Närrisches Gipfeltreffen Die Chefs der Bonner Karnevalsvereine im großen Interview

BONN · Ein solches närrisches Gipfeltreffen kommt selten zustande, und das auch noch vor Beginn der Session. Die Chefs der drei großen Bonner Karnevalsvereine sprechen über die Zukunft des Brauchtums und die richtige Würze bei den Sitzungen. Der GA sprach mit Thomas Janicke (Bonner Ehrengarde), Roman Wagner (Wiesse Müüs) und Ralf Wolanski (Bonner Stadtsoldaten).

Eher eine Pflichtveranstaltung: Der Bonner Rathaussturm, hier 2012, lockt nicht mehr so viele Besucher an.

Eher eine Pflichtveranstaltung: Der Bonner Rathaussturm, hier 2012, lockt nicht mehr so viele Besucher an.

Foto: Barbara Frommann

Was macht ein Karnevalist in der langweiligen, alaaf-losen Zeit?
Thomas Janicke: Für einen Kommandanten gibt es eine solche Zeit nicht. Ich habe heute auch schon den ganzen Tag für die Ehrengarde gearbeitet, unser Magazin und das Oktoberfest müssen vorbereitet werden.
Roman Wagner: Es geht nach dem Motto: "Nach der Session ist vor der Session". Wir überlegen uns immer schon direkt nach Karneval die Dramaturgie der nächsten Sitzungen. Für 2015 sind alle Künstler schon im September gebucht worden. Eine karnevalslose Zeit kenne ich nicht, schon allein wegen des wirtschaftlichen Drucks für den Verein. Man muss auch viel rumreisen, um dem Nachwuchs eine Chance zu geben. Es wird nie langweilig.
Ralf Wolanski: Es gibt vielleicht eine karnevalslose Zeit, aber keine vereinslose Zeit. Wir kriegen die Kameraden schon beschäftigt, wenn sie beschäftigt werden wollen. Und wenn ein Karnevalist auch außerhalb der Session feiern möchte, findet er schon seine Gelegenheit dazu.

Der Bonner Rathaussturm am Karnevalssonntag ist langweilig, lustlos und selten witzig. Die Leute bleiben aus. Was muss sich ändern?
Wagner: Das ist für mich eine Pflichtveranstaltung, da ist keine Musik drin. Wir Müüs stehen da nur im Block und schießen Luftschlangen. Ich könnte mir das aber wie eine Freilichtbühne vorstellen: Prinz und Bonna müssen Aufgaben erfüllen, Karnevalsakteure könnten auftreten. Die Leute brauchen was zu feiern.
Wolanski: An dem Tag ist woanders in der Stadt viel los, es laufen zum Beispiel die Züge in Godesberg und LiKüRa. Das Problem ist, dass wir auf der einen Seite die Tradition, die bis aufs Jahr 1872 zurückgeht, wahren wollen, zum anderen aber etwas bieten müssen. Wir können auch nicht alles bezahlen. Man kann über vieles nachdenken. So wollen wir auch mehr noch das Sessionsmotto aufgreifen.
Janicke: Wir haben beobachtet, dass immer weniger Leute kommen. Die Kosten sind hoch, der Umsatz sinkt. Hält einem die Tradition finanziell den Hals zu, dann muss man mit ihr brechen. So wird unser Biwak nicht mehr so groß werden. Bisher gab es mit der Ehrengarde und den Stadtsoldaten zwei Lager. Das zerschneidet aber den Marktplatz. Der Rathaussturm muss eine Veranstaltung werden, an der sich auch der Festausschuss Bonner Karneval und die Stadt beteiligen.

Drei große Bonner Karnevalsvereine. Freund oder Feind?
Unisono: Freund!
Wolanski: Es gibt zwischen den beiden Traditionscorps einen Wettbewerb, man misst sich.
Janicke: Ja, das ist eine gesunde Konkurrenz.
Wagner: Man muss aber vom Konkurrenzdenken wegkommen. Ich freue mich auch immer über das Programm der anderen.

Sie haben in einem Brief kritisiert, dass der Festausschuss Bonner Karneval die Vereine an die Wand spielt. Was ist daraus geworden?
Janicke: Der Umgang mit den kleineren Vereinen lässt sich ja jetzt nicht so gut beurteilen...
Wagner: Wir haben im Präsidium kontrovers diskutiert. Da soll das Thema auch bleiben.
Wolanski: Wir haben viele Punkte klären können.

