Gaststätte "Tante Inge" Eine Beueler Institution schließt

BEUEL · „Tante Inge“ ist eines der letzten Beueler Originale. Hinter dem Spitznamen verbirgt sich Inge Strohm-Pützstück. Die 81-Jährige ist Chefin und gute Seele des Restaurants Zur Erholung. Die Gastronomie an der Rheinaustraße 221 ist beliebt: Kneipe und Biergarten sind Treffpunkte für viele alte Beueler.

 Großes Aufgebot für „Tante Inge“: Der Schiffer-Verein verdrückt mit Inge Strohm-Pützstück (Mitte) ein paar Tränchen, weil die Gaststätte Zur Erholung nun schließt.

Großes Aufgebot für „Tante Inge“: Der Schiffer-Verein verdrückt mit Inge Strohm-Pützstück (Mitte) ein paar Tränchen, weil die Gaststätte Zur Erholung nun schließt.

Foto: Max Malsch

Russenei und Käpt'ns Schnitzel sind die Renner auf der Speisekarte. Doch nun ist Schluss, ein Traditionsunternehmen macht dicht: Am Monatsende schließt das Restaurant für immer, und bereits im Mai wird das Gebäude abgerissen.

„Die Substanz unseres Hauses ist schlecht. Die beiden Hochwasser in den 90er Jahren haben dem Haus arg zugesetzt. Wir müssten jetzt umfangreich renovieren. Aber das lohnt sich leider nicht mehr“, sagt „Tante Inge“ und weint. Sohn Ingo Pützstück will einen Neuanfang wagen und ein Hotel Garni dort errichten. Eröffnung soll im Oktober 2014 sein.

Mit der Schließung des Traditionshauses verlieren zehn Vereine ihr Stammlokal. Darunter ist auch der Schiffer-Verein Beuel. Zu Ehren von „Tante Inge“ zogen Vereinsmitglieder mit Traditionsfahne, Schärpe und Zylinder zum letzten Mal in die Kneipe ein und bedankten sich für die Gastfreundschaft über 151 Jahre. „Tante Inge“ erhielt von Käpt'n Reiner Burgunder ein Russenei aus Marzipan.

Um das Jahr 1855, also sieben Jahre vor der Gründung des Schiffer-Vereins Beuel 1862, eröffnete Hermann Thiebes das Gasthaus Zur Erholung in der Nähe der Anlegestelle des Nachens am Nepomuk. Die Nähe zu dieser Anlegestelle macht das Gasthaus schnell zum beliebten Treffpunkt aller, die sich mit dem Nachen nach Bonn übersetzen lassen wollen.

Aber nicht nur die Fahrgäste des Bootes wussten es zu schätzen, dass dort „dat Thiebes Hermännche“ die frisch gefangenen Rheinfische lecker zuzubereiten wusste. Die Gastwirtschaft wurde bald auch zum wichtigen Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens von Beuel. Viele Feste und Feiern fanden dort statt. Da verwundert es auch nicht, dass der Schiffer-Verein diese Gaststätte nach seiner Gründung im Jahr 1862 schnell zu seinem Stammlokal erklärt hat.

„Bis heute sind die Mitglieder des Vereins dieser Tradition treu geblieben. Besonders geschätzt wird typisch rheinische Gemütlichkeit. Hier wurde viel Skat gespielt und viel gekegelt“, erinnert sich Käpt’n Reiner Burgunder.

Als der Schiffer-Verein 2007 das Theaterstück „Beueler Geschichte und Geschichten“ auf den Treppenstufen der Pfarrkirche Sankt Josef aufgeführt hat, war die Gaststätte Zur Erholung Mittelpunkt einer Szene, die Anfang der 60er Jahre gespielt hat,“ berichtet Pressesprecher und Intendant des Theaterstücks, Claus Werner Müller.

Er stellt die Szene vor: „Ein Professor, der im Bonner Albertinum – im Volksmund Priesterfabrik genannt – lehrte, nutzte die Fähre Rheinnixe gerne, um mit Kollegen oder Studenten auf der Sonnenseite Bonns zu dozieren und spazieren zu gehen. Und was lag näher, als in einer Gaststätte, in der Erholung, einzukehren? Unbestätigten Erzählungen zur Folge verspeiste dieser Professor dort gerne das legendäre Russenei mit einem Glas Kölsch in der beschaulichen Atmosphäre des Biergartens. Und dieser Professor war kein geringerer als Josef Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI.“

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