Kirche in Schwarzrheindorf Reliquien in St. Maria und St. Clemens ausgestellt

SCHWARZRHEINDORF · Sie fehlt in keinem Reiseführer der Region, wird in einem Atemzug mit den berühmten zwölf romanischen Kirchen Kölns genannt. Aber nicht nur Freunden romanischer und mittelalterlicher Kunst geht bei ihrem Anblick das Herz auf.

 Eine der schönsten Kirchen des Rheinlandes ist die Doppelkirche in Beuel.

Eine der schönsten Kirchen des Rheinlandes ist die Doppelkirche in Beuel.

Foto: Max Malsch

Ohne Zweifel: Sankt Maria und Sankt Clemens, die Doppelkirche von Schwarzrheindorf, ist etwas ganz Besonderes, ist selbst ein großer Schatz. Zu der idyllischen Lage am Rhein inmitten von alten Bäumen, der von außen sichtbaren kleinen Säulengalerie, den farbenfrohen mittelalterlichen Malereien im Innern samt Teilung in obere und untere Kapelle kommt nun noch ein in Gold blinkender Schatz hinzu, der erst seit einigen Wochen in der Kirche zu sehen ist.

In einem ehemaligen kleinen Abstellraum, der in die dicken Kirchenwände eingelassen ist, werden jetzt die Reliquien der Pfarrgemeinde in kostbaren Gefäßen präsentiert. Hinter der Glaswand steht etwa ein Gefäß mit Knochenpartikeln des Heiligen Clemens, dem Namenspatron der Kirche. Der vierte Bischof von Rom wurde im Jahre 97 auf Befehl Kaiser Trajans im Meer ertränkt. Seine Überreste wurden gefunden und in Rom begraben. Clemens ist daher häufig als Patron von Kirchen in der Nähe von Gewässern gewählt worden, so auch in Schwarzrheindorf.

Wie es sich für echte Schätze gehört, lagen die Reliquien und einige Behälter lange im Verborgenen. Im Tresor für liturgische Geräte. "Dort lagen sie sehr gedrängt, lediglich gesichert, mehr nicht", berichtet Friedrich Münch. Der ehemalige Professor für Kunsterziehung wohnt seit 1960 in Schwarzrheindorf und kennt die Doppelkirche und die Geschichte der Pfarrgemeinde wie kaum ein anderer. Er ist froh, dass Diakon Barthel Held kurz nach seinem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren die Reliquien gefunden und vorgeschlagen hat, sie den Gläubigen und Besuchern der Kirche zu präsentieren.

Wie Friedrich Münch erzählt, haben die Reliquien im Leben der Gläubigen in Schwarzrheindorf nicht immer ein Schattendasein gefristet. Die erste Reliquie erhielt die erst 1868 gegründete Pfarrgemeinde von ihrem Pfarrer Peter Josef Vincken geschenkt - ein winziges Stück aus der Stola des Heiligen Hubertus. Der war ein ungläubiger Jäger in den Ardennen.

Als er sonntags wieder einmal auf die Jagd ging statt einen Gottesdienst zu besuchen, erschien ihm ein riesiger Hirsch mit einem Kreuz im Geweih. Hubertus wurde Christ und später Bischof von Lüttich, wo er 727 starb. Als Heiliger gilt Hubertus als Patron der Jäger und Beschützer der Tiere. Er wird auch als Jäger dargestellt oder mit einem Buch, mit einem Bild des Geweihs.

"Am Hubertustag, am 3. November, hat der Pfarrer damals das Zeigegefäß mit der Reliquie während der Messe auf den Altar gestellt", erzählt Friedrich Münch. Nach der Messe gab es ein paar Segensworte, und der Pfarrer tippte den Gläubigen mit dem Gefäß an die Stirn. In Schwarzrheindorf wurden dann zusätzlich die Hubertusbrötchen verteilt.

"Man aß davon nur wenig und tat den Rest den Tieren ins Futter. Das galt als Schutzmittel gegen Tollwut", sagt Münch. "Die Reliquien galten den Menschen als Zuflucht, der Segen des Heiligen sollte auf die Menschen übergehen", ergänzt Diakon Barthel Held. Ähnlich wurde mit Reliquien anderer Heiliger verfahren.

Vieles von dem scheint aus heutiger Sicht befremdlich. Friedrich Münch warnt davor, den Umgang unserer Altvorderen mit Reliquien als Hokuspokus abzutun: "Man muss die Lebensumstände der Menschen beachten. Es gab keine Medikamente. Die Menschen hatten riesige Angst vor Krankheiten, Missernten konnten Hunger bedeuten."

Erst um die Zeit des Ersten Weltkriegs verloren Reliquien in den Gemeinden an Bedeutung. Er sehe die Reliquien heute als etwas Ehrwürdiges an, weil viele Generationen an ihre Kraft geglaubt und darauf vertraut haben, sagt Friedrich Münch.

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