Einbruchskriminalität Elf Sekunden bis zum offenen Fenster

Bonn · Die Polizei verstärkt den Kampf gegen die Einbruchskriminalität. Innenminister Ralf Jäger: Bürger sollen Häuser besser schützen. "Einbrecher haben es eilig", sagte er, "je sicherer die Riegel vor Fenster und Türen", desto eher ließen sie von ihrem Vorhaben ab.

 Der Polizei-Sicherheitsexperte Dieter Hausmann und NRW-Innenminister Ralf Jäger begutachten ein Fenster, das Einbruchsversuchen stand hält.

Der Polizei-Sicherheitsexperte Dieter Hausmann und NRW-Innenminister Ralf Jäger begutachten ein Fenster, das Einbruchsversuchen stand hält.

Foto: Max Malsch

Manfred und Christine Müller (Namen geändert) wollen nicht das gleiche Schicksal erleiden wie vier ihrer Nachbarn. Denn in deren Einfamilienhäuser waren im vorigen Herbst im Abstand von wenigen Tagen unbekannte Täter eingebrochen. "Eine Frau war am späten Nachmittag gerade einmal für eine Stunde auf dem Friedhof, als die Einbrecher kamen", sagt Christine Müller, "die war traumatisiert, nachdem ihr das ganze Haus durchwühlt worden war." Im sogenannten Technikraum des Bonner Polizeipräsidiums schauen sich die Müllers an diesem Montagmorgen moderne Schließanlagen für ihr Erkerfenster an.

"Wir müssen jetzt nachrüsten", sagt Manfred Müller, denn an der Sicherung ihres Fensters hätten sie seit 30 Jahren nichts mehr getan. Und gerade Terrassentüren und Fenster seien schließlich neuralgische Punkte. Dieter Hausmann vom Fachbereich Technische Prävention und Einbruchsicherung der Bonner Polizei kann das nur bestätigen. "Die Hälfte aller Einbrecher kommen durch die Terrassentür, 30 Prozent über ebenerdig erreichbare Fenster und zehn bis 15 Prozent durch die Haus- oder Wohnungstür", erzählt Hausmann den Müllers.

Zuvor hatte er NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) und den anderen Besuchern des Präventionstags "Riegel vor! Sicher ist sicher" gezeigt, wie leicht es für ungebetene Gäste sein kann, ins Haus zu gelangen - und wie einfach Bewohner sich dagegen schützen können. Gerade einmal elf Sekunden dauerte es, bis Hausmann, ausgerüstet mit einem langen Schraubenzieher, die Rollzapfen-Standardverriegelung an einem Kunststofffenster geknackt hatte. "Das sichert zwar gegen Wind und Wetter, aber nicht gegen Einbrüche", meinte er daraufhin.

Viele Bürger haben bereits nachgerüstet

Keine Chance hatte Hausmann bei dem Demonstrationsfenster daneben, das mit einer umlaufenden Pilzkopfverriegelung ausgestattet war. Nach 50 Sekunden schweißtreibender Arbeit gab der Polizist auf. "Der Pilzkopf verkrallt sich mit dem Schließstück und kann so nicht herausgehebelt werden", sagte der Experte.

Offenbar haben bereits viele Bürger nachgerüstet. Anhand von Einbruchspuren hat die Polizei festgestellt, dass die Täter bereits in rund 40 Prozent der Fälle aufgegeben haben, weil Türen und Fenster gut gesichert waren, erläuterte der Innenminister. Zugleich forderte er weitere Anstrengungen. "Einbrecher haben es eilig", sagte er, "je sicherer die Riegel vor Fenster und Türen", desto eher ließen sie von ihrem Vorhaben ab.

Insgesamt haben die Beamten im Jahr 2010 rund 44 800 Fälle in Nordrhein-Westfalen registriert. Eine Steigerung um 8,9 Prozent gegenüber 2009. Und schon da gab es 8,2 Prozent mehr Fälle als 2008. Die Zahlen für 2011 werden am Montag bekannt gegeben. "Genau haben wir sie noch nicht, aber sie stagnieren auf dem hohen Niveau", sagt Daniela Lindemann, Sprecherin der Bonner Polizei.

Die zwölf Behörden an der Rheinschiene setzen zudem auf mehr Zusammenarbeit, um mit vereinten Kräften Täter schneller zu ermitteln. Erfolge gibt es schon, wie Jäger mitteilte: So legten Kripo-Beamte aus Bonn, Köln und dem Rhein-Erft-Kreis einer sechs-köpfigen Bande das Handwerk. 16 Einbrüche konnten so aufgeklärt werden.

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