Gesamtschule Beuel Dirk Reinhardt las aus seinem Buch "Edelweißpiraten" vor

PÜTZCHEN · Lange Haare, bunte Klamotten und ein Edelweißabzeichen: Die Jugendlichen, um die es in Dirk Reinhardts aktuellem Roman geht, wollten sich in jeder Hinsicht von der Hitlerjugend abheben, die sie ebenso ablehnten wie den Krieg. Ein weiterer gravierender Unterschied: Die "Edelweißpiraten" mussten sich vor den Sicherheitsorganen der Nazis verstecken.

 Der Autor Dirk Reinhardt liest aus seinem aktuellen Buch "Edelweißpiraten".

Der Autor Dirk Reinhardt liest aus seinem aktuellen Buch "Edelweißpiraten".

Foto: Knopp

Einer von diesen jungen Widerständlern war Josef - zumindest in Reinhardts Buch "Edelweißpiraten", aus dem er gestern den Zehntklässlern der Integrierten Gesamtschule Beuel vorlas. Ein fiktiver Roman, der aber auf Zeitzeugenberichten beruht.

Er spielt hauptsächlich in Köln, Reinhardt las aber auch eine Passage von einem heimlichen Treffen am "Felsensee", dem heutigen Dornheckensee, wo sich, historisch verbürgt, während des Zweiten Weltkrieges diese jungen Wilden aus ganz NRW getroffen hatten, um sich über ihre Erlebnisse auszutauschen. Diesen See im Ennert kannte so ziemlich jeder Jugendliche in der Aula der IGS.

Im Buch schreibt Josef in seinem Tagebuch alles nieder, was er erlebt hat, von Berichten über Verhaftungen Jugendlicher in Wuppertal über sein eigenes Verhör bei der Gestapo bis zur Flucht vor SS-Streifen, die nur dank eines alten Ehepaares gelang. Die Rahmenhandlung beschreibt, wie der gealterte Josef dem jungen Daniel dieses Tagebuch zu lesen gibt und sich dieser immer weiter in dessen Erinnerungen vertieft.

Das Buch sei Ergebnis langer Recherchearbeit, erzählte Reinhardt den Schülern. Er habe Schauplätze besucht, mit Zeitzeugen gesprochen, Literatur gewälzt und Archive aufgesucht, um mehr über diese Jugendlichen zu erfahren. Die Idee dazu sei bereits während seines Geschichtsstudiums gereift, in dem er sich sehr mit Widerstandsbewegungen in der NS-Zeit befasst habe. Viel Literatur über die Weiße Rose und das Stauffenberg-Attentat habe er gefunden. "Aber über die Edelweißpiraten gab es fast gar nichts." Erst recht nicht in Romanform. Das hat Reinhardt jetzt geändert.

Die rund 180 Schüler hörten erfreulich aufmerksam zu. Dass Menschen in ihrem Alter für Freiheit und Unabhängigkeit ihr Leben riskiert und oft genug auch verloren hatten, hatten viele nicht gewusst. Sie fragten Reinhardt unter anderem, woher der Begriff Edelweißpiraten kam. "Als Piraten wurden sie zunächst von den Nazis bezeichnet", erklärte er. So hätten sie alle unangepassten Jugendlichen genannt, sprich die, die nicht in der HJ waren. "Das haben sie dann ironisch als Selbstbezeichnung übernommen."

Und das Edelweiß symbolisiere Unabhängigkeit: "Es wächst sicher, frei und abgeschieden im Gebirge, wo sie niemand pflücken kann."

Zur Person
Der Autor Dirk Reinhardt wurde 1963 in Bergneustadt geboren, wuchs in der Nähe von Gummersbach auf und studierte Geschichte in Münster. Nach der Promotion und einer Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter machte er sich als freier Journalist selbstständig und schrieb nebenbei Jugendromane. Vor "Edelweißpiraten" (2012) veröffentlichte er zwei Romane um die zwölfjährige Archäologentochter Anastasia Cruz und ihr aufregendes Leben. Als Jugendbuchautor will er seine Leser nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen. Er wohnt mit Lebensgefährtin und Sohn in Münster.

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