Kirchenmusik in Beuel Singen als "Wellness" vor Ostern

HOLZLAR · Für Brigitte Linden aus dem Sopran ist der Dienstagabend "Wellness pur". Tenor Karl-Heinz Solda dagegen sieht "schon noch ein Stückchen Arbeit bis zur Ostermesse" auf die Sänger zukommen. Ein paar Augenblicke später herrscht Ruhe und Konzentration im Pfarrheim der katholischen Gemeinde Christ König in Holzlar. Die Probe des Kirchenchores hat begonnen.

 Intensive Probenarbeit: Chorleiterin Bettina Ostenrath bereitet sich mit den Sängern auf Ostern vor.

Intensive Probenarbeit: Chorleiterin Bettina Ostenrath bereitet sich mit den Sängern auf Ostern vor.

Foto: Max Malsch

Das ist nicht selbstverständlich, ist doch vielerorts der klassische Kirchenchor fast schon ein Auslaufmodell. Die Bindungskraft von Kirchenchören lasse seit Jahrzehnten nach, Freizeitangebote würden mit der regelmäßigen Probenarbeit und den Auftritten an Feiertagen konkurrieren, familiäre und berufliche Pflichten hätten vor allem für Leute um die 40 Vorrang vor der sängerischen Leidenschaft, meint Bettina Ostenrath. Sie muss es wissen, leitet sie doch seit 15 Jahren höchst erfolgreich den Kirchenchor in Holzlar.

Hat sie ein Geheimrezept, warum in ihrem Ort die Uhren anders ticken? "Nein", sagt Ostenrath, "das gibt es nicht. Aber es gibt ein Zusammenspiel von Faktoren, die in der Summe das Singen im Kirchenchor attraktiv machen."

In ihrer Wirkungszeit hat sich die Zahl der Sänger mehr als verdoppelt, was die Chorleiterin auch auf die guten Rahmenbedingungen der katholischen Kirchengemeinde zurückführt. Christ König sei eine relativ große und stabile Gemeinde in Bonn mit grundsätzlich sehr hoher Bereitschaft zum Engagement der Mitglieder. Aber natürlich ist eben auch der Einsatz der Chorleiterin entscheidend, die ihr Handwerk von 1989 bis 1993 in Görlitz und später in Köln erlernt hat.

"Man darf die Sänger nie unterfordern und nie überfordern", lautet das Credo von Ostenrath. Grundsätzlich müsse der Chor immer an neuen Herausforderungen wachsen. Genau deshalb darf nach Ansicht der 40-Jährigen ein Kirchenchor auch nicht zum Repertoirechor verkommen, der jahrelang immer dieselbe Literatur singt und damit auch noch jeden potenziellen Neuankömmling abschreckt.

Heterogenität der Literatur sei ein wichtiger Faktor, genauso wie die Heterogenität der Auftritte: vom liturgischen Singen in der Osternacht über große klassische Konzerte mit Publikumsrennern wie dem Händel'schen Messias bis hin zur musikalischen Gestaltung von Festen mit Gesängen zeitgenössischer Komponisten. Für jeden Sänger müsse im Laufe des Kirchenjahres etwas dabei sein. "Das ist so ziemlich das Gegenteil von der weit verbreiteten Tendenz zur Spezialisierung und projektförmigen Chorarbeit", so Ostenrath.

Wenn es schon eine Bewegung hin zu Gospelchören oder unverbindlichen Chorprojekten gebe, dann stelle sich die Frage, ob ein Kirchenchor dieser Bewegung folgen müsse. "Wer mit dem Teufel essen will, braucht nun mal einen ziemlich langen Löffel", sagt die Chorleiterin schmunzelnd.

"Wir versuchen einen anderen Weg, nämlich über ein musikalisch breites Programm und ein großartiges Chorklima den Reiz für alte und neue Sänger hoch zu halten", so die Dirigentin. So sind die gut 50 Sänger intensive Probenarbeit gewohnt; Hinweise zur Entstehungszeit, zum Komponisten und der stilistischen Aufführungspraxis werden ebenso erwartet wie das geduldige Proben der Töne.

Das setzt aber nicht nur eine entsprechend intensive Vorbereitung der Chorleiterin voraus, sondern vor allem auch die permanente Lernbereitschaft der Sänger. "Ich will niemandem etwas vormachen - das Singen in unserem Kirchenchor braucht Verbindlichkeit und Offenheit für Neues." Nach den Proben und Konzerten wird jedoch gefeiert. veh

Die nächsten Aufführungen des Kirchenchores finden am Karfreitag um 15 Uhr und in der Osternacht um 21 Uhr in der Kirche, Christ-König-Straße, statt. Die Proben sind dienstags ab 20 Uhr im Pfarrheim. Kontakt zu Bettina Ostenrath unter der Rufnummer 0228/430744 oder per E-Mail: Bettina.Ostenrath@web.de.

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