Digitale Projektoren Eine technische Revolution für die Kinos

BONN · Das Kino: Der Projektor läuft, das Bild flimmert über die Leinwand. Doch von wegen Flimmern. Was die Zuschauer in immer mehr Häusern zu sehen bekommen, ist makellos. Keine grüne Streifen und Kratzen im Bild, kein plötzliches Piepen im Ton.

Was auf den ersten Blick gar nicht so auffällt: Hier hat eine technische Revolution begonnen. Nicht nur in Bonn überlegen sich die Betreiber, wann sie ihre Kinos digitalisieren lassen. Doch das gibt es nicht umsonst, auch wenn Fördertöpfe bereit stehen. "Das wird die Bonner Kinolandschaft verändern", sagt Filmfreund Harald Becker, der das Freilichtmuseum Kommern bei der Errichtung eines Dorfkinos unterstützt und dafür auf der Suche nach alten Filmrollen ist.

Doch die dürften in Zukunft immer rarer werden, da der klassische Filmstreifen von der Festplatte abgelöst wird. Becker fürchtet schon ein großes Kinosterben in diesem Jahr, denn die Umrüstung pro Leinwand kostet schnell mal 70.000 Euro. Da hat das Kinopolis in Bad Godesberg schon kräftig investiert. Dort gibt es acht Vorführräume für elf Säle - und mittlerweile entsprechend elf digitale Projektoren. Sechs davon können durch einen Aufsatz mit Millionen von Spiegeln für die Polarisation ein 3-D-Bild erzeugen.

Der Zuschauer benötigt für dieses besondere Erlebnis nur eine leichte Brille. "Der erste Projektor kam zum Film “Oben„ 2009", sagt Kinopolis-Betriebsleiter Hartmut Liedtke, der zweite zum Start von "Avatar". Anstatt wie früher den bis zu 30 Kilo schweren Film auf einen Ring zu spielen, der dann über Rollen in in den Projektor surrte und wieder zurück auf einen großen Teller, muss der Vorführer jetzt nur noch den Cinelister bedienen. Der Monitor im Vorführraum zeigt "5 Freunde", "Star Wars" und die "Muppets" an.

Ein Klick löst die ganze gewünschte Programmfolge aus: Vorhang, Werbeblock, Trailershow, Licht-, Toneinstellungen und natürlich der Hauptfilm selbst. "Der Verleiher bestimmt, wo welcher Film läuft", sagt Liedtke. Wer jetzt meint, der Streifen lasse sich doch so leicht für den Rechner zu Hause kopieren, liegt falsch. "Wer die Festplatte klaut, kann nichts damit anfangen", sagt Liedtke. Die Hardware ist auf den jeweiligen Projektor abgestimmt, dazu ist der Datenstrom verschlüsselt.

Auch das Drehwerk 1719 in Adendorf und das Cinelux in Siegburg spielen bereits digital. Stern und Filmstudio am Bonner Markt noch nicht. "Wir müssen jetzt umrüsten", sagt Rainer Otto, Geschäftsführender Gesellschafter im Woki am Bertha-von-Suttner-Platz, vielleicht sei es bis zur Europameisterschaft im Sommer erledigt. Da der Kartenumsatz im Woki entsprechend hoch ist, muss das Kino die Umrüstung selbst zahlen. "Es gibt 4400 Säle in Deutschland, davon sind 2500 schon digitalisiert", weiß Otto.

Er vermutet, dass es die Kinos auf dem Land schwer haben werden, die Umrüstung letztlich nicht stemmen können und schließen müssen. Noch ein Aspekt: Künftig sei ein "Vorführer eigentlich nicht mehr nötig". Und Kopierwerke verlieren auch ihre Aufgaben. Aber: Eine schlechte Qualität bei Bild und Ton wie letztens bei der Vorführung von "Blues Brothers" aus den 80er Jahre wird es digital nicht mehr geben. "Die Filmkopie war wohl auch so alt", sagt Otto.

Wohl noch in diesem Jahr bauen Filmbühne in Beuel und Rex in Endenich um. Beuel erhält nach Auskunft von Geschäftsführer Dieter Hertel rund 20 000 Euro von der Filmförderungsanstalt, weitere 20 000 Euro seien bei der Filmstiftung beantragt. Da der Umsatz im Rex bei mehr als 260 000 Euro (Kriterium für sogenannte Markkinos) liegt, fallen da Zuschüsse weg.

Es sei höchstens eine Förderung über die Filmstiftung möglich, die anspruchsvolle Kinos unterstützt. Dieter Hertel will in beide Häuser insgesamt 130.000 Euro investieren, in Beuel müsse eine neue Tonanlage eingebaut werden. "Bei uns im Arthaus-Kino ist 3-D eigentlich nicht interessant", sagt Hertel. Doch so manches Programmkino kam ins Grübeln, als plötzlich ein für dessen Zielgruppe gedrehter Kunstfilm dreiminsional erschien: "Pina" von Wim Wenders (2011).

"Der ist bei uns aber auch in 2-D gegangen", sagt Hertel, der neben den vielen Vorteilen auch Probleme sieht. "Die vielschichtige und einzigartige Kinokultur in Europa ist gefährdet." Und das habe auch Auswirkungen auf die Filmvielfalt. Digital hin oder her: Ins Kino zu gehen ist und bleibt ein Gemeinschaftserlebnis, findet Hartmut Liedtke. "Filme drücken Gefühle aus." Sie bieten Spaß, Spannung und auch ernste Themen. Der Filmfan freut sich nun auf "The Avengers", "Men in Black 3" und den "Kleinen Hobbit" - digital.

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