Evangelische Kirchengemeinde Oberkassel Streit um Pfarrer Anders

OBERKASSEL · Das Seelenleben vieler Oberkasseler ist in Schieflage geraten. Grund ist die Ankündigung von Jens Anders, spätestens zum Oktober 2014 die Evangelische Kirchengemeinde Oberkassel zu verlassen. Grund: Zu diesem Termin läuft sein auf zehn Jahre befristeter Anstellungsvertrag als Pfarrer aus.

Fast hatte sich die Gemeinde schon mit der Entscheidung des Seelsorgers abgefunden, als dieser Tage plötzlich Gerüchte in Oberkassel die Runde machten, Anders würde nicht freiwillig seinen Posten räumen.

Wie der GA jetzt erfuhr, soll es im Presbyterium zu einer Probeabstimmung über die Zukunft des Pfarrers gekommen sein. Ergebnis: Eine denkbar knappe Mehrheit soll sich für einen neuen Pfarrer ausgesprochen haben. Dieses Meinungsbild ist dann sehr schnell in das Ortsleben getragen worden, wohl von denjenigen, die mit dem Voting und dem Ergebnis nicht einverstanden sind.

Als dann noch durchsickerte, dass die "Dollendorfer Fraktion" die Abschiebung Anders forciert hatte, brach bei einigen Oberkasselern Gemeindegliedern Wut aus. Man muss wissen: Die evangelische Kirchengemeinde Oberkassel besteht aus den zwei Pfarrbezirken Oberkassel und Dollendorf, die jeweils mit einem Seelsorger besetzt sind.

Die Entscheidung des Presbyteriums wurde nach GA-Informationen Reinhard Bartha, Superintendent des Kirchenkreises an Sieg und Rhein, mitgeteilt mit der Bitte, zu vermitteln. Bartha soll Anders in einem längeren Gespräch nahe gelegt haben, auf eine Kampfabstimmung zu verzichten. Grund: Dieser Streit würde sowohl den Pfarrer als auch das Presbyterium beschädigen.

Anders hat sich die Worte seines Vorgesetzten zu Herzen genommen und wurde aktiv: Auf der Internetseite der Gemeinde und später auch im Gemeindebrief erklärte er den Gläubigen aus Oberkassel und Dollendorf, dass er 2014 die Gemeinde verlassen wird. Grund: Er suche eine neue Herausforderung als Pfarrer an anderer Stelle.

Mit der Reaktion der Gemeindeglieder hatten wohl weder Pfarrer, Presbyterium noch Superintendent gerechnet. Protestschreiben, Leserbriefe an den General-Anzeiger und eine Unterschriftenaktion sollen das Presbyterium zum Umdenken zwingen. Anders soll bleiben. Die Vorsitzende des Presbyteriums, die Dollendorfer Pfarrerin Anne Kathrin Quaas, machte gegenüber dem GA deutlich, dass das Presbyterium zu dieser Personalangelegenheit in der Öffentlichkeit nicht Stellung beziehen wird.

Nur so viel ließ sie wissen: " Mit großem Respekt nehme ich die Entscheidung meines Kollegen zur Kenntnis und wünsche ihm alles Gute für die Zukunft." Kein Satz des Bedauerns, kein Wort zur Leistung Anders in den zurückliegenden Jahren.

Auch der Superintendent wollte in einem Gespräch mit dem GA zur Entscheidung des Presbyteriums nicht viel sagen. Es sei ein basisdemokratisches Verfahren. Ein Presbyterium würde nun mal darüber entscheiden, wer in der Gemeinde Pfarrer sein darf. So habe die Landeskirche das geregelt. Dann wurde Bartha doch etwas deutlicher: "Pfarrer Anders hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Er ist ein sehr guter Seelsorger, von dessen Arbeit ich überzeugt bin.

Kein Mensch schafft es, bei allen Gemeindegliedern gleich beliebt zu sein." Und wenn sich eine Mehrheit zusammengetan habe, die gegen Anders sein, müsse man das respektieren. Anders sei zu einer Zeit Pfarrer in Oberkassel geworden, als die Landeskirche nur Zehn-Jahres-Zeitverträge vergeben habe. "Dadurch sollte die Fluktuation in den Gemeinden erhöht werden", so Bartha. Von dieser Regelung habe sich die Landeskirche aber wieder verabschiedet.

"Die Gemeinde in Oberkassel wittert jetzt etwas. Aber es gibt nichts zu entlarven, weil dieser Vorgang ganz normal ist. Ein Arbeitsvertrag läuft aus und wird nicht verlängert. Mehr steckt nicht dahinter", sagte Bartha dem GA. Eine Gemeindeversammlung soll nun im November darüber entscheiden, wie es mit der Besetzung der Pfarrerstelle weitergeht.

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