Steiner Häuschen in Oberkassel Die wohl nördlichste Höhenburg am Rhein

OBERKASSEL · Büsche, Ranken, Gestrüpp und Blumen bedecken das Gelände. Ein paar Mauerreste umsäumen das Areal auf der Anhöhe. Doch was auf den ersten Blick in halber Höhe des Hangs über dem Oberkasseler Ortsteil "Büchel" aussieht wie ein paar Baureste, ist tatsächlich die Ruine einer mittelalterlichen Burganlage: das wahrscheinlich schon aus der Zeit vor 1000 nach Christi stammende sogenannte Steiner Häuschen.

"Genaue Zeitstellung und Funktion dieser heutigen Ruine waren archäologisch noch nicht untersucht worden, als ihr Bestand durch die fortschreitenden Geländeveränderungen im Zuge des Neubaus der A 59/B 42 stark gefährdet erschien", berichtet Helmut Kötting, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins Oberkassel. Denn bis 1977 war nicht bekannt, welche Ausmaße die Burganlage überhaupt hatte.

Rund 750 Jahre lang lag die Oberkasseler Burg unter Schutt und Erde begraben. "Bis zu den Arbeiten war von der Gesamtanlage nur ein drei bis vier Meter hohes Mauerwerk vornehmlich aus Basaltbruchsteinen erkennbar gewesen", sagt Kötting. "An deren Enden rechtwinklig abgehende Mauern waren nach kurzer Strecke durch Erdreich überdeckt. Die möglichen Reste der Gesamtanlage bedeckten Wald und dichtes Gebüsch", berichtet der promovierte Historiker und ehemalige Direktor des Beethoven-Gymnasiums.

1977 wurde dann die gesamte Umgebung kahlgeschlagen und zum Vorschein kam das Steiner Häuschen. Für den Trassenbau wurden Erdarbeiten in bis zu 15 Metern Tiefe vorgenommen. Nach dem Kahlschlag zeigte sich die besondere Lage der ehemaligen Burganlage auf einem vorspringenden Geländesporn über dem Tal. Mehrere Grabungskampagnen von 1977 bis 1980 legten Reste des einst rund 20 Meter langen, elf Meter breiten und möglicherweise 15 Meter hohen, palastartigen Wohnturmes sowie Mauern einer Vorburg frei.

Dabei wurde auch die historische Bedeutung der Anlage immer klarer. "Die Archäologen stuften das Steiner Häuschen, die vielleicht nördlichste Höhenburg am Rhein, mit einem klobigen Wohnturm, dem strengen, weitgehend symmetrischen Aufbau seiner Außenanlage und aufgrund seiner vergleichsweisen frühen Zeitstellung als wichtiges Glied rheinischer Burgenentwicklung ein. Verschiedene Brandspuren ließen vermuten, dass das Gebäude durch eine Brandkatastrophe vernichtet worden war und wahrscheinlich eine Ruine blieb", erklärt Kötting.

Der Historiker hat recherchiert, dass die Burg im Zusammenhang mit dem an ihrem Fuße gelegenen Gut Haistilberg - später Mönchshof genannt - an der heutigen Büchelstraße gestanden haben. Die Gräfin Alviradis von Molbach hatte es 1202 dem Kloster Heisterbach geschenkt. Es war ein Herrenhof mit eigenem Hofgericht samt Schultheiß und Geschworenen und umfasste ein Herrenhaus, vermutlich das Steiner Häuschen (1297 "de Steynhus" erwähnt), und ein Pachtgut mit Wohn- und Lagerräumen für den Vertreter des Abtes. Der Streubesitz - Weingärten, Ackerland, Wälder, Wiesen, Gewässer und Fischereien - verteilte sich auf die Mittel- und Niederterrassenlandschaft. Abt Caesarius von Heisterbach berichtete, dass um 1217 ein Blitz mit anschließender Feuersbrunst den Turm des Gutes Haistilberg zerstörte. Es ist daher zu vermuten, dass die von den Archäologen entdeckten Brandspuren am Steiner Häuschen daher rühren.

Der Heimatverein hat sich seit den Grabungen intensiv für den Erhalt des Steiner Häuschens eingesetzt. Durch sein Engagement erreichte der ehrenamtliche Mitarbeiter des LVR-Landesmuseums und Beueler Bezirksverordnete Karl Heinz Offergeld, dass die Stadt in den 80er Jahren 31.000 D-Mark für den Erhalt beisteuerte. Kötting: "Dem Heimatverein gelang es, dass wenigstens der Kern des Steiner Häuschens als Denkmal bestehen blieb und die Mauern, die die Umrisse des Wohnturms erkennen lassen, 1985 zum Teil wieder hergestellt und abgesichert wurden."

Verein sucht Paten

Die Pläne des Heimatvereins Oberkassel, innerhalb der Anlage eine grüne Fläche mit Ruhebänken und einer Hinweistafel anlegen zu lassen, um Oberkasseler und Ausflügler zum Besuch einzuladen, ließen sich nicht verwirklichen. Das ganze Gelände ständig freizuschneiden, würde den Heimatverein zurzeit völlig überfordern. Deshalb sucht der Verein Paten, die sich an der Pflege des Areals beteiligen möchten. Interessenten können sich per E-Mail an info@heimatverein-oberkassel.de wenden.

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