Was machen Sie, damit die Sitzungen wieder peppiger werden und mehr Leute kommen?
Janicke: Wir veranstalten erstmalig eine Sitzung ohne Pause. Die Leute wollen keine sechs bis sieben Stunden langen Sitzungen mehr. Anschließend bieten wir eine Party im Foyer an.
Wagner: Wir haben an der Programmstruktur gearbeitet. Die Zeitabstände zwischen den Akteuren sind nun größer. Manchmal kam es vor, dass ein Künstler ohne Auftritt wieder abzog, wir ihn aber bezahlen mussten. Wir bauen auch Showeffekte wie eine Lasershow ein. Letztlich können wir uns nicht über den Zuspruch beklagen, unsere Sitzungen - besonders die beiden Mädchensitzungen - sind früh ausverkauft. Ich würde am liebsten mal eine große Sitzung mit vielen anderen Vereinen aus allen Stadtteilen organisieren.
Wolanski: Ich kann mich über die Zuschauerzahlen nicht beklagen. Wir halten auch an der Pause fest. Wir bieten jedem was, zum Beispiel auch die Seniorensitzung und das Festival in der Bonner Innenstadt. Als neues Format haben wir "amuse jeck", eine Sitzung mit Vier-Gänge-Menü. Da sehe ich Potenzial.

Wo findet der Bonner Sitzungskarneval statt, wenn die Beethovenhalle saniert wird?
Unisono: Er wird sich wohl ins Hotel Maritim verlagern.
Wagner: Es wird nach der Session ein Gespräch geben. 2015 wird wohl noch alles normal laufen. Ich finde ansonsten den WCCB-Saal nicht so gut.

Wie feiern wir Karneval 2033?
Wolanski: Ich gehe davon aus, dass es die Stadtsoldaten noch geben wird. Ich hoffe, dass der Trend nicht weiter in Richtung Party und Alkohol geht.
Wagner: Wir wollen die klassischen Formate - mit einem modernen Anstrich - bewahren. Das Brauchtum verlangt das und wird auch so bedient. Das zu bewahren, ist aber eine schwere Aufgabe.
Janicke: Ich hoffe auch, dass nicht alles in Richtung Ballermannkarneval abwandert und es den Sitzungskarneval auch noch geben wird.

Jecke Termine in der Session 2014

  • Donnerstag 9. Januar, 19.30 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst zur Eröffnung der Session in der Münster-Basilika
  • Freitag, 10. Januar, 18.30 Uhr: Proklamation von Prinz und Bonna, Beethovenhalle
  • Samstag, 11. Januar, 15.30 Uhr: Proklamation des Kinderprinzenpaares, Aula der Bernhardschule, Auerberg
  • Sonntag, 19. Januar, 14 Uhr: Verleihung des Mäuseordens, Springmaus-Theater, Endenich
  • Freitag, 7. Februar, 18.30 Uhr: Sternmarsch der Traditionscorps, Innenstadt
  • Dienstag, 11. Februar, 19.30 Uhr: Bönnsche Leeder (Karnevalshits von früher), Gasthaus "Im Stiefel", Bonngasse
  • Samstag, 22. Februar, 12 Uhr: 14. Bonner Karnevalsfestival der Bonner Stadtsoldaten, Festzelt Münsterplatz
  • Dienstag, 25. Februar, 14 Uhr: Tanzfestival der Kinder, Zelt auf dem Münsterplatz
  • Mittwoch, 26. Februar, 16.30 Uhr: "Loss mer singe für Pänz", Zelt auf dem Münsterplatz
  • Sonntag, 2. März, 12 Uhr: Sturm auf das Alte Rathaus, Marktplatz
  • Montag, 3. März, 12 Uhr: Rosenmontagszug in der Innenstadt

Sitzungen

  • Samstag, 18. Januar, 16.30 Uhr: Wiesse Müüs, Beethovenhalle
  • Samstag, 1. Februar, 17 Uhr: Ehrengarde, Bürgersitzung, Beethovenhalle
  • Freitag, 14. Februar, 19 Uhr: Honigsmöhne, Jubiläumssitzung 125 Jahre, Brückenforum Beuel
  • Sonntag, 16. Februar,16.30 Uhr: Bonner Stadtsoldaten, Gala-Prunk-Sitzung, Beethovenhalle

Loss mer singe

  • Donnerstag, 16. Januar, 20 Uhr: Blootsbröder und Cat Ballou, Gaststätte "Im Stiefel", Bonngasse
  • Dienstag, 28. Januar, 20 Uhr: Manni Lohmer und Stephan Baur, "Sonja's", Friedrichstraße
  • Donnerstag, 6. Februar, 20 Uhr: Die Butterflys und Labbesse, Gaststätte "Zur Rheinbrücke", Konrad-Adenauer-Platz 2, Beuel
  • Donnerstag, 13. Februar, 20 Uhr: Rheinländer und Jot Drop, Wirtshaus "Salvator", In der Sürst 5.
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