Baby-Fund in Ramersdorf Säugling Paul außer Lebensgefahr

Bonn · Der in der Nacht zum Sonntag in Ramersdorf aufgefundene Säugling ist außer Lebensgefahr. Unterdessen ermittelt die Polizei wegen eines versuchten Tötungsdeliktes.

"Es ist ein süßes, niedliches Kind." Magdalena Nitz, Sprecherin des Universitätsklinikums, hat den Säugling, der Samstagnacht in einem Gebüsch an einem Fußgängerweg nahe des Schießbergweges bei T-Mobile in Ramersdorf in einem Rucksack gefunden wurde, selbst gesehen. Dem Neugeborenen, 3300 Gramm schwer, gehe es wieder gut, nachdem er stark unterkühlt gefunden worden war, sagte sie.

Nach einer Nacht auf der Intensivstation der Kinderklinik liegt der Säugling jetzt für eine Woche auf der Überwachungsstation. "Auch, weil wir die Vorgeschichte nicht kennen und nicht wissen, ob Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt wurden." Die Ärzte haben derweil dem Kind einen Namen gegeben. Er wird Paul genannt, weil er am Peter- und Paul-Tag gefunden wurde. Das Bonner Jugendamt hat bereits die Vormundschaft beantragt, über die das Familiengericht entscheidet. Erst einmal wird das Kind vermutlich in einer Kurzzeit-Pflegefamilie untergebracht, sagte eine Sprecherin der Stadt.

Bei den Passanten, die den Jungen in dem Gebüsch hörten, hat es sich um drei Jugendliche gehandelt, bestätigte Polizeisprecher Robert Scholten. Dort ist man nach Lage der Fakten der Auffassung, "dass der Junge am Samstag an dem Fußgängerweg abgelegt wurde", so Scholten. "Er hat ganz großes Glück gehabt." Auch seitens der Uni gibt es Lob. "Unsere Ärzte danken den Jugendlichen, denn sie haben das Leben des Kindes gerettet", sagte Nitz. Einen Tag länger, und das Baby wäre vermutlich tot gewesen. Das Kind war wohl gerade erst geboren. "Die Nabelschnur war frisch, wir nehmen an, es war erst einen Tag alt."

Scholten verweist auf die Stelle, wo der Junge in der regnerischen, kühlen Nacht lag. "Sie ist fernab vom Schuss." Ein Insider formuliert es so: "Dort wo der Junge abgelegt wurde, war es eher unwahrscheinlich, dass er gefunden wurde." In Betracht zieht die Polizei wohl auch, dass der Junge im Vorbeigehen ins hüfthohe Dickicht geworfen wurde.

Benutzt wird der Fußgängerweg oft als Abkürzung. "Aber sicher nicht an einem Samstag vor Mitternacht", so Scholten. Daher sei es "bemerkenswert" gewesen, dass die Jugendlichen auf den wimmernden Säugling, der im geschlossenen Rucksack lag, aufmerksam wurden und die Polizei alarmierten. "Das war vorbildlich." Weil der Junge sonst wohl gestorben wäre, steht für Robin Faßbender, Sprecher der Staatsanwaltschaft, fest, dass die Mordkommission "wegen eines versuchten Tötungsdeliktes" ermittelt.

Die Frage ist nun, wer den Jungen ausgesetzt hat. Erstaunt ist die Polizei darüber, dass sich ungeachtet der Presseberichte nur eine Handvoll Anrufer gemeldet hat. Darum suchen die Ermittler weiterhin Zeugen, die Verdächtiges beobachtet haben oder eine schwangere Frau kennen, die nun plötzlich ohne Kind lebt. Hinweise an die Telefonnummer 0228/150.

Die Hilfsangebote

In Köln, Aachen und im Ruhrgebiet gibt es Babyklappen. In Bonn setzt man seit zehn Jahren auf das Projekt "Auswege". Hier können sich Frauen beim Schwangeren-Notruf (Telefonnummer 0228/90900999) anonym beraten lassen, vertraulich entbinden und sich auch dann melden, wenn das Kind schon da ist. Seit 2004 kam es zu 15 Fällen. Zwei Frauen entbunden laut Stadt anonym, sieben gaben ihre Kinder zur Adoption frei, sechs entschieden sich für ein Leben mit dem Kind. Das Bonner Modell gilt inzwischen bundesweit, am 1. Mai 2014 trat das Gesetz zur "vertraulichen Geburt" in Kraft.

Der Fall aus Peppenhoven

Ein tragisches Schicksal hatte vor zwei Jahren die Gemüter in der Region bewegt: Am 15. Juli 2012, einem Sonntag, war die Leiche eines Neugeborenen auf dem Rastplatz Peppenhoven-Ost an der A 61 gefunden worden. Ein Lastwagenfahrer hatte laut Polizei das tote Kind um 17.30 Uhr nackt auf dem Asphalt des Parkplatzes unter seinem Fahrzeug entdeckt. Nach Obduktion des Säuglings, der später Adam genannt wurde, gingen die Ermittler von einem Tötungsdelikt aus. Bis jetzt gibt es keine Hinweise auf den oder die Täter, so Polizeisprecher Robert Scholten.

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