CoJoBo-Internat: Missbrauchsopfer leiden noch immer

Auch mehr als 50 Jahre nach den sexuellen Übergriffen eines sadistischen Internatspaters des Collegium Josephinum leiden die Opfer unter den Folgen. So heißt es im Zwischenbericht des Leverkusener Amtsgerichtsdirektors Hermann-Josef Merzbach.

Bonn. Auch mehr als 50 Jahre nach den sexuellen Übergriffen eines sadistischen Internatspaters des Collegium Josephinum leiden die Opfer unter den Folgen. So heißt es im Zwischenbericht des Leverkusener Amtsgerichtsdirektors Hermann-Josef Merzbach über die Missbrauchsfälle am ehemaligen Kolleginternat ( der GA berichtete) über einen heute über 60-Jährigen: "Seine Gefühlslage übermannt das Opfer immer noch auch über die folterähnlichen Züchtigungsmaßnahmen."

Doch gleichzeitig muss der frühere Internatsschüler lesen, wie der Täter auch nach Bekanntwerden des Skandals auf der Homepage des Redemptoristenordens gefeiert wird: Der 1986 verstorbene Pater habe "in großer Treue und Frömmigkeit" als Lehrer und Gruppenpräfekt in diesem und einem anderen Ordenskolleg 27 Jahre "für die Kirche dem Dienst des Herrn geweiht". 27 Jahre lang durfte er in der Erziehungsarbeit des Ordens unbehelligt agieren.

Beim zweiten mutmaßlichen Haupttäter aus den Reihen des Ordens - einem von 1962 bis 1968 am Collegium tätigen Pater, der Jugendlichen auch pornografische Schriften aufzwang -, den der Zwischenbericht nennt, seien die Taten ebenfalls "von erheblicher strafrechtlicher Relevanz".

Die Opfer plagten bis heute große Scham und Probleme etwa in Partnerschaften mit Frauen, obwohl sie "unzählige Therapiestunden" hinter sich haben, hat Richter Merzbach ermittelt. Immerhin verzeichnet der Orden auf seiner Homepage im Nachruf auf den 1988 verstorbenen Pater "Misshandlungen an Schülern." Die waren laut Zwischenbericht schon 1968 am Collegium aufgeflogen.

Der Mann wurde versetzt - aber keineswegs, wie der externe Ermittler hofft, "in ein neues Umfeld, wo der Pater nicht wieder mit Kindern in Berührung kam", sondern nach GA-Informationen 1968 wieder an eine Aachener Redemptoristenschule.

Keine Abstriche in seinem Ordensweg hat wohl auch der dritte von Merzbach ermittelte und heute noch lebende tatverdächtige Pater machen müssen. Der "folterähnlichen Befragung" zur Sexualität und "einer unglaublichen Verhöhnung vorpubertierender Kinder" habe sich dieser Mann in den 1960er Jahren schuldig gemacht und damit junge Menschen aus der Bahn geworfen. Und obwohl das Kolleg damals von Eltern informiert worden sei, verließ der Mann nach GA-Informationen erst 1969 das Internat und stieg in die Gemeindemission ein - und wieder in Kontakt mit jungen Christen.

"Ja, dieser Pater ist heute noch in Bochumer Gemeinden aktiv, betreibt aber keine ausgesprochene Jugendarbeit", bestätigt der Pressesprecher der Kölner Redemptoristenprovinz, Pater Ulrich Behlau. Er wolle zwar die "pädagogische Hilflosigkeit" dieses Bruders nicht beschönigen, "aber die Taten der beiden Verstorbenen, das war eine andere Dimension, das waren absolute Verbrechen."

Ob der Orden den "Empfehlungen und Wünschen" der Opfer, die eine lückenlose Aufklärung und öffentliche Aufarbeitung, therapeutische Beratung und finanzielle Hilfe bei Therapien erwarten, nachkommen wolle und ein direktes Gespräch mit Kolleg und Opfern führen werde, dazu könne der Orden derzeit noch "nichts Spruchreifes" sagen, so der Sprecher. "Dass zu tätiger Reue auch gehört, dass es halt teuer für uns wird, ist aber klar."

Wo Therapiekosten "in überschaubarem Bereich" anfielen, sei eine Finanzierung vorstellbar. Die Redemptoristenspitze habe sich diesbezüglich unlängst mit anderen Orden zum Austausch in Sankt Augustin getroffen. "Aber wir sollten den Beratungen des bundesweiten Runden Tische nicht vorgreifen."

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