"Fünf Freunde" im Jungen Theater Vier Freunde und ein Spürhund

BEUEL · Gedämmtes Licht, der Geruch von Holz, eine noch spartanisch ausgestattete Bühne und fünf junge Darsteller, die an der Inszenierung von Enid Blytons "Die fünf Freunde erforschen die Schatzinsel" feilen.

 Keine Berührungsängste: Gustavo (v.l.), Maxim, Hündin Svenja, Oscar, Louise.

Keine Berührungsängste: Gustavo (v.l.), Maxim, Hündin Svenja, Oscar, Louise.

Foto: Max Malsch

Die Geschwister Julian, Richard und Anne besuchen ihre Cousine Georgina auf Kirrin Island, so die Geschichte, die auf der Bühne des Jungen Theaters in der Hermannstraße gerade zum Leben erwacht. Es sind ungewöhnliche Proben, denn die Gruppe hat Zuwachs bekommen.

"Wer mag bloß dieser Tim sein?", fragt Anne, gespielt von der elfjährigen Maxim. "Tim ist ein echter Spürhund", erklärt Louise in der Rolle von Georgina, dem Mädchen, das eigentlich lieber ein Junge sein möchte und deshalb nur George genannt wird. Der Hund ist ihr innigstes Geheimnis und einziger Freund, den sie vor ihrer Familie verstecken muss. "Eines Tages hatte er ein Manuskript meines Vaters in der Schnauze. Der ist völlig ausgerastet und Tim musste weg", berichtet sie ihrer entsetzen Cousine und den Cousins.

Die Gruppe probt derzeit im Jungen Theater Beuel, diesmal mit Hündin Svenja, die Techniker und Bühnenbildner Karl Lienkamp (33) gehört. "Ich habe Svenja 2005 aus Griechenland mitgebracht, sie hatte schon einen kurzen Gastauftritt in Pünktchen und Anton", erzählt Lienkamp. "Dieser erste Auftritt war richtungsweisend, da so eine große Menschenmenge enormen Stress für das Tier bedeuten könnte". Doch der erste Einsatz verlief reibungslos. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten für das Junge Theater: Es ist das erste Mal, dass ein Tier in diesem Umfang an den Proben teilnimmt.

Probe mit Hündin Svenja fällt nicht schwer

Im Kontakt mit den jungen Schauspielern ist Svenja sehr handzahm, tatsächlich fällt auch den jungen Darstellern die erste Probe mit der Hündin nicht schwer. Abwechselnd proben die Kinder ihre Dialoge, dann kommt die Hündin zum Einsatz und die Szene wird zu fünft geprobt. Dabei gibt es keinerlei Berührungsängste, Svenja ist in das Team der jungen Darsteller integriert worden. "Tim ist immer dafür, wenn's ums Essen geht", stellt George fest und prompt versucht Tim, dem 14-jährigen Gustavo in der Rolle von Julian die Eiswaffel zu abzuluchsen.

Dabei dürfte ihr Appetit gestillt sein, nach jeder gelungenen Aktion erhält sie eine Belohnung. Intendant Moritz Seibert (48) und die 20-jährige Regieassistentin Kendra Schürdt beobachten die Szene, geben immer wieder wichtige Tipps und Anregungen. Hier wird schnell deutlich, dass Theater spielen und auch die Regieführung echte Detailarbeit ist. "Bleibt zusammen, damit eure Verbindung als Geschwister deutlich wird", ruft Seibert. Betonung, der richtige Einsatz im richtigen Moment, die Positionierung auf der Bühne oder sogar die kleinste Kommasetzung - hier wird mit viel Mühe und Fleiß an Feinheiten gearbeitet.

Die Proben laufen seit einer Woche, jedoch fällt auf, dass die Kinder bereits sehr textsicher sind. Der elfjährige Oscar in der Rolle des Spaßvogels der Gruppe erklärt das so: "Mir fällt es leicht, den Text durch das Spielen in den Proben zu lernen, aber natürlich gehe ich meinen Teil vorher in Ruhe durch".

Als "sehr zeitintensiv" beschreibt Regieassistentin Schürdt die Proben. "Die Kinder haben in den letzten drei Wochen der Ferien fast jeden Tag für vier Stunden geübt und die Proben ziehen sich noch weitere zwei Wochen in die Schulzeit". Jede der Rollen ist doppelt besetzt, geprobt wird getrennt voneinander. Nur Hündin Svenja ist bei allen Aufführungen im Einsatz. Auf die Frage, wie sich dieses Pensum mit der Schule vereinbaren ließe antwortet der 14-jährige Gustavo: "Wir werden von der Schule für Vormittagstermine freigestellt, aber das versäumte holen wir natürlich nach", erzählt der Schüler, der nach den Sommerferien die neunte Klasse der Christopherusschule Königswinter besuchen wird.

Das Stück transportiert eine aktuelle Botschaft: Toleranz

Insgesamt besteht das Team des Jungen Theaters aus 30 festen Mitarbeitern, neben neun erwachsenen Schauspielern gehören dazu Positionen in der Technik und Verwaltung. "Genau 394 Zuschauer finden im Theater Platz", weiß Oscar. Die Premiere wird am Samstag, 5. September, stattfinden. Dann wird "Die fünf Freunde erforschen die Schatzinsel" uraufgeführt.

Das Stück transportiert eine Botschaft die aktueller ist denn je: Es geht um Toleranz. Georgina möchte als Junge wahrgenommen werden und steht damit stellvertretend für alle, die in der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Intendant Seibert betont: "Werte zu vermitteln, ist die ureigenste Funktion von Theaterstücken."

Und so durchbricht George immer wieder das Klischeedenken. Sie übernimmt neben Julian durch ihren Mut und ihre Willensstärke zeitweise eine Führungsposition. Die zwölfjährige Louise Buhl hat sich sogar ihre Haare für die Rolle kurz schneiden lassen. "Mir macht das Verändern Spaß, und dass ich immer wieder in neue Rollen schlüpfen kann", sagt sie. Die Rolle von George spielt sie trotzig, beinahe frech, was das Werk lebendig werden lässt.

Aber auch die anderen Talente des Jungen Theaters wurden passend für ihre Rollen ausgesucht. Gustavo wirkt in den Pausen genauso planvoll und abgeklärt wie auf der Bühne in der Rolle des großen Bruders. Souverän gibt er oft die Marschroute vor. Oscar ist als Richard für die Lacher zuständig und hat sichtlich Spaß am Theaterspielen. Maxim feiert mit "Die fünf Freunde" Bühnenpremiere in der Rolle von Anne. Als rollenkonformes Mädchen ist sie diejenige, die dafür sorgt, dass die Gruppe nichts unüberlegtes unternimmt.

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