Anrufer bedroht "bonnorange"-Mitarbeiterin Der Winterdienst-Frust eskaliert

BONN · Seit mehr als einer Woche hält der Winter Bonn im Griff. Das scheint bei dem einen oder anderen Spuren hinterlassen zu haben. "Wenn Sie nicht sofort einen Streuwagen schicken, komme ich mit der Pistole vorbei." Mit diesen Worten hat ein Bürger jetzt eine Mitarbeiterin der Stadt Bonn bedroht.

"Die Frau war so geschockt, dass sie leider den Hörer fallengelassen hat", sagte "bonnorange"-Geschäftsführer Olaf Schmidt auf Anfrage. Glück für den damit anonymen Anrufer, denn sonst wäre ihm eine Strafanzeige des neuen städtischen Tochterunternehmens gewiss gewesen.

Dieser Vorfall, der Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch zu einer scharfen Pressemitteilung veranlasste, wird sicher auch Thema sein bei einem Treffen, das sich nach GA-Informationen am Freitag um die Winterdienst-Erfahrungen der vergangenen Tage dreht.

Denn da lief vieles nicht rund. So ergab eine kleine Umfrage des GA, dass die Zufahrten zur Uni-Klinik Bonn, zum Waldkrankenhaus in Bad Godesberg und zum Malteser-Krankenhaus auf dem Hardtberg sehr spät geräumt wurden. "Jedem sollte klar sein, dass diese Straße frei sein muss, zumal bei uns mit dem Marienhospital gleich zwei Krankenhäuser betroffen sind", sagte Magdalena Nitz von der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums.

Der bonnorange-Chef kann die Kritik an der Erreichbarkeit der Kliniken verstehen, sagt aber auch: "Wir können nicht alle Steigungsstrecken zuerst räumen." Und selbst da, wo ein Fahrzeug 40 Gramm Salz pro Quadratmeter abgelassen habe, reiche ein Zentimeter Neuschnee aus, um die Arbeit zunichte zu machen.

"An den neuralgischen Punkten kommen wir aber erst nach vier Stunden wieder vorbei, und das war an jenem Tag das Problem", so Schmidt. Die Krankenhauszufahrten würden jetzt sofort geräumt - was im früheren Amt für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft der Stadt Bonn eigentlich Usus war.

Schmidt, den die Beschwerden keineswegs kalt gelassen haben, betont noch einmal, dass auch in der seit 1. Januar geltenden neuen Rechtsform "die gleichen Leute, die gleiche Finanzierung, die gleichen Pläne" gelten würden. Das aber stimmt nach GA-Recherchen nur bedingt - was nur bedingt an bonnorange liegt. Ein Blick ins GA-Archiv belegt, dass das damalige Amt im Dezember 2003 auf mehr als 30 Streufahrzeuge, Schneepflüge und Räumgeräte zurückgreifen konnte. "Ich habe 20 zur Verfügung, davon sind einige mehr als 20 Jahre alt", sagt Schmidt nun. Zehn Fahrzeuge scheinen also seitdem nicht ersetzt worden zu sein.

Interessant ist auch, dass 2003 im Falle eines Falles bis zu 150 städtische Mitarbeiter im Einsatz waren. Möglich machte das die Winterdienstanweisung, wonach zusätzliche 50 Mitarbeiter aus dem Amt für Stadtgrün und dem Tiefbauamt abgezogen werden konnten - zum Streuen, Kehren, Räumen. Die Anweisung gilt immer noch, trotzdem kommt bonnorange nur auf 129 Kräfte: 127 "eigene" Mitarbeiter (123 von der Straßenreinigung und vier aus der Abfallwirtschaft) plus zwei Leihmitarbeiter (Kraftfahrer vom Tiefbauamt).

Angesprochen auf die Differenz meint Schmidt: "Die Mitarbeiter des Amtes für Stadtgrün müssen erst ihren eigenen Anliegerpflichten nachkommen." Also Gehwege und Flächen an städtischen Liegenschaften sichern. Die Organisation scheint eine Frage zu sein, die personelle und technische Ausstattung der Stadt-Tochter eine andere.

Am Donnerstag waren bonnorange-Autos von 4 Uhr an unterwegs, um die Nebenstrecken nach und nach zu räumen. "Wir sind dazu nicht verpflichtet, müssen nur verkehrswichtige und gefährliche Stellen bedienen", so Schmidt. Wer weiteren Handlungsbedarf sieht, kann sich bei bonnorange unter Tel. 0228/775577 melden.

Das sagt OB Nimptsch_
"Wir haben offenbar einzelne Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren winterbereiften Autos ohne Probleme und gut gelaunt in den Winterurlaub auf nicht geräumten Alpenstraßen fahren, die sich aber sofort über nicht schnell geräumte Straßen in Bonn beschweren. Und wir haben offenbar auch einzelne Bürgerinnen und Bürger, die fröhlich im Urlaub mit Winterstiefeln durch Alpendörfer gehen, die aber nicht akzeptieren wollen, dass sie in der Fußgängerzone Bonns Schnee vorfinden."

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