Schulbegleitung "Nicht im Sinne der Inklusion"

OBERKASSEL · Noch knapp drei Wochen. Dann steht für viele I-Dötzchen der erste Schultag an. Ein Grund zum Freuen ist das für Carolin Holter und ihren Sohn Mika im Moment nicht.

 Carolin Holter braucht auch nachmittags eine Schulbegleitung für Sohn Mika.

Carolin Holter braucht auch nachmittags eine Schulbegleitung für Sohn Mika.

Foto: Johanna Heinz

Der Sechsjährige soll die Gottfried-Kinkel-Grundschule in Oberkassel besuchen. Mika hat das Asperger-Syndrom, eine spezielle Form des Autismus. "Er kann Gefahren nicht einschätzen, wenn zum Beispiel auf dem Schulhof Kinder direkt auf ihn zurennen", sagt Holter.

Und weil er Emotionen nicht lesen kann, fällt es ihm schwer, Freundschaften zu knüpfen. Deshalb braucht Mika einen Schulbegleiter. Und weil die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern - Mikas Bruder Yannick ist zehn Jahre alt - 35 Stunden in der Woche als Sekretärin arbeitet, braucht er diese Unterstützung auch für die offene Ganztagsschule.

Deshalb sah Holter sich in den letzen Wochen und Monaten vielen Gesprächen und einem Wust an Papierkram ausgesetzt. Und noch weiß sie nicht, ob die gesamten Kosten übernommen werden. "Ich weiß nicht, wie es für Mika in der Schule und mich beruflich weitergeht."

Zunächst war das Jugendamt zuständig, das die Kosten für die Schulbegleitung komplett übernommen hätte. Doch dann wurde festgestellt, dass Mika zusätzlich an einer motorischen Störung leide.

Das Jugendamt schloss die Akte und verwies auf das Sozialamt, das nun zuständig sei. Zwar hat Carolin Holter vor einigen Tagen die Bestätigung bekommen, dass das Sozialamt einen Schulbegleiter für 22 Stunden in der Woche finanziert.

Doch es übernimmt die Betreuung am Nachmittag nur nach einem Einkommensnachweis. Je nachdem, wie der ausfällt, muss Carolin Holter für einen Teil der Kosten selbst aufkommen. "Dass bei der Finanzierung so zwischen Behinderungen unterschieden wird, ist doch ungerecht", findet die Mutter.

Das seitenlange Formular hat sie vor einigen Tagen abgeschickt. Die Betreuung am Nachmittag selbst zu finanzieren, das sei bei ihrem Gehalt nicht drin, sagt sie. "Was hier abläuft, ist ganz sicher nicht im Sinne der Inklusion."

Dass noch nicht feststehe, wie viel der Kosten für die Schulbegleitung übernommen würde, liege auch daran, dass der Antrag erst jetzt gestellt worden sei, sagte Elke Palm vom städtischen Presseamt.

Die Einkommensgrenze, ab der eine Zuzahlung verlangt wird, liege bei 2600 Euro. Außerdem würden pro Kind 256 Euro und die Miete angerechnet. Dass je nach Behinderung andere Voraussetzungen gelten, liege daran, dass mit dem zuständigen Amt auch das Gesetz wechselt.

Bei Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung greift das achte Sozialgesetzbuch (SGB), bei körperlicher oder geistiger Behinderung das zwölfte. Für die Gesetzeslage sei nicht die Bonner Verwaltung, sondern die Bundesregierung verantwortlich.

Einen Schulbegleiter der Lebenshilfe hat Carolin Holter schon gefunden. "Mika und er haben sich auf Anhieb verstanden." Doch der möchte eine volle Stelle. Ob er Mika also bei seinem Schulstart unterstützen wird, ist noch offen.

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