Folgen der Corona-Krise Junges Theater in Beuel geht neue Wege

Beuel · Wie kann das Junge Theater Bonn seine Zuschauer bei Laune halten, bis die Corona-Krise vorbei ist? Diese Frage stellen sich die Theatermacher. Jetzt soll das Projekt „Stage Door“ Kinder begeistern.

 Nimmt Platz im leeren Theatersaal: Intendant Moritz Seibert sorgt sich um die Zukunft des Jungen Theaters in Beuel.

Nimmt Platz im leeren Theatersaal: Intendant Moritz Seibert sorgt sich um die Zukunft des Jungen Theaters in Beuel.

Foto: Benjamin Westhoff

Wie kann das Junge Theater Bonn (JTB) seine Zuschauer bei Laune halten, bis wieder die Bühne bespielt werden kann? Diese Frage stellt sich JTB-Intendant Moritz Seibert täglich. Seit dem 13. März ist sein Haus an der Hermannstraße 50 in Beuel wegen der Corona-Krise geschlossen. Zwei Wochen der Ungewissheit, der Sorge liegen hinter dem Ensemble. Wie viele Wochen noch folgen, weiß derzeit niemand.

„Dieser Zustand ähnelt einer Hängepartie. Nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens sind von den Folgen der Pandemie betroffen. Einige mehr, einige weniger. Künstler, Theater – die gesamte Kulturszene zählt zu den Verlierern“, erklärt Seibert.

Diese Woche hat der Intendant Kurzarbeit beim Arbeitsamt beantragt. Seine Mitarbeiter hat er bereits fast alle nach Hause geschickt – bis auf die kaufmännische Abteilung. „Ja, wir stecken in einer Krise. Lamentieren hilft da aber nicht. Ich suche im Internet nach Hilfsprogrammen zur finanziellen Rettung. Ich hoffe auf Stadt, Land und Bund. Die freie Kulturszene benötigt dringend Geld zum Überleben“, sagt Seibert, der seit 2003 das Junge Theater Bonn leitet.

Zusätzliche Fördermittel werden dringend benötigt

„Es ist beeindruckend, wie schnell diese Hilfen bereitgestellt wurden“, sagt Seibert, der zur Rettung des JTB aber unbedingt zusätzliche Fördermittel braucht – wie viele andere Kultureinrichtungen. Wegen der sehr niedrigen Löhne, die das Theater nur zahlen kann, müsse das Kurzarbeitergeld unbedingt um einen Ausgleich der Nettodifferenz ergänzt werden, erklärt der Intendant. Sonst würden praktisch alle seine Mitarbeiter zu Sozialfällen, und das Theater würde in kurzer Zeit möglicherweise sein wichtigstes Kapital verlieren: Sein Team und sein Ensemble – und damit auch sein Repertoire.

Der frühe Termin der Sommerferien könnte den Theatermachern in die Karten spielen. Warum? Dazu Seibert: „Wir könnten dann im August mit den Proben beginnen und ab September wieder Inszenierungen anbieten – sofern die Krisenlage das zulässt.“

Apropos Proben: Alles ruht, alle Schauspieler sind sozusagen im Home-Office. Die Co-Produktion mit dem Theater Bonn „Wie im Himmel“ sollte am 4. April im Opernhaus Premiere feiern. Daraus wird nichts. Wann gespielt wird, steht in den Sternen. Für das Osterwochenende war eigentlich die Premiere von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ vorgesehen. „Das Stück wird auf jeden Fall gespielt – irgendwann“, so Seibert.

Die Hoffnung aufgegeben hat der Intendant allerdings noch nicht für „Die weiße Rose“, die ab dem 8. Mai, der 75. Jahrestag vom Ende des Zweiten Weltkriegs, im JTB gezeigt werden soll. „Wenn wir in zwei bis drei Wochen mit den Proben beginnen könnten, würde es noch reichen. Ich habe eine vage Hoffnung. Notfalls verschieben wir die Premiere“, sagt Seibert. Was ihn und das Ensemble aufbaut, ist die Solidarität des Publikums. Bereits gekaufte Eintrittskarten lässt die große Mehrheit der Gäste verfallen. Der Rest erhält Gutscheine. „Wir erhalten auch viele Spenden durch die temporäre Fördermitgliedschaft, die wir jetzt anbieten. Sie dauert nur für die Zeit, in der nicht gespielt wird“, erklärt Moritz Seibert. Die Höhe der Spende ist frei wählbar, Mindestbetrag sind zehn Euro.

Nicht eingelöste Karten und Spenden bringen Geld in die leere Kasse

Durch nicht eingelöste Karten und durch die Spenden hat das JTB einen Betrag von mehr als 10.000 Euro „gewonnen“. Eine solch schwierige Phase hat Seibert in seinem Berufsleben noch nicht erfahren. 2003, als das Haus Insolvenz anmelden musste, war es laut Seibert auch verdammt eng. Aber mit Hilfe des Insolvenzverwalters habe man den Neuanfang schnell erreicht.

Und wie will das JTB seine Zuschauer nun bei Laune halten? Dafür geht das Ensemble neue Wege. Das Projekt nennt sich „Stage Door“. Was so viel bedeutet wie virtuelles Theater. Kinder und Jugendliche erhalten ab sofort die Möglichkeit, hinter die Kulissen des Theaters zu schauen und sich selbst mit Ideen für Theaterstücke einzubringen. Alle Informationen zu „Stage Door“ gibt es im Internet auf der Seite www.jt-bonn.de/stage-door. Außerdem wird der GA an diesem Samstag im Wochenend-Magazin Boulevard über die Projektinhalte berichten.

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