmörtel zu füllen, ist es fast Mittag. Langsam zerstreuen sich die Schaulustigen, der Verkehr fließt wieder normal dahin. Über dem Verteilerkreis thront jetzt eine riesige, rote Stele. Und, wenn man seine Augen gen Köln richtet, könnte man fast meinen, ihre Zwillingsschwester in der Ferne zu sehen.

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