Bonns Polizei gibt Quote für Knöllchen vor

Ein Computer-Programm listet die Zahl der verteilten Strafzettel auf - Vergleich aller Dienstgruppen

Bonn. Verwirrung um die so genannte Knöllchen-Quoten-Liste der Polizei: Nachdem Polizeidirektor Gerd Baltes bestritten hatte, dass es Vorgaben gebe, wie viele Verwarngelder in der Behörde erhoben werden müssen, erfuhr der GA jetzt, dass die Zahl der festgestellten Verkehrsverstöße - wie nicht angelegte Gurte, das Missachten roter Ampeln oder technische Mängel an Fahrzeugen - sehr wohl gezählt würden und Vorgesetzte entsprechend handelten.

Und das in allen Wachen des Präsidiums und für jede der jeweils drei Dienstgruppen. Um das zu steuern, wird "FISPol", das Führungs- und Informations-System der nordrhein-westfälischen Polizei, benutzt.

Es handelt sich um eine Web-basierte Software, die von jedem Arbeitsplatz im Intranet der Polizei erreicht werden kann. FISPol dient der Informationsgewinnung und -steuerung und stellt Zahlen zur Verfügung. Allgemein und auch speziell. So bei Verwarngeldern, Verkehrsvergehen und Ordnungswidrigkeiten.

Die Belege darüber werden nach GA-Informationen auf den Wachen in einem Körbchen abgelegt und in FISPol eingegeben. Daraus entsteht eine Statistik. Nach Angaben eines Polizeibeamten wird sie für jedes Dienstdrittel in jeder Wache der Behörde erstellt. So könnten die Dienststellenleiter und andere Führungsleute erkennen und vergleichen, welche Dienstgruppen die meisten, beziehungsweise die wenigstens Knöllchen schreibt. Und das monatlich.

Wie der GA weiter erfuhr, gibt es Teams für Sonderaufgaben, im Polizeijargon SA-Trupps genannt. Sie bestehen aus bis zu zehn Beamten und "fahren nur raus, um Knöllchen zu schreiben", sagt ein Streifenpolizist. Selbst wenn es einen aktuellen Einsatz gäbe, blieben die Kollegen beim Strafzettel-Sammeln. Weil sie es müssten.

Gerd Baltes, Leiter der Inspektion Nord-Ost, zu der neben den Stadtbezirken Bonn und Beuel auch Königswinter und Bad Honnef gehören, hatte auf Anfrage gesagt: "Es gibt keine Vorgaben, wie viele Verwarngelder erhoben werden müssen, sondern lediglich Orientierungswerte. Wir wollen, dass die Beamten hinsehen und nicht wegschauen."

Angesprochen auf FISPol, äußerte sich am Donnerstag Polizeisprecher Harry Kolbe: "Wir verfolgen nachdrücklich alle Verkehrsvergehen, vor allem die Hauptunfallursachen wie Geschwindigkeit und falsches Abbiegen." Wenn eine Dienstschicht nur wenige Knöllchen verteile, sei das augenfällig.

Kritik gibt's von den Beamten, die täglich auf der Straße unterwegs sind. Einer sagt: "Die Polizei ist nun mal kein Wirtschaftsunternehmen. Deshalb kann man es auch nur bedingt mit Zahlen reglementieren." Knöllchen seien der Behörde wichtig. Dass aber in einer Wache in Bonn in der Nacht zum Teil nur zwei Streifenwagen im Einsatz seien, offenbar nicht.

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