Gedenkmarsch in Beuel Initiative gegen Fremdenhass gedenkt Opfer der Progromnacht

Beuel · "Eben noch sind Hunderte Schul- und Kindergartenkinder mit ihren Eltern im großen Beueler Sankt Martinszug an dieser Gedenkstätte vorbeigezogen", sagte Pfarrer Christian Verwold von der evangelischen Kirchengemeinde Beuel am Montagabend auf dem Synagogenplatz.

 Mit Plakaten ziehen die Teilnehmer des Gedenkmarsches zum Beueler Synagogenplatz.

Mit Plakaten ziehen die Teilnehmer des Gedenkmarsches zum Beueler Synagogenplatz.

Foto: Leif Kubik

Kinder, denen wohl meistens kaum bewusst sei und aufgrund ihres Alters wohl auch noch nicht bewusst sein könne, welche historischen Abgründe den 9. November als Gedenktag von dem kalendarisch nur wenige Tage später liegenden Martinsfest trennen: "Das Beueler Synagogendenkmal will mit Originalsteinen eines der vielen jüdischen Gotteshäuser, die im November 1938 zerstört worden sind, zur Erinnerung an die Millionen Opfer des Holocaust gemahnen", sagte Verwold.

Von der unglücklichen Terminüberschneidung, die die Teilnehmer des Gedenkmarsches durch längeres Ausharren vor dem Rathaus hätten ausgleichen können, und die mit etwas mehr Sensibilität der Verantwortlichen seitens der Stadt hätte vermieden werden können, wolle er aber nicht weiter sprechen. In diesem Jahr fand der Martinszug erstmals ebenfalls am 9. November statt.

Seit 1993 lädt die Beueler Initiative gegen Fremdenhass zu ihrem Schweigegang und einer anschließenden Kundgebung auf dem Synagogenplatz ein, um der Opfer von Rassismus und Gewalt zu gedenken. "Wir nehmen den Jahrestag der sogenannten Kristallnacht, wie sie international genannt wird, und in deren Zusammenhang auch die Beueler Synagoge niedergebrannt wurde, zum Anlass für unser Gedenken", so Etta Fennekohl. Die Mahnung sei in diesen Monaten hochaktuell. "Wie in den frühen 1990er Jahren, als wir mit den Gedenkveranstaltungen begannen, werden Flüchtlingsunterkünfte niedergebrannt und es gibt zahllose Gewaltübergriffe gegen Flüchtlinge", so Fennekohl weiter: "Aber diesmal gibt es, anders als 1938, viel Widerstand."

Mit ihrem Gedenken wollen die Veranstalter ein Zeichen gegen Rassismus und Gewalt setzen und sich für die Aufnahme und Unterstützung Schutzsuchender einsetzen. Man müsse gar nicht zynisch werden, so Pfarrer Verwold in seiner Rede, um festzustellen, dass sich Teile der Geschichte - freilich in vollkommen anderen Ausmaßen, aber doch auf finstere Weise - zu wiederholen scheinen. Es gebe keine schnellen und einfachen Lösungen und vielen diffusen Ängsten dürfe man auch nicht mit Gleichgültigkeit begegnen, so der Pfarrer: "Ich bin davon überzeugt, dass es der Blick in das Gesicht eines konkreten Menschen ist, einer neuen Nachbarin, eines neuen Nachbarn, der alles verändern kann." Er rief zu "erster Hilfe" auf, wie er die Willkommenskultur bezeichnet.

In Bonn wird für heute, Dienstag, am Synagogen-Mahnmal am Moses-Hess-Ufer der Opfer des Novemberpogroms gedacht. Beginn ist um 17 Uhr. Vorher gibt es ab 16 Uhr eine Kulturveranstaltung im Foyer der Oper, Am Boeselagerhof 1.

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