Leiter der Beueler Jugendverkehrsschule "Kinder sind immer die Leidtragenden"

BEUEL · Fahrräder begleiten ihn schon sein ganzes Leben. Sie gehören zu seinem Beruf genauso wie in seine Freizeit. Er repariert sie, verschenkt sie und lehrt Mädchen und Jungen, auf ihnen zu fahren.

Mit dem Leiter der Beueler Jugendverkehrsschule sprach Anke Vehmeier.

Acht Kinder können sich in diesen Tagen über eigene Fahrräder freuen - wie haben Sie das geschafft?
Wilhelm Thönnes: Ich habe tatsächlich in den vergangenen zwei Monaten diese Fahrräder von Freunden und Bekannten geschenkt bekommen. Darunter auch 24-Zoll-Räder, das ist wie ein Sechser im Lotto. Da habe ich mich gleich an die Arbeit gemacht und sie repariert und verkehrssicher gemacht. Heute habe ich sie in die Elsa-Brändström-Schule gebracht. Da gab es strahlende Gesichter.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Thönnes: Als ich vor sechs Jahren die Jugendverkehrsschule übernommen habe, hatte ich gleich ein Schlüsselerlebnis. Eine Schulklasse sollte an diesem Morgen üben. Da stand ein elfjähriges Mädchen vor mir und sagte, sie habe kein Fahrrad, würde aber so gerne mitmachen. Ich dachte mir, ein Kind ohne Rad, das gibt es doch gar nicht - aber leider keine Seltenheit.

Wie kommt das?
Thönnes: Auch im relativ reichen Deutschland gibt es Armut und viele Menschen, die in sozial verheerenden und prekären Verhältnissen leben. Und die Kinder sind immer die Leidtragenden. Dabei sind Kinder das höchste Gut. Für sie tragen wir Verantwortung.

Wie ging es dann weiter?
Thönnes: Ich habe im Freundes- und Bekanntenkreis herumgehört und habe tatsächlich ein Rad bekommen. Das habe ich hergerichtet und der Lehrerin übergeben unter der Bedingung, dass das Mädchen das Rad erhält und ein Sozialarbeiter mit ihr übt. Seither geht das immer so weiter.

Wie ist Ihre Beziehung zum Zweirad?
Thönnes: Ich habe schon als kleiner Junge von einem Fahrrad geträumt. Seither fahre ich täglich - zur Arbeit und auch in der Freizeit.

Sie sagen, dass viele Kinder nicht fahren können. Wie kommt das?
Thönnes: Ich unterrichte seit sechs Jahren und beobachte immer wieder, dass viele Kinder sich bei der Motorik schwertun. Deshalb muss man die Mädchen und Jungen fördern, sie immer wieder anhalten, draußen zu spielen, egal ob Fußball, Verstecken oder Laufen. Viele Eltern haben keine Zeit oder Lust mit den Kindern Radfahren zu üben, sie setzen sie lieber vor den Fernseher. Dem möchte ich entgegenwirken und den Kindern den Spaß an der Bewegung und am Radfahren vermitteln.

Was bedeutet Ehrenamt für Sie?
Thönnes: Ich habe viel erlebt und gesehen in meinem Leben. Es gibt Zeiten, da geht es einem besser und mal nicht so gut. In den besseren Zeiten ist es gut, sich zu engagieren - egal in welchem Bereich, ob mit Kindern, Senioren oder behinderten Menschen. Ich sehe mich als ein Gänseblümchen in der großen Rheinaue. Eins macht noch keine Blumenwiese. Aber wenn jeder einen Beitrag leistet, dann bewegt sich etwas. Es ist einfach toll, sich zu engagieren, und mit Kindern zu arbeiten, ist das Dankbarste, was es gibt.

Was ist Ihr nächstes Projekt?
Thönnes: Ich möchte gerne Geschäftsleute und Privatleute animieren, sich zu beteiligen. So könnten etwa Eltern einen Reparaturtag in der Schule der Kinder anbieten oder nicht mehr benötigte Räder spenden. Auch die Rad-Geschäfte könnten Schläuche oder Reifen für den guten Zweck spendieren. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei mir melden.

Zur Person

Wilhelm Thönnes wurde 1958 geboren. Er ist als Hausmeister und Platzwart tätig. Seit 2009 leitet er die Jugendverkehrsschule in Beuel am Landgrabenweg. Er ist zu erreichen unter Tel. 0151/16 71 68 26.

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