Codesatz „Ist Luisa hier?“ Kneipen bieten Frauen auch an Karneval Schutz bei Übergriffen

Bonn · Mit einem Codesatz können Frauen darauf aufmerksam machen, wenn sie bedrängt werden. Sie werden in einen separaten Bereich der Kneipe geleitet. Dann wird überlegt, wie es weitergeht.

 Antonio steht im Bla hinter der Theke. Die Kneipe beteiligt sich an der Kampagne.

Antonio steht im Bla hinter der Theke. Die Kneipe beteiligt sich an der Kampagne.

Foto: Benjamin Westhoff

Ein Kölsch an der Theke, ein flüchtiges Lächeln und beim nächsten Hit wird gemeinsam geschunkelt. Spätestens Weiberfastnacht startet auch wieder der Kneipenkarneval. Manchmal wird die ausgelassene Stimmung jedoch missverstanden. So manch ein Jeck wird aufdringlich, macht eine zweideutige Bemerkung oder eine unangemessene Berührung. „Jede Frau hat das Recht zu feiern oder zu flirten. Aber keine Frau muss sexuelle Übergriffe ertragen“, sagt Conny Schulte von der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Bonn.

Einigen Frauen fällt es allerdings schwer, sich aus solchen Situationen selbstständig zu befreien. Mit der einfachen Frage „Ist Luisa hier?“ können sich Mädchen und Frauen in einigen Kneipen Hilfe holen. Wenn dieser Codesatz fällt, weiß das Personal sofort, was zu tun ist. Die Frau wird dann in einen separaten Bereich der Kneipe gebracht, und gemeinsam wird überlegt, was die Betroffene nun braucht: ein Taxi nach Hause, einen Anruf bei einer Freundin oder auch die Polizei.

Mit dem Projekt beteiligt sich Bonn an einer bundesweiten Präventionskampagne gegen sexualisierte Gewalt. Wie viele Frauen in der Stadt bisher nach Luisa gefragt haben, kann Schulte nicht genau sagen. „Wir erhalten keine Rückmeldung von den Gastronomen. Aber in unsere Beratungsstelle kommen immer wieder Frauen, die in einer Kneipe belästigt worden sind.“

Derzeit haben sich verschiedene Kneipen in Poppelsdorf sowie einige in der Altstadt dem Projekt angeschlossen. Aber: „Wir wünschen uns, dass noch viel mehr mitmachen“, appelliert Schulte an die örtlichen Gastronomen. „Wir erhoffen uns mehr Resonanz. Denn es ist wichtig, dass wir Signale setzen und Frauen vermitteln, dass sie hier sicher sind“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle.

Gerade im Karneval würden Grenzen schnell mal überschritten. „Dazu trägt sicher auch der Alkohol bei“, so Schulte. Typisch ist auch, dass Frauen nach einem Zwischenfall oft die Schuld bei sich suchen. „Das ist absolut falsch“, betont Conny Schulte. „Jede Frau darf ausgelassen feiern und ein Kostüm ganz nach ihrem Geschmack tragen. Der Karneval ist kein Freibrief für sexuelle Übergriffe.“

Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa setzen ebenfalls ein Zeichen gegen sexuelle Belästigung. „Unsere gemeinsame Kampagne läuft nun bereits im dritten Jahr, und genau wie zu Beginn ist es mir wichtig, meine ganz klare Haltung dazu auszudrücken: Belästigung, Übergriffe und Gewalt sind inakzeptabel! Wir als Stadtgesellschaft tolerieren diese nicht und betonen erneut – Nein heißt Nein!“, sagt Oberbürgermeister Sridharan. Gemeinsam mit der Bonner Polizeipräsidentin ruft er die Bonner dazu auf, hinzusehen, zu helfen und klar zu machen, dass übergriffiges Verhalten im Karneval – und selbstverständlich auch darüber hinaus – nie geduldet wird.

Mitarbeiter des Stadtordnungsdienstes, der Feuerwehr und der Polizei verteilen an den tollen Tagen zudem Informationskärtchen der Kampagne „Nein heißt Nein!“. Das Motto ist in sechs Sprachen aufgedruckt: Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Arabisch und Türkisch. Neben Hinweisen wie „Schaffen Sie Öffentlichkeit, werden Sie laut!“ und dem Rat, sich an die Polizei, den Ordnungsaußendienst oder die Feuerwehr zu wenden, sind auch die Kontaktdaten von Notfall-Ansprechpartnern in Bonn und der Region aufgelistet.

Der Festausschuss Bonner Karneval ist ebenfalls wieder mit im Boot. Ihm wurden bereits zum Karnevalsauftakt im November 4 000 dieser Kärtchen übergeben, um sie an die Mitgliedsvereine weiter zu verteilen. Die Kärtchen werden außerdem bei der After-School-Party des Amtes für Kinder, Jugend und Familie an Weiberfastnacht auf dem Münsterplatz ausliegen und auch die ambulante Suchtberatungsstelle von Caritas und Diakonie unterstützt die Aktion an ihrem Event-Sprinter.

„Am liebsten wäre es mir, wir müssten diese Botschaft nicht immer wieder senden, doch noch können wir leider nicht darauf verzichten“, ergänzt Sridharan. „Aus Gesprächen mit unserer Gleichstellungsstelle weiß ich, dass die Kampagne einen Effekt hat – das stimmt mich zuversichtlich“, so der OB weiter.

Weitere Hinweise zu dem Luisa-Hilfsprojekt in Kneipen sowie eine Aufstellung der in Bonn beteiligten Lokalen gibt es im Internet auf der Seite: www.luisa-ist-hier.de.

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