Kirmes in Bonn Verfahren nach Tod auf Pützchens Markt vorläufig eingestellt

Bonn · Ein 25-Jähriger musste sich nach einem tödlichen Unfall im Jahr 2017 auf Pützchens Markt vor dem Bonner Amtsgericht verantworten. Am Montag wurde das Verfahren gegen den Sohn einer Bonner Schaustellerfamilie vorläufig eingestellt.

Kollegen stellten nach dem Unfall Blumen und Kerzen an der Unglücksstelle auf.

Kollegen stellten nach dem Unfall Blumen und Kerzen an der Unglücksstelle auf.

Foto: Ulrich Felsmann

Das ging schnell: Nicht einmal eine halbe Stunde dauerte am Montagmorgen das Verfahren gegen den Sohn einer Beueler Schaustellerfamilie vor dem Bonner Amtsgericht. Gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 65 000 Euro stellte Amtsrichterin Tanja Gleesner das Verfahren gegen den 25-Jährigen vorläufig ein.

Am 13. September 2017 herrschte stürmisches und regnerisches Wetter in Bonn. Am Vorabend war die 650. Auflage der Beueler Traditionskirmes "Pützchens Markt" mit einer Rekordbeteiligung von rund 1,2 Millionen Besuchern zu Ende gegangen. Gegen elf Uhr morgens herrschte überall auf dem Gelände wieder geschäftiges Treiben, für die meisten Schausteller hatten die Abbauarbeiten bereits früh begonnen.

So auch für die Betreiber des Riesenrads: Ein 31-jähriger Wanderarbeiter aus Rumänien war auf halber Höhe des rund 55 Meter hohen Fahrgeschäfts damit beschäftigt, die sogenannte "Sonne" an der Nabe des Rades zu demontieren und am Haken eines bereitstehenden Krans zu befestigen, als er plötzlich in die Tiefe stürzte. Der Mitarbeiter verstarb nach dem Sturz aus rund 27 Metern Höhe noch an der Unfallstelle.

Der angeklagte 25-Jährige musste das Unglück aus nächster Nähe mit ansehen. Der Mann, der in der Schaustellerfamilie für die Sicherheit der Angestellten und die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und der Betriebssicherheitsverordnung verantwortlich ist, stand nun wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, dem Angestellten anstelle eines zweisträngigen nur ein einsträngiges Sicherungsgeschirr zur Verfügung gestellt zu haben, an dem obendrein eine Schutzeinrichtung defekt gewesen sei.

Verteidiger Carsten Rubarth widersprach: Der Arbeiter sei abgestürzt, weil er sein Sicherungsgeschirr erst gar nicht befestigt hatte. Abgesehen davon gehe er davon aus, dass sich der Unfall auch mit dem einsträngigen Sicherungsgeschirr hätte verhindern lassen. Details, die nun wegen der Einstellung des Verfahrens nicht mehr geklärt werden mussten: Ein geladener Zeuge und ein Sachverständiger wurden ungehört nach Hause geschickt.Weil der Angeklagte und seine Familie direkt nach dem Vorfall den Kontakt zur Mutter des Toten gesucht, die Frau persönlich in Bonn begrüßt, und ihr eine hohe Geldsumme angeboten hatten, machte die Kammer von der Möglichkeit der Einstellung Gebrauch.

Die Angehörigen des Verunglückten hatten bereits zuvor ihr Einverständnis erklärt und auch die Staatsanwaltschaft folgte dem Antrag der Verteidigung.Durch den persönlichen Kontakt hätten die Schausteller klargestellt, dass sie sich nicht nur einfach freikaufen wollten, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Andrea Soboll. "Ich denke Sie leiden schon genug unter den Bildern, die sie ja auch in echt gesehen haben", sagte Richterin Gleesner zur Begründung der Einstellung. Die gesamte Summe von 65 000 geht an die in Rumänien lebende Familie des Opfers. Eine erste Rate war bereits vor Prozessbeginn überwiesen worden; erst wenn im November das letzte Geld geflossen ist, kann das Verfahren endgültig eingestellt werden.

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