Bonns berühmtester Baum liegt am Boden

Eis und Schnee haben die Dicke Eiche im Kottenforst gefällt. Das Naturdenkmal bleibt an seinem alten Platz.

Bonns berühmtester Baum liegt am Boden
Foto: Holger Willcke

Röttgen. "Wir waren sozusagen perdu", erzählte Norbert Happ und war sichtlich gerührt. Der pensionierte Revierförster nahm am Montagnachmittag Abschied von Bonns wohl bekanntestem Baum: der Dicken Eiche.

Der mehr als 250 Jahre alte Koloss hat die schweren vereisten Schneemassen nicht mehr tragen können und ist am Montag der Länge nach umgekippt.

"Vor 55 Jahren stand ich als Forstlehrling neben der Eiche. Schon damals war es ein stattlicher Baum, der Charakter ausstrahlte. Wir sind uns in meinen Dienstjahren bis 2003 oft begegnet und haben uns angefreundet", berichtete Happ. Aber so sei es nun mal: Auch der Lebensweg eines Baumes endet irgendwann.

Die Dicke Eiche ist berühmt, in Büchern verewigt. Sie ragte fast 30 Meter hoch in die Luft und hatte einen Durchmesser von mehr als zwei Metern. Laut Happ ist sie die älteste und dickste Eiche im ausgedehnten Waldgebiet des Kottenforstes und stand in der Nähe des Jägerhäuschens.

Der stattliche Baum wurde schon vor vielen Jahren zu einem Naturdenkmal erklärt. Das Kuratorium alte liebenswerte Bäume in Deutschland fand im Jahre 1993 im damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert einen Baumpaten für die monumentale Eiche.

Eine entsprechende Gedenktafel weist heute noch auf die Berühmtheit des Waldriesen hin. Was wird nun aus dem bekannten Naturdenkmal, das die Stadt sogar in ihrer Amtlichen Straßenkarte eingezeichnet hat? Wolfgang Bongardt, als Revierförster Nachfolger von Norbert Happ: "Wir lassen die Eiche an ihrem angestammten Platz liegen und übergeben sie der Natur."

Will heißen: Pilze, Insekten und Würmer werden den Holzstamm über die Jahre zersetzen. Was übrig bleibt, ist ein Substrat für unglaubliche Lebensfülle. Die naturnahe Waldwirtschaft sieht solche Prozesse sogar vor: Totholz besitzt ungeahnte Dynamik und ist Spender für neues Leben.

Das wird schon nach wenigen Jahren sichtbar sein, wenn die ersten Pilze aus dem knorrigen Stammholz wachsen. Aus holzwirtschaftlicher Sicht ist der Baum nicht mehr nutzbar. Weder zum Bau von Möbeln noch für Brennholz eignet sich die morsche Eiche. Norbert Happ und Wolfgang Bongardt wollen nun dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW vorschlagen, den Waldriesen auf Hölzern aufzubocken, damit der nasse Waldboden die Fäulnis nicht zusätzlich beschleunigt.

"Dann haben nachfolgende Generationen noch etwas von dem Baum, eine Art Naturschule", so Happ.

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