Stadt Bonn interveniert Entwicklung des Kulturquartiers Beuel verzögert sich

Beuel · Wie viel Bürgerbeteiligung tut dem geplanten Kulturquartier Beuel gut? Über Inhalte und Intensität des Mitspracherechts gehen die Meinungen der Beteiligten weit auseinander.

Die von der Beueler Mehrheitskoalition (CDU, SPD und FDP) befürchtete Situation ist eingetreten: Der Bürgerausschuss und der Beirat Bürgerbeteiligung haben das Verfahren zur Auswahl des externen Fachbüros, das im Anschluss das Konzept für die Quartiersentwicklung rund um die Halle Beuel entwickeln und vorstellen soll, an sich gezogen.

Für die Vorgehensweise der Ratsgremien bedeutet das jetzt, dass sowohl der Beirat als auch der Bürgerausschuss die Angebotsauswertung der Stadtverwaltung zuerst beraten und anschließend den Fachausschüssen und der Bezirksvertretung Beuel einen Beschlussvorschlag empfehlen werden.

Beuels Bezirksbürgermeister Guido Déus (CDU) ist verärgert und hat unmittelbar nach der Entscheidung im Bürgerausschuss seine Ratsfraktion gebeten, den Beschluss juristisch prüfen zu lassen: „Mit dieser Entscheidung hat sich der Bürgerausschuss gegen die Beschlüsse der Bezirksvertretung Beuel und des Planungsausschusses gestellt. Beide Gremien hatten sich dafür ausgesprochen, dass die Planungsverwaltung zügig ein Fachbüro mit der Erarbeitung eines Konzepts beauftragt, damit bereits im Januar 2019 erste Zwischenergebnisse vorgestellt und beraten werden können.“

Déus befürchtet aufgrund des zusätzlichen Beratungsbedarfs der beiden Gremien einen deutlichen Zeitverlust und eine unnötige „Verschleppung des Themas“. In der Sitzung des Bürgerausschusses hatte Ratsherr Reiner Burgunder (CDU) mehrfach vergeblich versucht, seine Ausschusskollegen auf CDU-Linie zu bringen: „Die Entwicklung des Kulturquartiers Beuel liegt eindeutig in der Zuständigkeit des Stadtbezirks. Wir lehnen eine gesamtstädtische Bedeutung ab, weil diese das Verfahren nur unnötig verzögern würde.“

"Zeitverzögerung wäre vermeidbar gewesen"

Selbst die Planungsverwaltung der Stadt Bonn hat in einer schriftlichen Stellungnahme zur Sitzung des Bürgerausschusses darauf aufmerksam gemacht, dass bei Annahme des Antrags, der auf einen Änderungsantrag der Grünen zurückgeht, eine Zeitverzögerung von ungefähr drei Monaten eintreten werde. Obwohl er zwei Mal eine namentliche Abstimmung beantragt hatte, ließ die Ausschussvorsitzende Gabriele Klingmüller (SPD) per Akklamation über den Beschlussvorschlag abstimmen. Ergebnis: Bis auf die CDU stimmten alle anderen Parteien für das geänderte Beteiligungsverfahren.

Beuels SPD-Fraktionsvorsitzender Dieter Schaper zählt auch zu den Kritikern des beschlossenen Verfahrens: „Diese Zeitverzögerung wäre vermeidbar gewesen. Die Auswahl eines Fachbüros ist originäre Verwaltungsarbeit und gehört nicht in die Hände eines Beirats und eines Ausschusses für Bürgerbeteiligung. Dadurch wird Bürgerbeteiligung überfrachtet und überfordert.“ Außerdem sei ja bereits eine breite Bürgerbeteiligung durch die Einbeziehung der Kulturschaffenden und der Initiative Kulturquartier Beuel vorgesehen. „Die Ideen für ein Kulturquartier Beuel müssen aus der bürgerlichen Gesellschaft in Beuel heraus entwickelt und nicht in Gremien in Bonn festgelegt werden“, betonte Schaper und verwies darauf, dass er sich in der SPD-Ratsfraktion mit seiner Meinung nicht habe durchsetzen können, weshalb die SPD im Bürgerausschuss auch gegen den CDU-Vorstoß gestimmt habe.

Die Fraktionssprecherin der Beueler Grünen, Doro Schmitz, versteht den Ärger bei CDU und SPD nicht: „Der Vorschlag, dass der Beirat Bürgerbeteiligung anhand des von der Verwaltung vorbereiteten Verfahrens zur Prüfung, zum Vergleich und zur Bewertung der eingegangenen Angebote/Beteiligungskonzepte eines auswählt und den nachfolgenden Gremien vorschlägt, ist anhand der 'Leitlinien für Bürgerbeteiligung Bonn' konsequent und ein Erfolg in punkto Bürgerbeteiligung.“

Gegen Koalitionspartner

Es könne nicht die Rede davon sein, dass dadurch der Ablauf der Quartiersentwicklung verzögert oder gar behindert werde. „Im Gegenteil: Eine gute Quartiersentwicklung hat nur dann Chancen auf Erfolg, wenn sie auf eine breite Mitwirkung und Akzeptanz in der Bevölkerung stößt“, so Schmitz.

Bonn sei in der bevorzugten Situation, dass per Stadtratsbeschluss im März 2014 einstimmig die „Leitlinien Bürgerbeteiligung Bonn“ beschlossen worden seien. Die mehr als 40 Seiten umfassenden Leitlinien seien jedem Interessierten öffentlich zugänglich und gäben den verlässlichen Rahmen für die Umsetzung von Bürgerbeteiligungsprozessen.

Die FDP, die in der Bezirksvertretung Beuel und im Stadtrat mit der CDU eine Koalition bildet, stimmte im Bürgerausschuss überraschend auch gegen den Koalitionspartner. Auf Nachfrage des GA erläuterte FDP-Ausschussmitglied Norbert Neu das Verhalten seiner Partei: „Der Änderungsantrag der CDU in der Sitzung des Bürgerausschusses wurde von der FDP nicht unterstützt, weil dieser identische Beschluss bereits in der Bürgerausschusssitzung im August gefasst wurde – und zwar mit Mehrheit gegen CDU und FDP – und auch dieses Mal keine Aussicht auf Erfolg hatte.“

Die FDP wisse, dass dieses Thema den Beuelern auf den Nägeln brenne: „Wir unterstützen alles, was dieses wichtige Projekt voranbringt, aber einen demokratischen Beschluss, wie er vor rund drei Monaten getroffen wurde, gilt es zu akzeptieren, auch wenn wir gerne die Entwicklung beschleunigen würden“, so Neu. Bürgerbeteiligung sei nicht nur sinnvoll und notwendig, sie koste leider auch Zeit und Geld und strapaziere manchmal die Geduld über Gebühr.

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