Klaus-Peter Gilles im Interview Der Stadtwerke-Chef über Sparbemühungen, Investitionen und Schulnoten

BONN · Klaus-Peter Gilles ist seit Oktober 2010 Vorsitzender der CDU-Fraktion im Bonner Stadtrat. Weniger bekannt ist, dass Gilles auch seit zwei Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Bonn GmbH (SWB) ist, nachdem er die Wahl im Aufsichtsrat gegen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch gewonnen hatte. Im Interview analysiert der 62-Jährige die aktuelle Situation und vergibt sogar eine Schulnote an die Stadtwerke.

 Der starke Mann im Aufsichtsgremium der Stadtwerke Bonn GmbH: Klaus-Peter Gilles.

Der starke Mann im Aufsichtsgremium der Stadtwerke Bonn GmbH: Klaus-Peter Gilles.

Foto: Barbara Frommann

Vor zehn Jahren prognostizierte man ein Stadtwerke-Sterben, das Bonner Unternehmen sollte verkauft werden. Heute gibt es die Stadtwerke Bonn immer noch. Wie kommt's?
Klaus-Peter Gilles: Es war damals die Zeit großer Konzentrationen, auch in der Energiewirtschaft. Und es gab die Sorge, dass die Stadtwerke Schwierigkeiten haben könnten, mit den großen Energieversorgern mitzuhalten. Ich persönlich habe diese Sorge damals nicht geteilt. Allerdings war ich der Meinung, dass wir die Kooperation in der Region und mit den hier agierenden Akteuren verstärken sollten. Die CDU hat übrigens damals den Verkauf abgelehnt.

Also war es die richtige Entscheidung, dem Verkauf nach Köln nicht zuzustimmen?
Gilles: Ja, es war aus damaliger und rückblickend auch aus heutiger Sicht die richtige Entscheidung. Was wir allerdings nach wie vor brauchen, ist eine Stärkung der regionalen Zusammenarbeit mit einem entsprechenden Ausbau von Kooperationen. Die Rahmenbedingungen hierfür haben sich für uns verbessert.

Die Stadtwerke haben neun Geschäftsführer. Sind das zu viele?
Gilles: Die Holding selbst hat drei Geschäftsführer, im gesamten Konzern sind es neun. Man kann durchaus kritisch hinterfragen, ob wir diesbezüglich richtig aufgestellt sind. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich dies in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen so entwickelt hat. Unterhalb der Holding gibt es viele verschiedene Sparten, mit ganz unterschiedlichen Aufgaben und Verästelungen, in denen Geschäftsführer teilweise in Personalunion arbeiten. Ich persönlich lege Wert auf eine zentrale Steuerung des SWB-Konzerns im Interesse des Eigentümers, der Stadt Bonn. Das ist in der Vergangenheit etwas aus dem Blick geraten.

Was passiert mit dem Vertrag von MVA-Geschäftsführer Manfred Becker, der jetzt zur Verlängerung ansteht? Bekommt Becker eine Gehaltserhöhung von 30.000 Euro?
Gilles: Ich schätze Herrn Becker und seine Arbeit als Geschäftsführer der Müllverbrennungsanlage. Wir sollten versuchen, ihn zu halten. Zwar nicht nach der Devise "Koste es, was es wolle", sondern zu fairen Bedingungen für beide Seiten. Die Verträge aller SWB-Geschäftsführer nicht nur hinsichtlich der Vergütung, sondern auch in Bezug auf die sonstigen Vereinbarungen sollten nach einheitlichen, nachvollziehbaren und transparenten Kriterien festgelegt werden und sich in einen Gesamtrahmen einpassen. Hier gibt es aus meiner Sicht noch Handlungsbedarf.

Warum gibt es keine grundsätzliche Deckelung von Geschäftsführer-Gehältern?
Gilles: Klar ist, dass es vernünftige Obergrenzen geben muss, die sich an branchenüblichen Vergleichswerten orientieren. Maßgebend ist aber letztlich der Gesamtaufwand, der in einem Unternehmen für die Geschäftsführung entsteht. Auch hierfür gibt es Kennwerte. Was nutzt eine Deckelung von Geschäftsführer-Gehältern, wenn dann auf der anderen Seite die Zahl der Geschäftsführer erhöht wird?

Früher musste die Stadt die Stadtwerke mit Zuschüssen in Millionenhöhe unterstützen, seit vorigem Jahr lautet die Vorgabe, dass die Stadtwerke alleine klar kommen müssen. Ist das überhaupt möglich?
Gilles: Das ist ein schwieriger Anpassungsprozess, der auch noch nicht ganz abgeschlossen ist. Noch sind wir nicht bei der geforderten schwarzen Null, aber wir wollen und müssen da sehr schnell hinkommen. Das geht aber nicht ohne die aktive Mitwirkung der Arbeitnehmer. Ich freue mich, dass die Bereitschaft, den Weg der Konsolidierung mitzugehen, vorhanden ist.

