Wohnen mit Hilfe Sieben Senioren gründen eine Initiative in Pützchen

PÜTZCHEN · Wenn es nach dem Willen der Initiative "Wohnen mit Hilfe" geht, dann wird Bonn Modellstadt in Sachen lebenslanges Wohnen im Quartier. Sieben rüstige Senioren machen sich seit mehr als einem Jahr intensiv Gedanken darüber, wie man älteren Menschen in der eigenen Wohnung 24 Stunden Versorgungssicherheit bieten kann.

 Fünf von sieben Visionären (von links): Karl Meyer-Wieck, Renate Engelhard, Gerhard Seidl, Bernward Schulte und Friedrich Lötters setzen sich für die quartiersnahe Versorgung im Alter ein.

Fünf von sieben Visionären (von links): Karl Meyer-Wieck, Renate Engelhard, Gerhard Seidl, Bernward Schulte und Friedrich Lötters setzen sich für die quartiersnahe Versorgung im Alter ein.

Foto: Max Malsch

Die Idee von einer sich selbst helfenden Nachbarschaft ist nicht neu, aber die Art und Weise, wie die Initiative an die Sache herangeht, lässt selbst Sozialpolitiker und Sozialverwaltung aufhorchen.

Die Initiative hat der Bundesstadt inzwischen ein nahezu fertiges Konzept geliefert. Ort, Angebote und eine Vielfalt an Ideen haben die sieben Initiatoren bereits vorgegeben. So soll der Modellversuch in den beiden Beueler Ortsteilen Pützchen und Bech-linghoven gestartet werden.

Zentrum der quartiersnahen Versorgung ist das Sankt-Albertus-Magnus-Haus in der Karmeliterstraße, ein Seniorenzentrum in städtischer Trägerschaft. "Die Einrichtung ist ein vollstationäres Alten- und Pflegeheim. Es liegt zentral im Quartier Pützchen/Bechlinghoven, ist gewachsen, verwurzelt, bekannt im Ort und akzeptiert bei der Bevölkerung. Also: "ideal geeignet als Ausgangspunkt für unsere Idee", erklärt Gerhard Seidl, Mitglied der Initiative, in einem Gespräch mit dem GA.

Auf diesen Standort ist die Initiative unter anderem gekommen, weil das Seniorenzentrum bis 2018 wegen gesetzlicher Neuregelungen grundlegend saniert und umgebaut werden muss. "Der geplante Umbau eröffnet die Chance einer behutsamen Erweiterung zu einem Quartiersmittelpunkt, in dem weitere Dienstleistungen erbracht beziehungsweise initiiert oder angedockt werden können", erklärt Renate Engelhard von der Initiative.

Dabei denkt sie zum Beispiel an lebenslanges Wohnen in den eigenen vier Wänden, an eine 24-stündige Versorgungssicherheit durch ambulante pflegerische Angebote sowie an Möglichkeiten der hauswirtschaftlichen Versorgung und der gesellschaftlichen Teilhabe im Quartier.

Gesteuert werden sollen alle diese Angebote durch ein Quartiersmanagement. Das wiederum könnte sich dann mit vielen kleineren Fragestellungen auseinandersetzen. Beispiele: Wo ist es sinnvoll, Ausruh- und Begegnungspunkte im Ort zu errichten? Wo können Beratungsmöglichkeiten und Bildungsangebote umgesetzt werden? Wie kann im näheren Umfeld zum Albertus-Magnus-Haus ein zusätzlicher Mittagstisch angeboten werden?

"Gerade Letzteres ist für viele ältere Menschen wichtig. Sie wollen nicht in einem Pflegeheim essen gehen, sondern es müsste eigens dafür eine Art Pavillon auf dem Gelände gebaut werden. Also räumlich separat, von außen zugänglich im Sinne eines niederschwelligen Angebots", erläutert Karl Meyer-Wieck. Auch ein Nachbarschafts-Café steht auf der Wunschliste der Senioren.

Nach Auffassung der Initiative könnten zunächst ältere Menschen in Pützchen und Bechlinghoven von den Angeboten profitieren. Diese Altersgruppe der über 65-Jährigen ist in beiden Orten nach Auskunft der Vereine gut vertreten. Es sollen circa 1400 Menschen sein. Allerdings: Wenn sich das Modell eingespielt hat, sollen auch jüngere Bürger von den Angeboten des Quartiers profitieren können.

Die Initiative hat im November 2012 einen entsprechenden Bürgerantrag gestellt, der sowohl im Sozialausschuss als auch in der Bezirksvertretung Beuel auf großen Beifall gestoßen ist. Alle Parteien haben ihre Unterstützung zugesagt. "Wir wollen mit unserer Initiative nur den Anstoß geben. Jetzt sind Stadtrat und Verwaltung am Zug. Allerdings haben wir unsere Bereitschaft erklärt, ehrenamtlich beim Quartiersmanagement mitzuwirken", sagt Seidl.

Gefragt, wie sie auf die Idee mit der Initiative gekommen sind, antwortet Renate Engelhard: "Wir sind Mitglieder des Vereins Gemeinsames Wohnen im Karmelkloster, und wir wollen die Qualität in unserem Wohnviertel über die Klostermauern hinaus verbessern. Unser Wunsch ist, so lange wie möglich in unseren eigenen vier Wänden zu wohnen, aber das geht nur dann, wenn man sich gegenseitig hilft." Und diese Hilfe soll bald losgehen.

Initiative
Die Initiative "Wohnen mit Hilfe" ist aus dem Verein "Gemeinsames Wohnen Karmelkloster" entstanden. Hinter den denkmalgeschützten Mauern des ehemaligen Klosters leben 119 Menschen in historischen Gebäuden und neuen Wohnhäusern. 1998 haben zwei Architekten das 10.000 Quadratmeter große Areal im Herzen von Pützchen erworben und dort 16 Reihenhäuser, 29 Wohnungen, ein Café und zwei Büros errichtet. Ein Gemeinschaftsraum im Altbau des Klosters wurde zu 80 Prozent mit Landesmitteln finanziert. Auflage des Landes für den Zuschuss war, dass der Raum für gesellige Aktivitäten für die Allgemeinheit geöffnet werden muss.

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