Industriegeschichte Loblieder auf den Beton in Oberkassel

Beuel · Klaus Großjohann hat eine neues Heft zur Oberkasseler Geschichte herausgebracht. In dieser Broschüre wird die Bedeutung des Ortes als Standort der Zementproduktion beleuchtet.

 Heimatforscher Klaus Grossjohann ist auf den Spuren der Oberkasseler Betongeschichte.

Heimatforscher Klaus Grossjohann ist auf den Spuren der Oberkasseler Betongeschichte.

Foto: Sebastian Laubert

Für den einen ist es ein ganz simpler Baustoff, für den anderen etwas, das „siegreich durch die Wolken bricht“. Beton, nüchtern betrachtet nur ein Gemisch aus Bindemittel und Gesteinskörnung, ist nicht nur bautechnisch interessant, sondern bietet auch musikalisch Inspiration.

Klaus Großjohann hat im Rahmen der „Beiträge zur Geschichte von Oberkassel und seiner Umgebung“ ein Heft herausgegeben, in dem sechs Lieder über Beton vorgestellt werden. Entstand ist die Broschüre nach einem Preisausschreiben des Deutschen Beton-Vereins aus den späten 1920er Jahren. „Damit soll anekdotisch auf die wirtschaftliche Bedeutung zweier regionaler Unternehmen hingewiesen werden. Der Leser soll einfach nur schmunzeln“, lacht Großjohann, als er sein Büchlein präsentiert.

Die Geschichte Oberkassels von Ende des 19. bis Anfang des 21. Jahrhunderts ist eng mit dem Baustoff verbunden. So gründete Hermann Bleibtreu (1821-1881) die Portlandzementfabrik in Ramersdorf, Hartwig Hüser (1834-1899) die „Gesellschaft für Cemenstein-Fabrikation“.

Beide Unternehmen spielten eine große Rolle bei der Herstellung beziehungsweise Verarbeitung von Zement sowie der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Die Firma Hüser stellte 1975 ihren Betrieb ein, das Zementwerk 1987.

Loblied auf Beton

Zwar interessiert sich Großjohann bereits seit Jahrzehnten für die Geschichte Oberkassels, auf das Beton-Thema ist er allerdings nur durch Zufall gestoßen. „In einem Antiquariat in Marburg fiel mir ein zerfleddertes Heftchen über den Wettbewerb in die Hände“, erinnert sich der 72-Jährige. „Und da ich immer gerne den Blick auf Menschen lege, habe ich mich sofort mit dem Oberkasseler Thema beschäftigt.“

Bei seiner Recherche stieß er auf Wilhelm Petry, der von 1911 bis 1936 zunächst Direktor und später Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Betonvereins war. Angesiedelt war der Interessensverband damals in Oberkassel, heute sitzt er in Berlin.

„Aber Petry war nicht nur Lobbyist und Zeitzeuge der Oberkasseler Geschichte, sondern er war auch künstlerisch interessiert“, weiß Großjohann. Denn Petry veröffentlichte ein Heft mit Ansichten mehrerer hochherrschaftlicher Gebäude aus den Anfängen des 1900 Jahrhunderts, die bereits prachtvoll verzierte Fassaden aus Beton hatten. „Er war überzeugt, das Beton der Baustoff des Jahrhunderts ist.

Der Liedwettbewerb sollte helfen, das Material bekannt zu machen und den Absatz zu fördern“, erklärt Großjohann. „Wir können uns heute gar nicht vorstellen, dass sich gestandene Ingenieure hinsetzen, um ein Loblied auf Beton zu texten“, schmunzelt der Oberkasseler.

Nächstes Werk schon in Arbeit

Bei der Intonierung der Lobeshymnen musste selbst Beethoven einst herhalten. Zur Melodie von „Freude, schöner Götterfunken“ textete Ernst Heinz Büttner aus Leipzig sein „Betonlied“. „Ich habe einmal alle Strophen gesungen. Es funktioniert wirklich“, strahlt Großjohann. Für ihn als Bonner ist das natürlich das schönste Lied der Sammlung.

Gleich acht Strophen hat „Die Beton-Hochzeit“ von Walter Röschke von den Leunawerken bei Merseburg. Offenbar zu viel für durstige Baugesellen. Denn nach vier Strophen hat Röschke eine „Trinkpause“ eingefügt. Erst danach folgen vier weitere Absätze.

Gerade erst hat Klaus Großjohann diesen Beitrag zur Geschichte Oberkassels fertiggestellt, schon sitzt er an seinem nächsten Werk. Worum es diesmal geht, das will er nicht verraten. Aber: „Zu den Oberkasseler Kulturtagen Ende September ist die Schrift fertig“, verspricht er.

Zu haben ist das Heft „Sechs Lieder vom Beton“ gegen eine Schutzgebühr von zwei Euro im Oberkasseler Buchhandel, Adrianstraße 163.

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