Gleichzeitig gibt es viele Investitionen, zum Beispiel in ein neues Heizkraftwerk Nord, in neue Rolltreppen, den Digitalfunk und Videoanlagen in Bussen. Wie verträgt sich das mit dem Zwang zum Sparen?
Gilles: Investitionen müssen sein. Sie müssen allerdings so erfolgen, dass sie einen nachvollziehbaren Beitrag dazu leisten, das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Ob und inwieweit das der Fall ist, wird im Einzelfall geprüft, denn Fehlinvestitionen wollen und können wir uns nicht leisten. Die Investitionen sind im Regelfall darauf gerichtet, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Insofern steht dies auch nicht im Widerspruch zum Sparzwang.

Sind 80 Millionen Euro für den Neubau des Heizkraftwerks Nord gerechtfertigt?
Gilles: Der Aufsichtsrat entscheidet über ein solches Projekt nicht ohne eine fundierte Investitionsrechnung, mit der die Wirtschaftlichkeit belegt werden muss. Der Ausbau des Heizkraftwerks dient dazu, die Strom-Eigenerzeugung deutlich zu erhöhen. Eine kluge Entscheidung, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen nach Fukushima mit dem Atomausstieg Deutschlands. Mittelfristig streben wir übrigens eine Eigenproduktionsquote von 90 Prozent an, inklusive entsprechender Beteiligungen, zum Beispiel an Windkraftanlagen (derzeit rund 30 Prozent, Anm. d. Red).

Die Stadtwerke sind nicht gerade als Billiganbieter von Energie bekannt. Bleibt das so?
Gilles: Stadtwerke können nicht als Billiganbieter auftreten, weil sie dem von der Politik geforderten Prinzip der Nachhaltigkeit folgen. Das Beispiel Teldafax wollen wir in Bonn nicht. Die Frage ist, ob wir unter den Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, konkurrenz- und wettbewerbsfähig sind. Ich bin der Auffassung, dass die Rahmenbedingungen für uns gut sind und wir alle Chancen haben, uns am Markt zu behaupten.

Ist der öffentliche Nahverkehr in Bonn gut genug aufgestellt?
Gilles: Es wurden und werden viele Maßnahmen umgesetzt, um die Sicherheit und Bequemlichkeit für die Fahrgäste zu verbessern. Die Stichworte Rolltreppen und neue Anzeigetafeln sind nur ein kleiner Ausschnitt eines umfangreichen Maßnahmenbündels. Wir haben in Bonn ein gutes Nahverkehrssystem und ein für unsere Größe überragendes Angebot. Daran wollen wir festhalten.

Dabei gibt es in der Stadt nicht mal einen vernünftigen Busbahnhof in der Innenstadt...
Gilles: Ja, da müssen wir etwas tun. Aber das ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die wir zusammen mit der Stadtverwaltung bewältigen müssen.

Was ist aus dem Plan geworden, aus der SWB-Zentrale auszuziehen und die Gebäude durch große Ladenketten zum Einkaufsparadies umzubauen?
Gilles: Das Projekt hat sich nicht zuletzt wegen der Entscheidung, auf den Abriss der Beethovenhalle zu verzichten, auf absehbare Zeit erledigt. Insofern stellt sich jetzt auch nicht mehr die Frage, ob eine Verlegung der Zentrale wirtschaftlich zu rechtfertigen wäre. Inzwischen haben die Stadtwerke in ihre Bestandsgebäude investiert und sie auf Vordermann gebracht.

Gibt es bei den Stadtwerken ein neues Wir-Gefühl anstatt der früheren Trennung zwischen den Sparten Energie und Nahverkehr?Giilles: Ich kenne den Vergleichsmaßstab nicht und weiß nicht, wie es früher war. Ich stehe dafür, den Konzerngedanken konsequent weiterzuentwickeln, denn nur gemeinsam sind wir stark. Dies bedingt allerdings auch ein klares Bekenntnis zu einer zentralen Steuerung des Konzerns. In diesem Sinne müssen wir auch ein neues Wir-Gefühl entwickeln. Aus meiner Sicht wird manchmal noch zu sehr in Sparten gedacht.

Wie kommen Sie eigentlich mit den Betriebsräten klar?
Gilles: Gut, ich sehe Mitbestimmung grundsätzlich positiv. Es hat bisher keine Situation gegeben, in der wir uns bei wichtigen Fragen uneins gewesen wären. Wir haben alle im Aufsichtsrat das Ziel, das Unternehmen weiter voranzubringen. Das spürt man, und das prägt den Umgang miteinander

Welche Schulnote würden Sie den Stadtwerken Bonn geben?
Gilles: Eine glatte Zwei. Aber das heißt ja nicht, dass wir nicht sehr gut werden wollen.

Zur Person: Klaus-Peter Gilles ist 62 Jahre alt, promovierter Ingenieur und Mitinhaber eines Beratungsunternehmens. Seit 1999 gehört der gebürtige Kölner dem Bonner Rat an, war viele Jahre finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und ist seit 2010 Fraktionschef. Gilles ist Vater von drei erwachsenen Kindern.

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