Ladenschluss Einkaufen vom Morgengrauen bis Mitternacht

Der Kölner Einzelhandelskonzern Rewe macht mit langen Öffnungszeiten gute Erfahrungen. Bonner Forscher sprechen von Trend. Und was meinen Sie? Schreiben Sie uns Ihre Ansicht zu dem Thema!

Bonn/Köln. Das Transportband fährt eine Flasche Pils und eine Packung Tiramisu zur Kasse. Begleiter für den Spätfilm. Tobias denkt dagegen schon an das Frühstück am nächsten Morgen: Ananas, Milch und abgepacktes Brot. "Ich arbeite bis 21.30 Uhr, da ist es praktisch, dass ich noch spät am Abend einkaufen kann", sagt Tobias.

Es ist kurz nach 23 Uhr. Ein kalter Wind fegt durch die Neusser Straße im Kölner Stadtteil Nippes. Da sind nicht mehr viele Passanten unterwegs. Die meisten haben ein Ziel: einen Rewe-Markt, der bis 24 Uhr geöffnet hat.

Meinung Lesen Sie dazu auch den " Pro-Kommentar " und den " Contra-Kommentar"Drei junge Leute fahren vor und kaufen eine Flasche Hochprozentiges zum Vorglühen für den Disco-Abend. Andere kaufen Bier oder Chips.

Eine Kundin schiebt aber auch einen gut gefüllten Einkaufswagen zur Kasse. Rund 70 Euro muss sie bezahlen. Ein Pärchen packt Tiefkühlpizza, Milch, Butter, Apfelsinen, Möhren und Toast in zwei Tragetaschen. Typische Wocheneinkäufe.

Frisches Fleisch und Wurst gibt es um diese Uhrzeit nicht mehr. Die Fleischtheke ist leer geräumt. Auch im Selbstbedienungsregal mit Brot und Brötchen klaffen größere Lücken. Im Markt ist auch nur eine Kassiererin im Einsatz. Die kommt allerdings kaum zum Durchschnaufen.

Umfrage Dazu unsere Umfrage. Stimmen Sie ab!Manchmal stehen vier oder fünf Kunden Schlange. "Seit der Fußball-WM im Sommer geht das schon so", sagt ein Angestellter. In den späten Abendstunden ist mehr los als am Morgen. Geöffnet ist von 7 bis 24 Uhr.

Immer öfter haben Geschäfte jetzt wieder spät abends geöffnet, sagt Nicolaus Sondermann vom Institut für Handelsforschung der Universität Bonn. Als der Ladenschluss vor vier Jahren gekippt wurde, waren noch mehr dabei. Im Kulturkaufhaus Dussmann in Berlin konnten die Kunden freitags sogar rund um die Uhr einkaufen. Inzwischen schließt es um 24 Uhr. "Das rechnete sich einfach nicht", sagt Sondermann. Spätöffnungen seien auch sehr vom Standort abhängig. Im Lebensmitteleinzelhandel gebe es jetzt aber wieder den Einkauf bis Mitternacht.

Der EinzelhandelDer Einzelhandel in Bonn und der Region hält eine mögliche Verkürzung der Ladenöffnungszeiten auf 22 Uhr für unproblematisch. "Wir würden uns nicht groß dagegen wehren", sagt Uwe Stephan, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen. Die langen Öffnungszeiten hätten sich nicht als Erfolgsmodell erwiesen: "Es ist kein Ruck durch die Landschaft gegangen." Nur ganz wenige Handelskonzerne nutzten die jetzige Regelung voll aus. "Wir denken auch an die Mitarbeiter", sagte Stephan. Bei den verkaufsoffenen Sonntagen gibt es laut Stephan noch Diskussionsbedarf. "Unsere Händler haben hierzu ganz unterschiedliche Meinungen." (js)

Das gilt zumindest für die Rewe-Gruppe. Seit etwas über einem Jahr gibt es in ausgewählten Rewe-Märkten die Spätöffnungen. Bei zwei Supermärkten an den Kölner Ringen hatte das Unternehmen die Erfahrung gemacht, dass Kunden erst kurz vor dem Verkaufsende um 22 Uhr in die Märkte gekommen sind. Die Märkte hätten dann erst eine halbe Stunde später schließen können, erläutert eine Sprecherin.

Deshalb habe der Konzern getestet, ob die Kunden auch bis 24 Uhr einkaufen wollen. Offenbar wollen sie. Immer mehr Rewe-Märkte schließen erst um Mitternacht.

Das gilt zumindest für die Großstädte. "Tendenziell weiten sich die Öffnungszeiten in der Nahversorgung in den Zentren der Städte und in den Vierteln aus", erklärt Karl-Heinz-Will, Geschäftsführer des Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes Aachen-Düren-Köln. In Kleinstädten hat außer einem Supermarkt von Rewe, Hit oder Kaufland aber oft kein weiteres Geschäft bis 22 Uhr geöffnet - auch in Einkaufszentren nicht. Auf dem Land schließen die Geschäfte spätestens um 20 Uhr abends, mittwochs sogar mittags.

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Die Öffnungszeit bis 22 Uhr sei nicht mehr wegzudenken, heißt es bei der Rewe. Das gilt auch für Penny, den Discounter der Gruppe. Andere Handelsunternehmen sehen das anders. Aldi und Lidl schließen um 20 Uhr die Türen zu. Selbst in Köln machen die Märkte der Handelsgruppe Edeka meist um 20 Uhr dicht, einer hat bis 22 Uhr geöffnet. Im Südwesten der Republik wären die Geschäfte oft länger offen, sagt eine Sprecherin.

23.40 Uhr bei Rewe-City in Köln-Nippes: Ein junges Pärchen bezahlt einen Tannenbaum. Hätten sie den nicht auch noch später kaufen können? "Das ist ein spontanes Mitbringsel für eine Geburtstagsparty", meint der Mann. Ansonsten ist jetzt eher das Tankstellen- und Kiosk-Sortiment gefragt. Auch kurz vor Mitternacht kommen noch Kunden. "Wir könnten auch bis zwei geöffnet haben", sagt ein Angestellter.

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