Nach zehn Jahren als Direktionsleiter Bonns oberster Polizist geht in Pension

Bonn · 1977 startete Helmut Pfau seine polizeiliche Karriere bei der Kripo, der er lange Jahre treu blieb. 2009 wechselte er die Sparte und wurde Direktionsleiter im Bonner Präsidium. Am 31. Oktober hat er seinen letzten Arbeitstag.

 Helmut Pfau vor dem Präsidium in Ramersdorf: Hier hat er gemeinsam mit Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa, die keine Polizeibeamtin ist, die Behörde geleitet.

Helmut Pfau vor dem Präsidium in Ramersdorf: Hier hat er gemeinsam mit Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa, die keine Polizeibeamtin ist, die Behörde geleitet.

Foto: Benjamin Westhoff

Dass aus Helmut Pfau einmal der Chef der Schutzpolizei werden würde, dass er mit Leib und Seele für Wachen, Einsatzhunderschaft, Leitstelle und Diensthundestaffel verantwortlich sein würde – das hätte er selbst am wenigsten gedacht. Denn eigentlich hatte der 62-Jährige, der an diesem Donnerstag in Pension geht, seine polizeiliche Laufbahn der Kripo gewidmet. „Es war eine völlig neue Aufgabe“, erinnert sich Pfau. Der Wechsel sei ein Sprung ins kalte Wasser gewesen. „Aber es hat mir sehr gut getan. Ich habe mich inhaltlich, fachlich und gedanklich neu aufgestellt.“

Im Sommer 1977 – kurz vor dem deutschen Herbst, in dem die RAF das Land mit terroristischen Anschlägen in Atem hielt – fing der gebürtige Westerwälder bei der Polizei an. Bei der Kripo in Wuppertal machte er seine Ausbildung, nach drei Jahren ging es nach Mönchengladbach, dann nach Bonn. Es folgten Stationen in Münster, Köln, Siegburg und dem Rhein-Erft-Kreis - immer bei der Kripo. Bis Juli 2009. Damals wechselte er die Sparte. Und ging zur Schutzpolizei.

Bereut hat er den Schritt nie. „Ich habe noch nie so nahe zum Dienst gewohnt wie jetzt“, sagt Pfau, der mit seiner Frau in Thomasberg lebt. Sohn, Schwiegertochter und Enkelin allerdings hat es – sehr zum Leidwesen des Großvaters – nach München verschlagen. „Die Funktion in Bonn hat mir sehr gelegen“, so der 62-Jährige, dessen Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz rund 700 Mitarbeiter zählt. „Ich musste viel Neues lernen, konnte aber auch viel gestalten.“ So wurde unter seiner Führung die Leitstelle neu aufgestellt, im Wach- und Wechseldienst wurden neue Schichtmodelle etabliert. „Die Situation der Wachen hat sich stark verbessert“, sagt Pfau. Früher, als der Verlust des Hauptstadtstatus gleichzeitig ein Abspecken der Polizeibehörde bedeutete, sei es „furchtbar“ gewesen. „Zehn bis 15 Jahre lang hatten wir keinen jungen Nachersatz.“ Die Folge: Überalterung, Überstunden, viele Krankheitstage. Das, so Pfau, „hat sich verbessert“ (siehe Artikel „Entwicklung“). Mehr Personal sei nötig gewesen. Denn durch eine neue Arbeitszeitverordnung müssen nun mehr Beamte eingesetzt werden, um die gleiche Leistung wie vorher zu bringen – unter anderem sind längere Pausen vorgeschrieben.

So wichtig das Organisatorische auch sei: „Das Salz in der Suppe waren die Einsätze“, sagt der 62-Jährige. Der NRW-Tag und die Afghanistankonferenz 2011 etwa, die Besuche von Gauck und Steinmeier, die Außenministerkonferenz der G20 oder auch die Weltklimakonferenz COP 23. Doch seine Zeit in Bonn – in den letzten drei Jahren als Stellvertreter von Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa – war nicht nur von positiven Ereignissen geprägt. In Erinnerung geblieben ist der 5. Mai 2012. Damals hatten gewaltbereite Islamisten die Polizei brutal angegriffen, nachdem die rechte Gruppierung Pro NRW an der damaligen Fahad-Akademie mit Mohammed-Karikaturen provoziert hatte. „Das geht uns allen nicht aus dem Kopf“, sagt Pfau. „Es war der schlimmste Einsatz, den ich hier hatte.“ Im Nachgang wurde er nicht nur intern aufbereitet. Pfau übernahm die Verantwortung, entschuldigte sich bei den Polizisten und stellte sich mit Brohl-Sowa der Öffentlichkeit. Ein Novum. „Es war mit ein Bedürfnis, für die Fehler einzustehen“, so Pfau. Wohl auch deshalb hat ihm die Hundertschaft verziehen -- „was mich sehr berührt hat“. Bis heute.

Der 5. Mai sollte nicht der einzige Tiefpunkt bleiben. Die Ereignisse im November 2018, als Julian Rolf auf dem Weg zu einem Schießtraining von der Kugel aus der Dienstwaffe eines Kollegen im Nacken getroffen wurde und an den Folgen starb, „waren die Katastrophe schlechthin – für die Behörde und für mich“, sagt Pfau. Er setzte wie nach dem 5. Mai 2012 - auch in diesem Fall auf die Nachbereitung. Wie es so weit kommen konnte, war eine Frage. Wie die Trainings strukturiert werden, um so etwas zu verhindern, eine andere.

Nun übergibt Pfau an seinen Nachfolger, Kölns Vizekripochef Andreas Koch. Und muss sich neu orientieren. Neben Lesen, einem Englischkurs, Besuchen in München und Kraftsport wird auch (weiterhin) Musik eine Rolle spielen. Hard Rock, um genau zu sein. Collective Soul oder Black Stone Cherry sind einige seiner Favoriten. „Je älter ich werde, desto härter kann es sein“, sagt Pfau. Und lächelt.

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