Kulturstandort Beuel Kunst auf der „Kö“ bei den Oberkasseler Kulturtagen

Beuel · Sie verstehen sich als Ermutiger und Förderer in Sachen Kunst und Kultur. Sie bieten alle zwei Jahre eine Plattform an, auf der sich Künstler präsentieren können. Die Rede ist von dem Moderatorenteam der Oberkasseler Kulturtage. GA-Interview mit Rosi Linder und Klaus Großjohann.

 Gruppenfoto mit allen Moderatoren der Kulturtage Oberkassel

Gruppenfoto mit allen Moderatoren der Kulturtage Oberkassel

Foto: Benjamin Westhoff

Wie und wann sind Sie auf die Idee gekommen, so ein Mammutprojekt auf die Beine zu stellen?

Klaus Großjohann: 1995 haben Gerhard Glimm, Franz-Erich Schmitz und ich uns gedacht, in Oberkassel gibt es Karneval und Kirmes, aber in Sachen Kultur gab es damals außer den Aktivitäten der örtlichen Vereine und der Musik in den Kirchengemeinden nur wenige Angebote. Die Kleinkunst fehlte. Deshalb wollten wir unbedingt das dritte K in Oberkassel installieren und initiierten erstmals die Kulturtage.

Aus einer spontanen Idee ist also ein einmaliges Kulturangebot geworden, das zumindest in Bonn seinesgleichen sucht, oder?

Rosi Linder: Ja, das kann man so sagen. Wir bieten Kulturangebote für Jedermann und das zehn Tage lang sogar kostenlos. Allen Bestrebungen, die Veranstaltung zu kommerzialisieren, sind wir energisch entgegengetreten und konsequent beim freien Eintritt geblieben. Allerdings steht bei jeder Veranstaltung ein Hut oder eine Schatulle bereit, in denen Geld für die vortragenden Künstler gesammelt wird. Die Besucher respektieren diese Form der finanziellen Unterstützung und werfen gerne Geld hinein.

Sind Sie also Kulturmanager?

Großjohann: Nein, überhaupt nicht. Wir sind ehrenamtlich engagierte und agierende Kulturliebhaber. Die Charaktere der sieben Moderatoren lassen sich schnell auf einen Nenner bringen: Wir sind Unterstützer.

Ihre Veranstaltung bezeichnen Sie als barrierefrei. Wie darf man das verstehen?

Großjohann: Jeder hat Zugang. Alle Künstler sind bei uns erwünscht, egal, was sie anbieten.

Sind die Kulturtage ein Angebot nur für reine Hobbykünstler?

Linder: Bei uns kann wirklich jeder mitmachen – vom Amateur bis zum Profi. 2015 war mit Andrea Thiele eine international bekannte Harfenistin mit dabei. Sie wohnt in Oberkassel. In diesem Jahr freuen wir uns auch über die Teilnahme der Schauspielerin und Autorin Petra Kalkutschke, des Konzertpianisten Victor Moser und der Performance-Künstlerin Laura Dilettante. Es ermutigt uns, wenn solche Persönlichkeiten zu unseren Bedingungen mitmachen.

Wie decken Sie die Unkosten?

Großjohann: Hauptsächlich durch Förderbeiträge von Oberkasseler Bürgern und Freunden der Kultur. In diesem Jahr erhalten wir zum zweiten Mal einen kleinen Zuschuss von der Stadt Bonn. Das freut uns sehr und lässt hoffen, dass wir vielleicht mal eine höhere öffentliche Förderung erhalten. Jedenfalls erkennt die Stadt unsere Arbeit endlich mal an.

Klingt da Kritik an der städtischen Kulturförderung durch?

Großjohann: Es geht uns in erster Linie nicht um das Geld, sondern um die Wertschätzung seitens der Stadt. Die freie Kultur spielt leider bei vielen Verantwortlichen der Stadt Bonn eine untergeordnete Rolle. Bei den Oberkasseler Kulturtagen engagieren sich mehr als 200 Menschen für ein kulturelles Miteinander, das ohne die ehrenamtliche Arbeit nicht stattfinden würde. Das muss doch den Entscheidern im Stadthaus zu denken geben. Mit diesen Worten will ich zum Nachdenken anregen. Auch beim Schirmherren unserer Veranstaltung, dem Oberbürgermeister.

Auf wie viele Helfer können Sie bei der Organisation zurückgreifen?

Linder: Das Team besteht aus sieben Leuten. Das ist der Kern der Gruppe. Natürlich helfen uns auch weitere Personen bei den Arbeiten, die für die Auftritte erforderlich sind. Wir verteilen unsere Veranstaltungsbroschüre in rund 3000 Haushalte in Oberkassel. Die Besucher aus anderen Bonner Stadtteilen und der Umgebung informieren sich über die Homepage.

Auf wie viele Veranstaltungen dürfen sich die Bürger freuen?

Großjohann: 28 Veranstaltungen und Konzerte, 30 Ausstellungen, Offene Ateliers und Vernissagen und mehr als 50 Künstler auf der Kunstmeile.

Was ist die Kunstmeile?

Linder: Damit ist die „Kö von Oberkassel“ gemeint, also die Königswinterer Straße von der Theresienau bis zum Polizeipräsidium. In der Mehrzahl der Geschäfte sind Kunstwerke ausgestellt. Wir freuen uns über das große Entgegenkommen der Geschäftsleute.

Werden die Kunstwerke auch verkauft?

Großjohann: Jeder Künstler kann seine Werke bei den Oberkasseler Kulturtagen verkaufen. Damit haben wir als Veranstalter aber nichts zu tun., das ist deren Geschäft.

Welche ausgefallenen Veranstaltungsorte gibt es in diesem Jahr?

Linder: Wir sind zum Beispiel Gast bei der Zirkusschule Corelli, die für uns ihr großes Zelt aufbaut, in der Kartonagenfabrik Gemein und in der Werkhalle der Dachdeckerei Behm. Wie in den vergangenen Jahren stellen uns auch die Kirchengemeinden Räume zur Verfügung.

Sie veranstalten aber nicht nur die Kulturtage in Oberkassel?

Großjohann: Seit 15 Jahren bieten wir auch den Literaturherbst an. Die Lesungen vom 2. bis 20. November befassen sich vorwiegend mit dem Thema Europa.

Zur Person:

Rosi Linder wurde 1949 in Bad Soden/Salmünster geboren. 1968 zog die Beamtin mit ihrer Familie von Dollendorf nach Oberkassel um.

Klaus Großjohann wurde 1945 in Remscheid geboren. Der gelernte Gerontologe lebt seit 1972 in Oberkassel. Er ist begeisterte Fotograf. hol

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