Er bot Joschka Fischer die Stirn

Das ist also der Spitzendiplomat, der Joschka Fischer 2005 öffentlich die Stirn bot. Der seinen obersten Dienstherrn, den damaligen Außenminister, des "miserablen Krisenmanagements" und der "Spaltung des Auswärtigen Amtes" bezichtigte, daraufhin prompt seinen Botschafterposten in Bern verlor und in den Ruhestand versetzt wurde. Frank Elbe hat im Schänzchen nun das Bistro "Elbe am Rhein" eröffnet.

Er bot Joschka Fischer die Stirn
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Das ist also der Spitzendiplomat, der Joschka Fischer 2005 öffentlich die Stirn bot. Der seinen obersten Dienstherrn, den damaligen Außenminister, des "miserablen Krisenmanagements" und der "Spaltung des Auswärtigen Amtes" bezichtigte, daraufhin prompt seinen Botschafterposten in Bern verlor und in den Ruhestand versetzt wurde. "Ich weiß bis heute nicht, wie mein internes Schreiben damals in die Boulevardpresse gelangte", sagt Frank Elbe und schaut auf den Rhein.

Dass er dann seine Breitseite gegen den Grünen-Politiker in die seriöse Presse lancierte, um damit die Nuancen seiner Kritik offenzulegen, gibt der heute 70-Jährige unumwunden zu. "Ja, der Joschka", zeigt Elbe ein feines Lächeln, hält sich aber mit weiteren Details erst mal zurück. Was folgt, ist ein charmanter Schnelldurchgang durch die europäische Nachkriegspolitik.

Leger in Freizeithemd, blauem Blazer und Jeans nippt der Karrierediplomat in seinem Weinbistro "Elbe am Rhein" an einem edlen Tropfen. Dabei ist der grau melierte Herr immer noch eher im Nadelstreifenanzug vorstellbar. Schlüsseldiplomat, gerade im Prozess der deutschen Wiedervereinigung, sei der Experte für abrüstungs- und sicherheitspolitische Fragen gewesen, rühmen ihn Wegbegleiter.

Dazu, und das scheint Elbe noch viel wichtiger zu sein, ein "charakterfester, verlässlicher und mutiger Mann", so sein ehemaliger Außenminister Hans-Dietrich Genscher.

Und wie kommt der mit zahlreichen Verdienstorden dekorierte Mann, der als Botschafter in Indien, Japan, Polen und der Schweiz agierte, dazu, "Pate" des vormaligen Gasthauses Schänzchen zu werden? Obwohl er selbst damals als Anwohner gegen den Betrieb des darüber liegenden Biergartens gerichtlich vorgegangen war? Warum kommt ein Topjurist, der nach seiner diplomatischen Karriere von Berlin aus für große internationale Unternehmen wirkte, zurück an seinen Ex-Studienort? Warum kommt Frank Elbe wieder an den Rhein?

Besonders seine Ehefrau Ellen habe eine große Sehnsucht in ihre Bonner Heimat gezogen, antwortet der Weltenbummler, der auch als Buchautor und seit 2005 als Lehrbeauftragter der Bonner Universität arbeitet.

"Und jetzt sind wir hier halt direkte Nachbarn am Rheinufer und wollten nicht, dass Karin Kaspar dieses an einem so magischen Ort gelegene Gasthaus schließt." Die langjährige Schänzchen-Chefin ist jetzt nach einem Komplettumbau seine Geschäftsführerin. Gerne führt der geborene Westfale in das im französischen Bistro-Stil gestaltete Innere.

Auf seinen vielen Reisen habe er für das Interieur "mit den Augen geklaut", bemerkt er. Von den Wänden leuchten intensivfarbige Ölbilder, die seine Frau gemalt hat. "Da bin ich sehr stolz drauf." Weiß eingedeckt müssten die Tische außerdem sein, sagt der Hausherr. "Aber ansonsten bin ich hier Gast wie Sie." Er sehe sich keineswegs als Unternehmer. Größere Gewinne würde hier wohl eher eine Fahrradkneipe abwerfen.

Rudolf Seiters hat wie die Politkollegen Genscher, Norbert Blüm und Volker Rühe schon im Weinlokal "Elbe am Rhein" am Rosental 105 vorbeigeschaut. Er habe Elbe gesagt, er führe hier doch eigentlich fort, was er vorher gemacht habe: Gastgeber zu sein, Gespräche zu führen, Menschen und Meinungen bei guten Speisen und Getränken zusammenzubringen.

Und damit etwas zu bewegen. Jetzt lächelt Frank Elbe. Und "der Joschka"? Den Mann, der ihn nach heftigem Pressewirbel entlassen hatte, habe er nie wiedergesehen. "Für den muss ich doch eine schreckliche Provokation sein." Nein, er hadere nicht mit dem Schicksal, versichert Elbe dann.

Er habe bei seinem damaligen Chef und Außenminister einen eklatanten Mangel an Differenziertheit nüchtern-sachlich kritisiert, sagt Elbe. "Und ich hatte ja meine Karriere schon hinter mir. Ich wollte damit meine ebenfalls kritischen jüngeren Kollegen schützen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Zum Thema
Aus dem Ressort