Tanzen mit Rheinblick in Bonn Tango unter freiem Himmel in Beuel

BEUEL · Jeden Dienstagabend treffen sich bis zu 100 Tänzer auf dem Platz am Bahnhöfchen. Das Pflaster wird zuvor mit Kernseife präpariert.

Die untergehende Sonne taucht die Szenerie in ein fast unwirkliches Licht, während sich der Platz am Flussufer immer weiter füllt. Jemand zündet kleine Laternen an, die die Tanzfläche umschließen, und aus dem Lautsprecher einer mitgebrachten Musikanlage ertönen sehnsuchtsvolle lateinamerikanische Klänge. Die ersten Tangueros und Tangueras drehen ihre Runden über das improvisierte Pflaster-Parkett.

Nein, wir befinden uns nicht am Ufer des Rio de la Plata, und die Stadt, deren Silhouette im Abendlicht im Hintergrund schimmert, heißt auch nicht Buenos Aires, sondern Bonn. „Eine solche Atmosphäre zum Tango-Tanzen wie hier in Beuel findet man in Deutschland wohl kein zweites Mal“, glaubt nicht nur Bernd Karsten. Der Selbstständige organisiert seit ein paar Jahren die Tangoabende, die jeden Dienstag bis zu hundert Tänzer an das Beueler Rheinufer zwischen „Bahnhöfchen“ und Kennedybrücke ziehen.

Das Treffen gibt es seit 16 Jahren

Die Veranstaltung gibt es mittlerweile seit 16 Jahren, und Karsten hat die Organisation vor fünf Jahren von einem argentinischen Paar übernommen, das damals aus Beuel weggezogen ist. Wobei zum Glück wenig zu organisieren ist, wie er findet: „Ich habe seinerzeit bei der Stadt angerufen und nachgefragt, ob wir eine Genehmigung benötigen würden, und mir wurde sehr sympathisch beschieden, dass es egal sei, ob wir auf dem städtischen Platz laufen, hüpfen oder tanzen würden“, erinnert er sich.

Schonender als die Tänzer kann man einen öffentlichen Platz eigentlich auch kaum benutzen: Die Musik ist gedämpft, die meisten Tänzer sind mit ihrer Passion derart beschäftigt, dass sie kaum Zeit zum Reden haben. Entsprechend ruhig geht es zu.

Wer kommt, der kommt

„Wir sind eines der wenigen Paare, die eigentlich nur hier tanzen“, erzählen Gabi und Udo Bayer. „Nicht bei den eleganten Leuten in Köln und auch nicht bei den guten Tänzern in Wuppertal. Die Bonner Tangoszene ist klein, aber fein, kann nicht mit den vielen schicken Treffs der Domstadt oder der Qualität des Tangoepizentrums Wuppertal mithalten. Dafür beneiden uns alle um diesen Ort“, meinen die Lehrerin und der Architekt im Ruhestand.

Ein Laptop, ein Paar Lautsprecher, die Laternen und 50 Stück Kernseife – das sei alles, was man für einen solchen Tangoabend benötige, so Karsten. Die Kernseife mahlt der Organisator vorab zu groben Flocken, mit denen er das Pflaster bestreut: „Der Boden ist natürlich zum Tanzen nicht ideal, mit den Flocken geht es aber ganz gut“, meint er. Selbstverständlich kehre man die Reste am Ende des Abends sorgfältig zusammen und entsorge sie.

Eine Besonderheit ist, dass der Tanzabend ohne Organisation im engeren Sinn auskommt: Es gebe zum Beispiel keine Mailinglisten oder Ähnliches: „Wer kommt, der kommt“, sei das Motto. Jeder fasse mit an, wo es nötig sei, bringe mal Sitzkissen oder auch etwas zu trinken oder zu essen mit. Oder lege ein paar Euro in die Spendendose.

Wer mittanzen möchte, ist herzlich willkommen, sollte aber bereits über Grundkenntnisse verfügen: Treffpunkt ist bei gutem Wetter jeden Dienstagabend um halb acht auf dem kleinen Platz neben der Gaststätte „Bahnhöfchen“ am Beueler Rheinufer.

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