Unterwegs in dunklen Gassen Ein Rundgang durch die historischen Straßen Oberkassels

OBERKASSEL · Autofahren ist in Oberkassel oft keine einfache Angelegenheit. Das Ortsbild rund um die Stadtbahn-Haltestelle Oberkassel-Mitte ist durch schmale Gässchen geprägt, so schmal sogar, dass sie die Bezeichnung "Straße" kaum verdienen.

 In der dunklen Gasse südlich des Parks Härle haben Sebastian Freistedt (links) und Hans Georg Dreidoppel gerade so nebeneinander Platz.

In der dunklen Gasse südlich des Parks Härle haben Sebastian Freistedt (links) und Hans Georg Dreidoppel gerade so nebeneinander Platz.

Foto: Johanna Heinz

Zwei entgegenkommende Wagen passen kaum aneinander vorbei. Und wer sich nicht auskennt oder sich auf das Navigationssystem verlässt, der landet schnell in einer Straße, die gar nicht befahren werden kann. Bei einem Rundgang mit dem General-Anzeiger erklären Sebastian Freistedt, Vorsitzender des Heimatvereins Oberkassel, und Hans Georg Dreidoppel, Vorsitzender des Bürgervereins Oberkassel, was es mit den schmalen, historischen Wegen auf sich hat.

Dort, wo heute die Stadtbahn fährt, sei einst vermutlich ein alter Ostarm des Rheins bis hin zur Siegmündung geflossen, erklärt Freistedt. Der sei vermutlich auch verantwortlich für die steilen, unzugänglichen Terrassen, die sich zum Ennert gebildet haben. Noch heute zeuge das tief liegende, im Vergleich zur Trasse steil abfallende Gelände rechts und links der Bahn, von dieser Vergangenheit. Seit fast 1000 Jahren ist der historische Ortskern besiedelt.

Als die Wege angelegt wurden, so Freistedt, sei an heutige Vehikel mit Dutzenden Pferdestärken und mehr noch nicht zu denken gewesen. Daher seien die steilen Wege vermutlich nur für Fußgänger ausgelegt gewesen. "Die meisten sogenannten Straßen sind eigentlich Wege", sagt Freistedt. Doch auch die Namen erinnern noch an die nasse Vergangenheit: Teichstraße oder Meerhausener Straße, was soviel bedeutet wie "Häuser an der Maar".

Und bis in die 70er Jahre hieß die heutige Cäcilienstraße noch Weiherstraße. "Bevor sie wegen des Baus der Straßenbahntrasse um 1910 stillgelegt wurden, waren hier zwei Teiche, Überbleibsel des alten Rheinarms", erklärt Freistedt. Das erklärt auch den Namen Weidenstraße, nach den Korbweiden, die damals das Ufer des einen Weihers säumten. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts habe sich der in Oberkassel lebende Direktor der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft, Karl Jacob Renner, dem es wohl auch zu verdanken sei, dass Oberkassel 1870 einen Bahnhof bekam, für die Entwässerung der Weiher eingesetzt, in denen sich die "widerwärtigen Abwasser aus den Abhorten" sammelten, zitiert Freistedt einen Bericht von damals.

Steil und recht beschwerlich ist der Anstieg an der Büchelstraße entlang des Fußballplatzes, der von den Mitgliedern des 1910 gegründeten Oberkasseler Fußballvereins bis 1921 eigenhändig in den ehemaligen Steinbruch gebaut worden sei, wie Hans Georg Dreidoppel zu berichten weiß. Oben angelangt, erinnern die Straße Am Mönchshof und ein alter Grenzstein und Torbogen an einen der ältesten Oberkasseler Höfe, der einst zum Kloster Heisterbach gehörte.

Südlich und nördlich des Parks Härle muss der Flaneur gar Treppenstufen nehmen, wenn er durch die kaum zwei Mann breiten Gässchen geht, die gesäumt von hohen Mauern und noch höheren Bäumen im Schatten liegen. Renner, der den Park 1870 als Sommersitz anlegte, pflanzte dort Zedern sowie einen Ginkgo- und einen Mammutbaum, die noch heute erhalten sind. 1921 erwarb der Jurist Carl Härle aus Mülheim an der Ruhr das Anwesen.

Zwar haben diese schmalen, dunklen Wege in Dreidoppels Augen auch im wahrsten Sinne des Wortes ihre Schattenseiten. "Abends, wenn es dunkel wird, wird hier schon mal mit Rauschgift gehandelt." Aber: "Man kann auch ganz unbemerkt nach Hause gehen, nach der dritten Halbzeit beim Fußball zum Beispiel", sagt der 69-Jährige und lacht. Und überhaupt: "Man kann hier wunderbar zu Fuß gehen, so bleibt man fit." Über die schmalen, historischen Gässchen habe er noch niemanden in Oberkassel sich beschweren hören.

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