Antiquariatsmarkt im Brückenforum Zahlreiche Unikate wechselten ihren Besitzer

BEUEL · Je ein Silbergroschen kostete seinerzeit die wöchentlich erschienene Fortsetzung des Romans "Waldröschen" von Karl May aus den 1880er Jahren. Antiquar Michael Melzer präsentiert am eigenen Stand die insgesamt 109 Kapitel in gebundener Form und damit ein echtes Einzelstück.

 Filigranarbeit: Maik Beckmann (links) und Nico Hullmann aus Bochum geben am eigenen Stand Einblick in die Kunst der Restauration.

Filigranarbeit: Maik Beckmann (links) und Nico Hullmann aus Bochum geben am eigenen Stand Einblick in die Kunst der Restauration.

Foto: Max Malsch

Das war nur eines von vielen beim ersten Bonner Antiquariatsmarkt "Rhein-Antiquaria", die sich im Beueler Brückenforum als wahre Fundgrube für eifrige Sammler und neugierige Stöberer entpuppte. An dem Markt beteiligten sich 30 Antiquariate aus Bonn, Düsseldorf, dem Ruhrgebiet und Hamburg.

Der Duft alter, vielgelesener Klassiker, dicker Gedichtbände, Atlanten, Ansichtskarten und verblasster Comics kitzelt beim Betreten des Brückenforums in der Nase, der Raum ist gefüllt mit aneinandergereihten Bücherregalen und Ausstellungstischen.

Besucherin Anna hält ein Kinderbuch in den Händen. "Doktor Dolittle - Geheimnisvoller See" ist ein potenzielles Geschenk für die Enkel. "Meine Liebe zu Kinderbüchern entstand aus dem eigenen Älterwerden", erzählt sie.

Behutsam befreit Bernhard Scierski "Lütte. Geschichte einer Kinderfreundschaft" von seinem Schutzumschlag. "In einem solchen Zustand bekommen Sie dieses Buch nirgendwo mehr", weiß der Antiquar aus Erdmannhausen. Offizielle Autorin ist Herti Kirchner, eine gute Freundin Erich Kästners. Da der Schriftsteller zu Zeiten des Nationalsozialismus Schreibverbot hatte, wird vermutet, dass das Buch von ihm stammen könnte.

"Früher haben die Kinder Zeichnungen nach dem Ausmalen ausgestanzt und das restliche Buch dann weggeworfen", sagt Michael Melzer und blättert in einem vollständig erhaltenen Exemplar aus den 20er Jahren voller kämpfender Indianer aus dem Wilden Westen. "Das wurde über Jahrzehnte in einem Schreibwarenladen in der Schublade vergessen. In privaten Haushalten findet man so etwas nicht mehr." Dass die europäischen Grenzen 1760 noch etwas anders verliefen als heute, verrät ein selbst gebundener Kupferstichatlas.

Besucher Rolf Schniedermann sucht nach verschiedenen Versionen der Deutschlandfahne auf alten Ansichtskarten und Material zur Deutschen Revolution von 1848. Angetan haben es ihm ein Exemplar mit Bismarck, umringt von Landeswappen und eine Ansichtskarte mit dem Antlitz Kaiser Wilhelms II.

"Wir sind ein bisschen die Exoten hier", findet Helga Baumann und schaut sich um. Mein Mann und ich haben keinen eigenen Laden, wir haben unsere privaten Bestände mitgebracht." Neben einer Fülle an Gedichtbänden mit Werken von Goethe, Schiller oder Dürrenmatt gibt es am Stand der Baumanns auch Grafiken von Alfred Kubin.

"Wir kaufen in der Regel, was uns irgendwie anspricht, was zu uns passt. So ist einiges zusammengekommen", lacht sie. "Ich liebe es einfach, wenn Bücher wunderbar gebunden sind. Die kann man sich auch so ins Regal stellen, bloß weil sie toll aussehen." Auch bei einigen Kunden frage sie hin und wieder mal nach: "Möchten Sie das als Deko, oder wollen Sie die auch wirklich lesen?"

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