Bonner Gericht wertet tödlichen Stoß als Unfall

Radfahrerin wurde von Bus überrollt - Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung

Bonner Gericht wertet tödlichen Stoß als Unfall
Foto: Max Malsch

Bonn. Als freier Mann konnte Nedal H. am Donnerstagnachmittag das Bonner Landgericht verlassen. Nach nur zweitägiger Verhandlung wurde der 29-jährige Syrer vom Schwurgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung rechtskräftig verurteilt.

Der Haftbefehl wurde aufgehoben. Laut Urteil ereignete sich am Abend des 27. August 2005 auf der Kennedybrücke ein Zusammenstoß zwischen dem Fußgänger und einer Fahrradfahrerin, den die Kammer als "Unfall" einstuft. Durch die Unachtsamkeit des teilweise auf dem Radweg gehenden Angeklagten stürzte die 76-Jährige unter einen Linienbus, wurde von dessen rechten Hinterrädern überrollt und starb noch an der Unfallstelle ( der GA berichtete).

Einen vermeintlich absichtlichen Todesstoß - die Staatsanwaltschaft hatte den Beschuldigten wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt - konnten die Richter dem 29-Jährigen nicht nachweisen. Nedal H. ging mit einem Bekannten von Beuel Richtung Innenstadt, wobei die beiden Männer ins Gespräch vertieft waren.

Zum Verhängnis wurde der entgegenkommenden Radfahrerin, dass der Angeklagte nicht auf den Verkehr achtete. Erst als die Frau direkt vor ihm auftauchte, wurde sie von H. bemerkt. "Er erschrak und nahm die Hände zur Abwehr nach vorn", so der Vorsitzende Richter Udo Buhren.

Auch wenn es keine absichtliche Handlung gewesen sei, so habe der Syrer "durch fehlende Sorgfalt" die Kollision herbeigeführt. Ausdrücklich wies die Kammer darauf hin, dass die Radfahrerin "keine Chance hatte, auszuweichen". Auch der Busfahrer, welcher den Unfall zunächst nicht bemerkt hatte, habe das Unglück nicht verhindern können. Dass der Beschuldigte absichtlich gehandelt habe, lässt sich laut Urteil trotz der belastenden Aussagen zweier Augenzeugen, die in dem Bus saßen, nicht "mit erforderlicher Sicherheit feststellen".

Es sei davon auszugehen, dass die Zeugen zwar den subjektiven Eindruck eines absichtlichen Schubsens gehabt haben. Sie seien aber vermutlich erst durch den Sturz auf das Geschehen aufmerksam geworden. Auch der Staatsanwalt hatte auf fahrlässige Tötung plädiert, sprach sich allerdings neben einer Bewährungsstrafe für eine Zahlung von 5 000 Euro an die Hinterbliebenen aus.

Diesem Antrag folgte die Kammer nicht. Nach sechs Monaten im Gefängnis freute sich der Angeklagte, nun zu seiner Familie nach Syrien reisen zu können. In seinem Schlusswort hatte er sich noch einmal bei den Angehörigen entschuldigt.

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